Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Majestät hin an ihn geschrieben und ihm deswegen Vorhaltungen gemacht. Doch auf Reginald ist das ohne jede Wirkung geblieben. Er bringt uns alle in höchste Gefahr, dennoch beharrt er darauf, seinem Gewissen zu folgen, wie er es ausdrückt. Und schließlich sind auch noch meine Kinder da.« Sein Mund zuckte. »Ihre Mutter war ihnen alles. Mein ältester Sohn – zweifellos derjenige, der Euren kleinen Verwandten gequält hat – hat mir gesagt, er wünschte, ich wäre an ihrer Stelle gestorben. Ich habe ihn so aufgezogen, wie mein Vater mich, so wie alle Söhne in unserer Familie aufgezogen wurden.« Er machte eine hilflose Handbewegung. »Ich muss – ich werde – einen ganz neuen Anfang mit ihm machen, wenn es dazu noch nicht zu spät ist.«
Ich war hin und her gerissen zwischen wachsendem Mitgefühl mit Lord Montague und meiner Angst davor, wie er reagieren würde, wenn er merkte, dass außer mir noch jemand seine Worte hörte.
Doch was Geoffrey bis dahin ungewollt belauscht hatte, war nichts im Vergleich zu dem, was folgte.
»Ich habe versucht, Henry von seinem Plan abzubringen«, fuhr Lord Montague fort. »Doch er beharrt darauf, dass Ihr mir nicht nur eine Hilfe, sondern auch eine gute Ehefrau sein könntet. Er wollte, dass wir uns wiedersehen, in Gesellschaft und ganz ohne Zwang. Ich bat Neville mitzukommen – er ist der Bruder meiner verstorbenen Frau und ein guter Freund. Die Frau meines Bruders Godfrey hat sich selbst eingeladen. Sie trägt schwer an seiner Einkerkerung. Versucht, ihr ihre unbedachten Worte zu verzeihen, wenn Ihr könnt.«
Ich nickte. An meiner Meinung über sie allerdings änderte sich nichts.
»Ich gestehe«, fuhr er fort, »dass ich diesen feurigen Geist, von dem er mir gesprochen hatte, zunächst nicht erkennen konnte –erst als Ihr uns alle in den Saal zurückbeordert und darauf bestanden habt, Euch allein um die Kinder zu kümmern, habe ich die Stafford in Euch gesehen. Es ist eine erstaunliche Erfahrung.«
Er hatte nichts Hochmütiges mehr. Ein Schimmer Hoffnung, aufkeimender Zuneigung vielleicht, machte seine Züge weich.
Ich konnte ihn nicht fortfahren lassen. »Lord Montague, ich muss – «
Er unterbrach mich. »Gestattet mir zu vollenden, was ich Euch sagen möchte. Danach können wir gemeinsam planen, oder ich verlasse dieses Haus und behellige Euch nie wieder.« Er drehte meine Hand um und umschloss sie fest mit beiden Händen. »Vielleicht kennt Henry mich besser, als ich dachte. Denn Ihr seid in der Tat die ideale Frau für mich. Ich könnte niemals ein einfältiges junges Ding heiraten, das die harten Bedingungen meiner Welt nicht kennt – sie wäre nur eine weitere Belastung für mich. Ich bin jedoch zugleich, und ich schäme mich, es einzugestehen, ein überaus stolzer Mann. Ich könnte keine Witwe zur Frau nehmen, eine Frau, die früher schon das Bett mit einem anderen geteilt hat.«
Ich war so außer mir darüber, dass Geoffrey das alles mithörte, Zeuge der intimsten Regungen Lord Montagues wurde, dass ich an allen Gliedern bebte.
»Oh, Ihr zittert«, sagte er zärtlich besorgt. »Natürlich, das alles muss Euch erschrecken. Ihr hattet Euch einem Leben als Nonne verschrieben. Ich versichere Euch, dass ich – «
»Genug!«, rief Geoffrey Scovill, der auf die Treppe hinausgetreten war.
Lord Montague starrte ihn fassungslos an. »Wer seid Ihr?«
Ich drehte mich um. Geoffrey war schon auf dem Weg die Treppe hinunter. Ich kannte diesen entschlossenen Zug um seinen Mund.
»Ich habe Euch einiges zu erklären, Sir«, sagte er.
»Ihr wollt mir etwas erklären?« Lord Montague machte kein Hehl aus seiner Empörung. Hier stand ein Pole, ein Angehöriger des Hauses York, Nachfahre von Königen.
Ehe ich etwas sagen oder tun konnte, sprang Lord Montague die Stufen hinauf und stürmte Geoffrey Scovill entgegen.
»Wartet!«, rief ich verzweifelt und lief ihm nach. Meine Röcke behinderten mich. Lord Montague hatte Geoffrey erreicht, bevor ich eingreifen konnte.
»Sir«, sagte Geoffrey, »diese Angelegenheit betrifft Euch ebenso wie die Familien Courtenay und Neville – nicht nur Joanna.«
»Ihr nennt sie beim Vornamen?«, rief Lord Montague. »Bei Gott, ich werde Euch Zucht und Anstand lehren, Lakai.«
»Geoffrey, lasst mich sprechen«, flehte ich.
Lord Montague fuhr herum. »Ihr steht auf vertrautem Fuß mit diesem Dienstboten?«, fragte er mich ungläubig.
»Ich bin kein Dienstbote«, sagte Geoffrey, der sichtlich Mühe hatte, sich zu
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