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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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leichthin. »Dort saßen einst meine Flügel, vor langer Zeit.«
    »Verzeiht.« Ruben verschränkte seine Hände hinter dem Rücken und rieb seine Finger aneinander, die sich wie Eis anfühlten.
    »Endlich habe ich dich an meiner Seite«, sprach Cal weiter. »Wo du bereits seit fünfzehn Jahren sein solltest.« Er hielt Ruben an den Schultern von sich weg und betrachtete ihn. »Großes werden wir gemeinsam vollbringen, mein Sohn. Deine Jugend und meine Macht werden uns unbesiegbar machen.«
    Ruben nickte verwirrt, wagte aber nicht zu fragen, was die Worte bedeuteten. Es ging alles so schnell, dass er nicht einmal wusste, ob er glücklich war, endlich seinem Vater gegenüberzustehen. In seinem Kopf toste ein Sturm aus Fragen.
    »Der Junge wird hungrig und müde sein, Kronos.« Elisabeth d’Ardevon trat zu ihnen und legte dem Erzengel die Hand auf den Oberarm.
    »Du hast recht, ich bin ein schlechter Gastgeber.«
    Er klatschte in die Hände, und kurz darauf hörte Ruben schleppende Schritte über den Steinboden scharren. Erst jetzt bemerkte er die Rampe, die an einer Seitenwand zu einem zweiten Ausgang hinaufführte. Die Schritte näherten sich und eine Frau, die nur einen schmutzigen Leinenkittel trug, erschien. Abwartend blieb sie stehen, wie eine mechanische Figur, deren Feder abgelaufen ist. Ruben erschrak vor ihren blassen, verhärmten Gesichtszügen. Etwas an ihr war ihm unheimlich, zugleich fühlte er Mitleid mit ihrer verwahrlosten Erscheinung. Sie sah auf den Boden und hob auch nicht den Blick, als die Comtesse zu ihr sprach.
    »Wir wünschen zu speisen. Und bring auch von dem gewürzten Wein.«
    Die Dienerin zeigte nicht, ob sie verstanden hatte, sondern drehte sich langsam um und schlurfte davon. Ihr bleiches, beinahe weißes Haar hing in verfilzten Strähnen über ihren Rücken. Ruben sah ihr nach und konnte sich nicht erklären, weshalb ihr Anblick ihn so berührte. Als er den Kopf drehte, bemerkte er, dass sowohl die Comtesse als auch sein Vater ihn beobachteten. Auf Cals Gesicht erschien ein feines Lächeln und er wechselte einen schnellen Blick mit der Comtesse, den Ruben nicht deuten konnte.
    »Wir haben viel nachzuholen, mein Sohn«, sagte er dann. Seine Augen leuchteten warm, als er Ruben den Arm um die Schultern legte und ihn zu einem Diwan führte, bevor er sich wieder an den Kamin stellte. Er selbst blieb vor dem Kamin stehen.
    Die Comtesse ließ sich in einem Sessel gegenüber nieder, streifte ihre Pantoffeln ab und legte ihre Füße auf ein Taburett. Sie lächelte Ruben unter halb geschlossenen Lidern an. Dieser sah von ihr zu seinem Vater auf, der ihm den Rücken zuwandte. Er konnte den Blick nicht von den beiden Flügelstummeln lassen, die sich unter dem Hemd abzeichneten. Wie es sich wohl angefühlt hatte, als sie abgetrennt wurden? Er bewegte unbehaglich seine Schulterblätter.
    Cal drehte sich um und sagte unvermittelt: »Sehen wir, wie loyal du bist: Wohin will deine Schwester?«
    Ruben schluckte, seine Zunge lag schwer in seinem Mund und er musste sich räuspern, bevor er sprechen konnte. »Nach St. Malo«, sagte er und vollendete dadurch seinen Verrat.
    »Was will sie dort?« Cals Stimme war jetzt scharf wie eine Klinge.
    »Sie besitzt da so ein Papier, mit einer Zeichnung«, stammelte Ruben. »Aber wir konnten nicht rauskriegen, was es ist. Julie und Nicolas glauben eine Art Waffe. Ihr Vater – Pflegevater – hat es gezeichnet. In St. Malo gibt es angeblich jemanden, der sich damit auskennt.«
    »Ich kann mir denken, wer das ist«, murmelte der Erzengel und fuhr mit dem Schürhaken ins Feuer, dass die Funken aufstoben.
    Die Comtesse lachte, eine Kaskade von Perlen, die eine Treppe hinuntersprangen. »Ist das nicht herrlich? Er versteckt sich genau vor unserer Nase!«
    »Wärst du damals nicht so sentimental gewesen, müssten wir uns jetzt nicht mit ihm herumärgern!«
    Die Comtesse zog einen Schmollmund. »Willst du mir diesen einen Fehler bis in alle Ewigkeiten vorhalten?«
    Cal schnaubte. »Ich fürchte ja, meine Liebe.«
    Ruben konnte dem Wortwechsel nicht ganz folgen.
    »Deine Hinweise sind sehr hilfreich für uns, Ruben«, sagte Cal. »Berichte weiter! Was plant deine Schwester noch?«
    »Julie und Nicolas wollen … sie wollen Euch töten und unsere Mutter befreien.«
    »Eure liebe Mutter!«, rief Cal. »Mir kommen die Tränen bei so viel Edelmut!« Der Schürhaken landete mit einem Klirren auf dem Steinboden.
    Ruben zuckte zusammen, dennoch fragte er: »Stimmt es denn, dass

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