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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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Edward verneigte sich, doch sein Gesicht verriet Verwirrung. Ich blickte mich um. Die Zahl der Bediensteten, die mir folgte, war auf ein gutes halbes Dutzend angewachsen. Wie ein vielköpfiges Tier schob die dicht geschlossene Phalanx sich näher.
    Entschlossen, sie zu ignorieren, sagte ich zu Magister David, der Edwards Erziehung leitete: »Guten Morgen. Sobald die Stunde hier beendet ist, muss Arthur für die Reise umgezogen werden. Wir kehren heute nach Dartford zurück.«
    »Nein, Joanna, nein«, schrie Arthur. »Ich will nicht weg.«
    »Es tut mir leid, Arthur, aber es muss sein.« Ich wollte ihm die Schultern tätscheln, doch er schreckte vor mir zurück.
    »Miss Stafford, Lord Courtenay hat mir nichts von einer bevorstehenden Abreise gesagt«, erklärte Magister David.
    »Arthur steht unter meiner Obhut«, entgegnete ich. »Unser Besuch ist beendet. Ich bin Gast hier und keine Gefangene.«
    Arthur rannte zu Edward und hielt sich an ihm fest. »Edward, ich will hierbleiben.« Er weinte. Der größere Junge tröstete ihn leise.
    »Niemand hat behauptet, Ihr wärt eine Gefangene«, sagte Magister David steif. »Ich bedaure, wenn ich diesen Eindruck bei Euch erweckt habe, Miss Stafford.«
    Im Stillen verwünschte ich meine Ungeschicktheit. Die Angst hatte mir die Worte diktiert. »Verzeiht bitte. Ihr habt nichts getan, um diesen Eindruck zu erwecken«, sagte ich. »Arthur, bitte komm mit. Ich erkläre es dir.«
    »Nein, nein, nein«, schluchzte Arthur, an Edward geklammert. Der junge Courtenay starrte mich zornig an. Er zog Arthur von mir weg auf die andere Hofseite. Die Dienerschar rückte vor und bildete eine Kette zwischen Arthur und mir.
    »Miss Stafford«, sagte Magister David, »ich kann Lord Courtenay benachrichtigen lassen und um Anweisungen bitten. Ohne seine Zustimmung wird in Red Rose nichts entschieden.«
    »Das ist nicht nötig«, erwiderte ich. »Ich werde heute Abend selbst mit Lord Courtenay sprechen.« Leicht würde das nicht werden, aber es musste sein. Mitten am Tag einfach auszureißen, war in der Tat feige. Wir würden morgen aufbrechen.
    James, der Zwilling, warf ein: »Aber Ihr könnt heute Abend nicht mit ihm sprechen. Lord Courtenay kehrt erst am dritten November nach Hause zurück, am Tag vor dem Besuch von Lord Montague.«
    »Wie?«, rief ich. »Was redet Ihr da?«
    »Der König hat sich mit seinem Kronrat nach Windsor begeben«, erklärte Magister David. »Lord Courtenay nimmt dann immer in den Hofräumen Wohnung. Die Entfernung ist für eine tägliche Heimkehr zu groß.«
    Ich starrte die Männer an, diese bevorzugten Bediensteten am Hof des Marquis von Exeter. Ich war erschüttert, dass Henry nicht mit mir gesprochen hatte. Allerdings hatte ich mich am Vortag auch ganz zurückgezogen. Wann hätte er da mit mir sprechen sollen?
    Mir würde nichts anderes übrig bleiben, als meine vorzeitige Abreise mit Gertrude zu besprechen. Das würde unangenehm werden, aber wenigstens wusste Gertrude im Gegensatz zu ihrem Mann nicht, dass ich in der Kapelle gehört hatte, was sie über mich gesagt hatte.
    »Bitte gebt Lady Courtenay Bescheid, dass ich sie gleich aufsuchen werde«, sagte ich zu Alice.
    Noch bevor sie antworten konnte, meldete sich wieder James zu Wort. »Lady Courtenay ist unwohl. Sie hat sich nach dem Morgengottesdienst gleich zu Bett begeben. Unter diesen Umständen wird sie Euch nicht empfangen.«
    Es begann zu regnen. Ich wischte mir einen Wassertropfen ab, während ich zu begreifen versuchte, was hier vorging. Niemand suchte Schutz vor dem Regen. Sie warteten alle schweigend darauf, was ich jetzt tun würde. Nur das Klatschen der Tropfen auf der Pflasterung des Hofs und Arthurs wortloses Jammern waren zu hören.
    Ich tat, was ich tun musste. Zwischen zwei Dienstboten hindurch rannte ich mit ausgebreiteten Armen auf Arthur zu. »Komm jetzt«, rief ich. »Komm schon.«
    Arthur löste sich von Edward und kam mir entgegen. Doch bevor unsere Hände einander berührten, wurde ich grob zurückgerissen. Jemand drehte mir die Arme auf den Rücken.
    »Ihr seid krank, Madam«, zischte James mir ins Ohr. »Ihr braucht Ruhe.«
    Mir taten die Arme weh von seiner Umklammerung. »Das ist ungeheuerlich – lasst mich los«, rief ich laut.
    Magister David hob die Hand. Ich glaubte, er werde James befehlen, mich freizugeben.
    Aber nein.
    »Bringt sie in ihr Zimmer«, sagte er.
    James zerrte mich zur Haustür. Meine Schultern brannten. Ich konnte nicht mit Arthur sprechen, der wieder weinte, laut

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