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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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hatte.
    »Es liegt nicht an ihm«, sagte ich.
    Gertrude fuhr herum. »Was soll das heißen?«
    »Wir haben nicht viel Zeit«, sagte ich. »Es wird ein Wind ohne Regen kommen, ein schrecklicher Wind.«
    Ohne eine weitere Frage befahl Gertrude uns, weiterzureiten. Die Fackelträger an der Spitze der Gruppe hatten Mühe, ihre Lichter gegen den Wind am Brennen zu halten. Zwei Ecken weiter rief Gertrude: »Halt«, und wies triumphierend eine Straße hinunter, die hier abzweigte.
    Im ersten Augenblick sah ich gar nichts. Dann gaben die Wolken den Mond frei, und ein Gebäude wurde sichtbar, ein beeindruckender dreistöckiger Steinbau, vor dessen Fassade mehrere, in fein ausgewogenem Abstand gesetzte Säulen in die Höhe strebten. Lange Fensterreihen kennzeichneten jedes Stockwerk, und das steile spitzgiebelige Dach stieg so hoch auf, dass man hätte meinen können, es berührte die Wolken.
    »Dahin wollt Ihr mich bringen?«, fragte ich ungläubig.
    Gertrude lachte kurz. »Nicht direkt. Das ist Guildhall. Von dort aus führen der Bürgermeister und sein Rat die Geschäfte Londons.«
    Wir saßen ab, und unsere Begleiter wurden zu einem Stall in der Nähe geschickt, wo sie mit den Pferden auf unsere Rückkehr warten sollten. Nur James und Joseph würden Gertrude und mich den Rest des Wegs begleiten.
    Der Wind nahm zu; bei jeder neuen Bö zitterte Joseph, als bereitete sie ihm körperliche Schmerzen. Das Wehen wurde so heftig, dass das Licht unserer Fackel endgültig ausging. Doch der Mond war frei von Wolken, wir konnten genug von unserer Umgebung erkennen, um unseren Weg fortzusetzen.
    »Auf – wir sind bald am Ziel«, sagte James und eilte uns voraus.
    Wir folgten ihm zu einem kleinen Holzbau gegenüber von Guildhall. Auf einem Schild waren die Worte Coneyhope Tavern zu lesen. Die Stunde, da die Abendruhe eingeläutet worden war, war längst verstrichen, und alles war still, dennoch blickte James wachsam die Straße hinauf und hinunter, ehe er uns weiterwinkte.
    Wenig später drückte uns der Wind an die rohe Holztür des Hauses. Der Mond verschwand hinter einer Wolkenbank, dieStraße und die Gebäude hinter uns wurden unsichtbar. Jemand zerrte mich durch die Türöffnung. Kerzen wurden angezündet. Ich sah, wie blass Gertrude war. Ihr Gesicht war aschfahl. Ich verstand nicht, warum wir all diese gefährlichen Mühen auf uns nahmen, um in eine gemeine Schenke zu gelangen, die um diese Nachtzeit geschlossen war.
    Joseph war nicht zu beruhigen. Schluchzend kauerte er sich in eine Ecke und wimmerte immer wieder: »Es ist schlimm, es ist schlimm, es ist schlimm.«
    Schließlich befahl Gertrude scharf: »James, bringt ihn weg.«
    »Wohin?«, fragte James.
    »Wenn Joseph sich nicht beruhigen lässt, muss er weg«, sagte sie.
    James starrte sie ungläubig an. Ich sah meine Chance und ergriff sie. »Hört mir zu, James, Ihr wisst sehr wohl, dass das, was wir hier tun, Wahnsinn ist«, sagte ich schnell. »Wir müssen alle zurück nach Red Rose.«
    Sein Blick flog von mir zu Gertrude und zurück zu mir. Dann schenkte er sich mit einem kurzen Auflachen ein Bier ein, trank es in einem Zug und packte Joseph. Gemeinsam stolperten die Brüder in die Nacht hinaus.
    Mir brannte das Gesicht, als ich mich in dieser elenden Schenke auf einen Hocker setzte. Ich erwartete scharfe Vorwürfe von Gertrude dafür, dass ich versucht hatte, James gegen sie aufzuwiegeln. Stattdessen jedoch betrachtete sie mich voll Bewunderung. »Ihr habt gesagt, es werde ein schrecklicher Wind kommen, und Ihr habt gesagt, es werde keinen Regen geben«, sagte sie leise. »Sie haben recht gehabt – Ihr besitzt die Gabe. Wenn Ihr nur aufhören wolltet, gegen mich zu kämpfen, Joanna, und sie nutzen würdet!«
    »Wer sind ›sie‹?«, fragte ich gereizt.
    Statt mir zu antworten, sagte sie: »Es gibt gewisse Dinge, die Ihr wissen müsst, bevor wir fortfahren. Ihr allein könnt uns vor der Vernichtung und dem Bösen bewahren.«
    »Davon hat Schwester Elizabeth Barton auch gesprochen«, entgegnete ich bitter, »und jetzt ist sie tot.«
    Gertrude legte ihre Kapuze und den Umhang ab. Aus demselben Krug, aus dem James sich eingeschenkt hatte, goss sie Bier in einen angeschlagenen Becher. Beim ersten Schluck verzog sie das Gesicht, doch sie trank den Becher leer. »Es schmeckt widerwärtig«, sagte sie, »aber wir brauchen Stärkung. Kommt, trinkt auch etwas.«
    »Ich mag nicht.«
    »Ihr habt heute nichts gegessen«, erwiderte sie, sichtlich bemüht, ihren Zorn zu zügeln.

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