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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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Schultern.
    »Er tut mir leid – die beiden waren einander so zugetan«, sagte Schwester Winifred, die, wie ihr Bruder, dank ihrer Arbeit im Hospital mehr über die Leute hier wusste als ich.
    »Wir müssen versuchen, ihm zu helfen«, meinte Bruder Edmund.
    »Aber die Regeln«, wandte Schwester Winifred ein.
    Man hatte Bruder Edmund gesagt, dass er in dieser Kirche nicht wirken dürfe, obwohl er als dominikanischer Ordensbruder ein Leben gewählt hatte, das nicht allein der Kontemplation geweiht war, sondern auch der Sorge um hilfsbedürftige Menschen, um Kranke, Arme und trauernde Hinterbliebene.
    Er trat in den Gang, als hätte er seine Schwester nicht gehört, und ich ging mit ihm, wie immer voll von leidenschaftlichem Stolz auf meinen Freund. Ich hörte die eilenden Schritte einer Person, die uns folgte, und wirbelte herum. War da schon jemand aus der Gemeinde, der uns daran hindern wollte, Trost zu spenden? Nein, es war Schwester Agatha, die uns nachlief. Ihre Augen blitzten vor Neugier.
    »Mister Gwinn, kann ich etwas für Euch tun?«, fragte Bruder Edmund. »Ich trauere mit Euch. Eure Gattin war ein guter Mensch und eine vorbildliche Christin.«
    Der große Mann mit dem graugesprenkelten dunklen Bart hob den Kopf. Er war um die fünfzig und wie ein wohlhabender Bürger gekleidet.
    »Ja, das war sie, Bruder«, sagte er mit rauer, brüchiger Stimme. »Ich danke Euch für Eure Anteilnahme. Es ist ein harter Schlag. Seit ich zwanzig war, war ich keinen Tag meines Lebens von Amy getrennt. Unsere Kinder – unsere Enkel – ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.«
    Bruder Edmund legte ihm die Hand auf die Schulter. »Sie ist jetzt in einer besseren Welt, glaubt mir«, sagte er. Obwohl er sich, wie ich besser als jeder andere wusste, seiner eigenen Stärke nicht immer gewiss war: Wenn er sich bemühte, andere zu stützen, strahlte er stets eine Zuversicht aus, die vielen in ihrem Kampf half. Nicht anders war es bei Mister Gwinn, der dankbar nickte.
    »Ach, Ihr armer, Ihr armer, armer Mann.« Mit Tränen in den Augen trat Schwester Agatha auf Oliver Gwinn zu. »Ich weiß, wie lieb und teuer Eure Gattin Euch war.«
    Er sah Schwester Agatha an, und sein erschöpftes Gesicht verwandelte sich. Anstatt ihn zu schwächen, schienen ihre mitfühlenden Worte ihm Kraft zu verleihen. »Danke Euch«, sagte er.
    »Belästigen Euch diese Leute, Mister Gwinn?«, fragte jemand mit hoher, näselnder Stimme.
    Ah, da kam sie schon, die Maßregelung. Aber von wem?
    Eine Frau im Alter Oliver Gwinns, auch sie wohlgekleidet, drängte sich vor. Das geschnürte Mieder aus rostfarbener Seide spannte über einem überaus fülligen, welken Busen. Der Blick der blauen Augen unter den dunklen gerunzelten Brauen war kalt.
    »Wir wollen Mister Gwinn trösten«, entgegnete ich.
    Sie musterte mich und die anderen misstrauisch.
    »Ja, Missis Brooke, sie spenden mir Trost«, versicherte Oliver Gwinn.
    »Aber das steht ihnen nicht zu – es ist Pater Williams Aufgabe«, versetzte sie. »Und hier kommt er schon.«
    Ich wartete angespannt. Der Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche ließ sich Zeit, er bewegte sich stets träge. Sein Mund lächelte wie gewohnt, doch in dem Blick, mit dem er uns musterte, lag unverhohlene Abneigung.
    Ich merkte, dass noch jemand mich fixierte – Mrs Brooke hatte sich nicht von der Stelle gerührt. »Ich weiß, wer Ihr seid«, sagte sie.
    »Ja?«, antwortete ich – zu meinem Leidwesen muss ich es gestehen – mit dem herablassenden Schulterzucken meiner stolzen spanischen Mutter.
    »Gibt es Schwierigkeiten?«, fragte Pater William, der uns nur, wenn es unumgänglich war, beim Namen nannte, um die Anrede »Schwester« oder »Bruder« zu vermeiden, die uns, genau genommen, nicht mehr zustand. Es gab wohlwollende Leute im Dorf, die diese Anrede aus Achtung immer noch gebrauchten. Doch Pater William war nicht wohlwollend.
    Bruder Edmund, einen halben Kopf größer als der Pfarrer, verneigte sich begütigend. »Keineswegs, Pater.«
    »Ich muss Euch bitten, mit mir in die Kapelle des heiligen Thomas Becket zu kommen«, sagte er. »Ich habe die anderen schon gebeten, dort auf uns zu warten. Ich habe Euch allen etwas mitzuteilen.«
    Beklommen, Mrs Brookes kalten Blick im Rücken, folgte ich ihm durch den Gang zur Kapelle, wo Schwester Rachel, Schwester Eleanor und die anderen Schwestern beisammenstanden. In banger Abwehr bildeten wir einen dicht geschlossenen Halbkreis.
    Pater Williams faltete die Hände. »Ich finde es nur recht

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