Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
königlichem Blut – wecken sie starkes Misstrauen. Gott weiß, dass der König und Cromwell schon vorher argwöhnisch waren.« Geoffrey schüttelte ungeduldig den Kopf. »Es kann für sie keinen hinreichend wichtigen Grund geben, ausgerechnet jetzt, da seine Majestät Verschwörung im Inneren des Landes fürchtet und Invasion von außen, im Geheimen zusammenzukommen.«
Ich hielt mir erschrocken die Hand vor den Mund.
Geoffrey nahm mich wieder in die Arme. »Der Name Stafford steht nicht auf den Haftbefehlen, Joanna.« Er küsste mich auf die Stirn. »Wenn ich Euch jetzt von hier fortbringe, so besteht die Hoffnung, dass Ihr nicht in die Ermittlungen hineingezogen werdet. Es ist nur eine geringe Hoffnung – ich will Euch nichts vormachen. Doch es ist Eure einzige. Ihr dürft nicht hier sein, wenn die Leute des Königs an die Tür klopfen.«
Ich trat von ihm weg. »Wenn es heute Abend Fragen gibt, muss ich selbst vortreten und für Henry und die anderen sprechen. Ich kann erklären, warum die Gäste hier sind. Es hat nichts mit Verrat zu tun.«
Er schüttelte den Kopf. »Der Mann, der sie festnehmen wird, ist Lord John Dudley. Er ist Soldat. Und er sucht die Gunst des Königs. Er wird sich die Erklärungen einer Frau gar nicht anhören. Und ganz gewiss nicht einer Frau mit Namen Stafford. Er würde in seinem Ehrgeiz nicht davor zurückschrecken, Euch eigenmächtig im Tower festsetzen zu lassen, weil ihr aus einer Verräterfamilie stammt.«
Bei dem Gedanken, in den Tower of London zurückkehren zu müssen, wurde mir eiskalt. Doch es gelang mir, die Ruhe zu bewahren.
»Nein, Geoffrey, ich kann nicht einfach weglaufen. Ihr versteht nicht – es ist alles meine Schuld. Der Grund für – «
Er ließ mich nicht aussprechen. »Das ist doch Unsinn«, unterbrach er mich. »Nichts ist Eure Schuld. Warum müsst Ihr nur immer mit mir streiten, Joanna?« Ärger – und zweifellos Furcht – schwangen in seiner Stimme mit. Ich wich vor ihm zurück und trat aus dem schützenden Dunkel des Alkovens. Am Hinterkopf spürte ich die Wärme des Kerzenlichts.
»Joanna, seid Ihr das?«, rief von unten ein Mann.
Geoffrey hob langsam, beschwichtigend beide Hände und flüsterte beschwörend: »Sagt nichts. Zu niemandem.«
»Ich muss sie warnen«, erwiderte ich ebenso leise.
Ich sah sein Erschrecken. »Nein, sagt nichts. Seht, dass Ihr ihn loswerdet und kommt zurück.«
Geoffrey musste unbedingt geschützt werden.
Baron Montague war schon halb die Treppe herauf. Ich sah seine besorgte Miene und lief ihm eilig entgegen, um ihn abzufangen. Auf keinen Fall durfte er einen Blick in den Alkoven werfen.
»Was machen die Kinder?«, fragte er.
»Mit den Kindern ist alles in Ordnung, Lord Montague«, sagte ich steif.
»Aber mit Euch nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Ach, Joanna, Ihr seid außer Euch. Ich bedauere von Herzen, was sich heute Abend hier abgespielt hat.«
»Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen.« Ich spähte über seine Schulter hinweg zum Fuß der Treppe. Würde gleich Lord Dudley mit schwerer Faust an diese Tür schlagen? Wie viel Zeit blieb uns noch?
»O doch.« Lord Montague drehte sich um und blickte ebenfalls nach unten. »Wir sind allein hier, Joanna. Und ich werde Euch jetzt sagen, was gesagt werden muss.«
»Nein, nein, nein.« Ich hastete zu ihm hinunter und drückte ihm die Hand auf den Mund, um ihn am Sprechen zu hindern. Er zog sie weg, ließ sie aber nicht los. Seine Hand war kühler als Geoffreys.
»Henry ist mein ältester und vertrautester Freund, und mit diesen Augen sieht er mich«, erklärte Lord Montague. »Er ist überzeugt, dass eine Frau, die Montague zum Gemahl bekommt, sich glücklich preisen kann. Während ich entgegengesetzter Meinung bin.«
»Lord Montague, ich beschwöre Euch, kehren wir zu den anderen zurück«, sagte ich verzweifelt. »Wir können das später besprechen.«
»Nein.« Er hielt mich immer noch fest. Der traurige Blick seiner Augen wurde hart.
»Ich trage einen großen Namen, und ich trage einen Titel, doch meine Börse ist nicht voll wie die Henrys. Mir ist nach dem Tod meines Vaters kein großes Vermögen zugefallen. Und meine Familie hat mit Schwierigkeiten ohnegleichen zu kämpfen. MeineMutter ist hochbetagt, sie verlässt sich in allen Dingen auf mich. Mein jüngster Bruder sitzt im Kerker. Auch für seine Gemahlin trage ich jetzt die Verantwortung. Mein anderer Bruder ist unversöhnlich in seiner Feindschaft gegen den König. Ich habe auf Bitten seiner
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