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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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wie wichtig das alles ist. Und gestern Abend hat er so seltsam dahergeredet.«
    »Jemand, dem nicht vertraut wird, kann auch nicht zeigen, was in ihm steckt.« Javier schnalzte mit den Zügeln und begann zu pfeifen.
    In diesem Moment richtete Songe sich auf, ihr Schwanz peitschte hin und her. Hinter uns ist eine Kutsche. Und sie fährt schnell.
    Die Straße ist breit genug für zwei Wagen, keine Sorge . Julie kraulte Songe hinter den Ohren, aber die Katze stellte sich auf und stemmte die Vorderpfoten gegen ihre Brust.
    Vorsichtshalber sollten wir uns verstecken.
    Julie sah Songe noch einmal kurz an, dann erklärte sie Javier, was die Katze gesagt hatte, worauf er den Wagen so rasch wie möglich hinter die Büsche am Straßenrand lenkte.
    Während sich Nicolas und Fédéric auf der Ladefläche zusammenkauerten, sprangen Javier und Julie vom Kutschbock. Kaum hatten sie sich hinter den Rädern versteckt, hörten sie das Stampfen von Pferden und Peitschenknallen, und eine Kutsche bog in rasender Geschwindigkeit um die Kurve, gezogen von sechs Füchsen, denen der Schaum um die Mäuler flog. Durch die Zweige hindurch erkannte Julie auf der Tür das Wappen mit den beiden Löwen der Normandie auf rotem Grund auf der einen und der Abtei von Mont St. Michel auf der anderen Seite, flankiert von schwarzen Schwingen. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus, um gleich darauf mit zweifacher Geschwindigkeit weiterzupochen.
    Das Gespann raste in einer Staubwolke an ihnen vorbei und entfernte sich unter dem Peitschengeknall des Kutschers. Julie schloss die Augen. In den Zweigen begannen die Vögel wieder zu singen, sie hörte Gras rascheln und die Atemzüge der anderen.
    »Meine liebe Mutter«, bemerkte Nicolas. »Wie bedauerlich, dass sie es so eilig hatte.«
    Julie umfasste das Amulett an ihrem Hals. Ihr war nicht zum Scherzen zumute.
    Als die Sonne aufging, ahnte Ruben, dass sie sich verflogen hatten. Der Flusslauf war verschwunden, dafür mäanderte unter ihnen eine staubige Straße. Ruben rieb sich die Augen, die vor Müdigkeit brannten. Weshalb hatte er sich von Julie überreden lassen zu fliehen? Ebenso gut hätte er sich abseits des Lagers verstecken und später gemeinsam mit den anderen aufbrechen können. Nun hatte er keine Ahnung, wie er diesen alten Turm finden sollte, weil dieses Vieh zu dämlich war, einen Fluss von einer Straße zu unterscheiden.
    Er beugte sich so weit wie möglich über den Hals des Tieres. »Wir müssen den Fluss wiederfinden«, rief er. »Du musst Kreise fliegen, verstehst du?«
    Alis wandte kurz den Kopf und sah ihn an, bekam dabei aber Schlagseite, sodass Ruben beinahe abgerutscht wäre. »Nach vorne schauen!«, brüllte er, während er sich festkrallte und versuchte, sich wieder aufzurichten.
    Alis gehorchte und begann, in weiten Bögen über die Landschaft zu fliegen. Von hier oben sahen die Felder wie Taschentücher aus, mit Borten aus Bäumen und Hecken. Auf einigen Feldern waren bereits winzige menschliche Gestalten bei der Arbeit. Ruben musste nicht fürchten, entdeckt zu werden, von unten würde man Alis für einen großen, weißen Vogel halten. Doch seine Flügelschläge wurden immer träger, und Ruben wusste, dass diesmal eine kurze Rast nicht genügen würde. Was würde Julie tun, wenn sie und die anderen den Treffpunkt erreichten und ihn nicht antrafen? Er konnte nur hoffen, dass sie warten würden.
    Gerade, als er Alis bitten wollte, zu landen, erregte etwas seine Aufmerksamkeit. Eine Kutsche preschte vor ihnen die Straße entlang, gezogen von sechs Füchsen. An den Ecken des Daches glänzten goldene Verzierungen. Ruben kannte diese Kutsche; er hatte bereits selbst darin gesessen.
    »Flieg tiefer und halte dich hinter dem Wagen! Aber gib acht, dass sie uns nicht bemerken.« Ruben wusste, dass er sein Reittier an die Grenzen seiner Kräfte trieb, aber Alis gehorchte ihm und verstärkte seine Flügelschläge. Er sagte sich, es sei bestimmt nützlich, wenn er in Erfahrung brächte, wohin die Comtesse unterwegs war. Er würde Julie beweisen, dass er nicht unnütz war.
    Aufmerksam verfolgte er, wie die Kutsche vor einem grauen Steinhaus hielt, wahrscheinlich einem Gasthof. Obwohl er wusste, dass man ihn von unten kaum sehen konnte, zuckte er zusammen und duckte sich hinter Alis’ Hals, als eine Person, die nur die Com tesse sein konnte, die Kutsche verließ und das Gebäude betrat.
    Das Kalokardos war offensichtlich am Ende seiner Kräfte. Es sackte immer wieder ab, inzwischen hatten sie

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