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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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jetzt. Als ich an Alice vorbeikam, sah ich, dass auch sie Tränen in den Augen hatte.
    »Das wird Euch noch leidtun«, sagte ich zu James, als er mich in den Gang stieß.
    »Ich glaube, es wird eher umgekehrt sein«, keuchte er. » Euch wird es leidtun.«
    Die bestürzten Blicke manches Dienstboten folgten uns auf dem Weg zu meinem Zimmer. Jeder konnte sehen, mit welch roher Gewalt James mich vor sich her stieß. Aber niemand protestierte, niemand versuchte, mir zu helfen. Einer der höheren Höflinge, wie etwa Charles, hätte gewiss gefragt, warum man mich so ungehörig behandelte. Doch es war niemand da.
    Als die Zimmertür zufiel, setzte ich mich auf die Bettkante und rieb meine schmerzenden Arme, auf denen sich schon Blutergüsse zu bilden begannen. Anfangs war ich nur wütend. Ich konnte nicht glauben, dass ein Dienstbote es gewagt hatte, mich derart zu misshandeln. Dann aber wich die Wut wachsender Furcht. James war kein Dummkopf. Niemals hätte er sich so verhalten, wenn er nicht sicher gewesen wäre, dass es für ihn keine nachteiligen Konsequenzen haben würde. Er musste den Befehl erhalten haben, mich an der Abreise zu hindern. Ich hätte meinen Versuch, Arthur zu holen, klüger einfädeln müssen. Stattdessen hatte ich meine Absichten ganz offen angekündigt und Leuten zu befehlen versucht, die keinen Grund hatten, mir zu gehorchen.
    Diesen Fehler durfte ich nicht noch einmal machen.
    Als ich etwas ruhiger geworden war, öffnete ich die Tür, um mich auf die Suche nach Charles zu begeben. Aber vor meinem Zimmer wachte James. Die Arme über der Brust gekreuzt stand er da und schüttelte nur wortlos den Kopf.
    »Ihr habt kein Recht, mich hier festzuhalten«, sagte ich.
    Er gab keine Antwort.
    »Ihr werdet Lady Courtenay jetzt melden, dass ich sie augenblicklich zu sprechen wünsche«, herrschte ich ihn an.
    »Lady Courtenay fühlt sich nicht wohl«, erwiderte er. »Das habe ich Euch bereits gesagt. Sie darf nicht gestört werden.«
    Am liebsten hätte ich laut geschrien, so laut, dass die Leute in der Suffolk Lane aufmerksam werden mussten. Aber wenn ichmich jetzt wie eine Verrückte aufführte, würde das Arthur und mir nicht helfen, aus diesem Haus zu entkommen. Ich konnte mich nur in mein Zimmer zurückziehen.
    Wenig später brachte Alice mir das Mittagessen. Ihre Augen waren rot und verschwollen, ich spürte, dass sie mir helfen würde, wenn James nichts davon merkte. Als sie wieder ging, schrieb ich ein kurzes Briefchen, mit dem ich sie bat, Charles zu Hilfe zu holen. Ich würde es ihr zustecken, wenn sie das nächste Mal kam. Das Essen rührte ich nicht an.
    Aber Alice kam nicht mehr. Ich ging im Zimmer hin und her und drehte unablässig den Zettel mit meiner Botschaft in den Händen, bis das Papier an den Ecken grau und knittrig wurde. Vergeblich wartete ich, während es draußen dämmerte, auf ein Zeichen von Henrys Heimkehr. Er schien tatsächlich mit dem König nach Windsor gezogen zu sein. Als es dunkel wurde, brachte mir Joseph, der einfältige Zwillingsbruder, das Abendessen. Ich brauchte nur seine misstrauische Miene zu sehen, um zu wissen, dass es keinen Sinn hatte, ihn zu irgendetwas bereden zu wollen.
    Im Kamin sank das Feuer zu glühender Asche zusammen. Ich rief niemanden, es neu anzufachen, und versuchte es auch selbst nicht. Ich blieb einfach im Dunkeln sitzen, während die Kälte sich ausbreitete. » Ich bin Gast hier und keine Gefangene «, hatte ich Magister David erklärt. Ich hatte mich geirrt. Ich war in diesem Haus so gewiss eine Gefangene wie damals im Tower of London.
    Nach einer Weile wurde es so kalt im Zimmer, dass ich unter die dicke Bettdecke kroch. Voll bekleidet krümmte ich mich zusammen, die Knie bis zur Brust hochgezogen, und betete, in inbrünstigem Vertrauen darauf, dass Christus mir den rechten Weg zeigen würde.
    Warmer Kerzenschein weckte mich aus einem Traum. Ich öffnete die Augen.
    Ein Mann saß über mich gebeugt. In einer Hand hielt er eine Kerze. Es war Henry Courtenay.

Kapitel 13
    Ich schrie auf, und Henry drückte mir hastig seine kalte, feuchte Hand auf den Mund. »Leise, Joanna«, flüsterte er, »sonst hört man Euch. Ich tue Euch nichts. Bitte. Ich muss mit Euch reden.«
    Als ich nickte, zog er seine Hand weg. Seine Kleider, sein Hut, selbst sein Gesicht waren nass. Ich warf einen Blick zum Fenster. Draußen war es pechschwarz.
    »Was tut Ihr hier?«, fragte ich. »James sagte, Ihr wärt auf Schloss Windsor.«
    »Das ist richtig, aber als der Bote mit

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