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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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raffte ich meine Röcke, um schneller laufen zu können, und rannte nach oben. Schon von ferne konnte ich Arthur in seinem Zimmer schreien und weinen hören. Ich stieß die Tür auf. Er lag wild um sich schlagend auf dem Bett, und Edward Courtenay stand ängstlich und hilflos davor. Ich hörte, dass Lord Montagues vierzehnjähriger Sohn Arthur gnadenlos geneckt hatte, bis dieser in einem Anfall blinder Wut auf ihn losgegangen war. Diener hatten die beiden Jungen getrennt. Wo der andere Junge sich jetzt befand, wusste ich nicht.
    »Arthur, beruhige dich, es wird alles gut, ich bin ja da«, sagte ich, während ich den Jungen in meinen Armen wiegte, bis sein heftiges Weinen sich legte und er nur noch gelegentlich aufschluchzte.
    »Es tut mir leid, dass ich Arthur nicht besser beschützt habe«, sagte Edward Courtenay. »Dieser fürchterliche Montague ist unser Gast, ich habe nicht gewusst, was ich tun soll.«
    Ich tätschelte seinen Arm. »Du hast dein Bestes getan, danke dir.«
    Als Arthur sich vollends beruhigt hatte, stand ich vom Bett auf. Ich musste zurück in den Saal, so wenig mich das lockte. Auf dem Weg nach unten dachte ich an Lord Montague. Ich war nicht die Einzige, die heute Abend in Verlegenheit gebracht worden war. Er sollte nicht glauben, dass ich gemeint hatte, er sei unakzeptabel, als ich »Unmöglich«, gerufen hatte. Er hatte bei dem Gespräch über die Weihnachtsfeier meines Onkels viel Feingefühl gezeigt, und er hatte sich vorbildlich verhalten, als seine Schwägerinden Heiratsplan verraten hatte. Ein Pole heiratet eine Stafford, das erschien auf den ersten Blick als natürliche Lösung. Seine Schwester war die Ehefrau meines Cousins. Und es war nicht so, dass ich ihn nicht mochte. Im Gegenteil. Doch ich konnte niemals heiraten.
    Ich hatte den Zwischenstock erreicht, als jemand flüsternd »Joanna!« rief.
    Verwirrt drehte ich mich um. Niemals würde ein Diener mich beim Vornamen nennen. Doch der Mann, der aus dem Alkoven an der Treppe trat, trug die Courtenay-Tracht. Das Gesicht vom Licht abgewandt, winkte er mir hastig.
    »Sir, was erlaubt Ihr Euch?«, fragte ich irritiert und ein wenig erschrocken. »Soll ich die anderen rufen?«
    Der Mann kam einen Schritt näher, das Licht fiel auf sein Gesicht. Geoffrey Scovill.
    Ich erstarrte.
    Mit einem Satz war er bei mir und zog mich in die Dunkelheit des Alkovens.
    »Was tut Ihr hier?«, zischte ich ihn an.
    Er hielt mich auf Armeslänge von sich ab. »Bei Gott und allen Heiligen, Ihr seid eine Augenweide«, sagte er. »Nie – mein ganzes Leben nicht – habe ich eine schönere Frau gesehen.«
    Ich weiß nicht, ob es der Schock war, ihm gerade jetzt zu begegnen, da meine Ängste vor allem, was mit London zu tun hatte, ins Unermessliche zu wachsen drohten, aber ich ließ mich einfach nach vorn fallen und drückte meine Stirn an seine Brust. Tränen sprangen mir in die Augen.
    »Geoffrey«, sagte ich nur, und er nahm mich in die Arme. Er hielt mich so fest, dass meine Haut unter dem harten Druck des kostbaren, rauen Silberstoffs brannte. Doch ich kroch nur noch tiefer in seine Umarmung.
    »Joanna«, flüsterte er, die Lippen zuerst an meinem Ohr und dann auf meinem Hals. »Joanna.«
    Es war wie damals, im letzten Frühling, im Kloster, als er zu mir kam, um mir die letzten Worte von Schwester Christina vorderen Hinrichtung zu überbringen. Ich schloss die Augen, mein Mund suchte seine Lippen. Ich küsste ihn so leidenschaftlich wie er mich.
    Erste Scham über meine Schwäche regte sich. Ich öffnete die Augen und sah den Lichtschimmer der Leuchter draußen. Mit einem Ruck riss ich mich von Geoffrey los.
    »Seid Ihr wegen meines Briefes hier?«, fragte ich. »Aber warum verkleidet Ihr Euch als Bediensteter? Und warum seid Ihr gerade heute Abend gekommen? Ich reise morgen mit Arthur ab.«
    Geoffrey schüttelte den Kopf. »Nein, Joanna. Ihr müsst heute Abend reisen – unverzüglich. Ich bin gekommen, um Euch und Arthur hinauszubringen. Der König hat seine Leute hierher geschickt, sie müssten in spätestens einer Stunde da sein. Sie sind mit Haftbefehlen ausgestattet. Die Anklage lautet Hochverrat.«

Kapitel 20
    »Henry Courtenay ist kein Verräter«, protestierte ich, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte.
    »Trotzdem kommen sie ihn holen«, sagte Geoffrey. »Und Courtenays Name ist nicht der einzige auf der Liste. Auch Pole und Neville sollen abgeholt werden. Durch so ein heimliches Zusammentreffen fern vom Hof – Mitglieder dreier Familien von

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