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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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Kalokardos gemalt hatten, darunter prangten auf einem ebenfalls aufgemalten Spruchband die Worte: »Das Wunder der Wälder«.
    Sie gingen um den Wagen herum und entdeckten an der Schmalseite eine eisenbeschlagene Holztür, die mit einer schweren Kette und einem Vorhängeschloss gesichert war.
    »Das wird schwierig«, flüsterte Fédéric. »Aber vielleicht kriege ich es auf.« Er zog ein Taschentuch hervor, faltete es auf und nahm einen langen, gebogenen Nagel heraus. »Etwas Licht wäre nicht übel«, sagte er und begann, in dem Schloss herumzustochern. Julie sah sich um und lief zu einem Zelt in einiger Entfernung, vor dem eine Fackel brannte. Sie zog sie aus der Erde und brachte sie zum Wagen.
    »Gut, aber verseng mir nicht die Haare.« Fédéric grinste flüchtig, ohne den Blick von dem Vorhängeschloss zu wenden. Julie hoffte inständig, dass niemand den Lichtschein bemerkte und nachsehen wollte, was an Lausbarts Wagen vor sich ging.
    Während Fédéric arbeitete, tastete sie mit ihrem Geist nach dem Kalokardos. Sie spürte Furcht und beeilte sich, das Tier zu beruhigen, wenn sie auch nicht sicher war, wie viel es verstand.
    Wir wollen dir helfen, bleib ganz ruhig.
    Fédéric fluchte unterdrückt. »Das muss doch …« In diesem Moment klickte es und das Schloss sprang auf. Julie steckte die Fackel neben dem Wagen ins Gras, dann öffnete sie vorsichtig die Tür. Es duftete nach Heu. Das Kalokardos lag im hinteren Teil des Wagens. Sie konnte es im Dunklen kaum erkennen, nur seine Augen spiegelten den schwachen Schein der Fackel, der durch die Türöffnung fiel. Langsam bewegte Julie sich auf das Tier zu. Jetzt ist alles gut. Niemand wird dich mehr schlecht behandeln.
    Stroh raschelte, als das Geschöpf sich bewegte, aber es schien Julie zu verstehen, da es nicht versuchte, vor ihr zurückzuweichen.
    »Es ist ziemlich groß«, murmelte Fédéric dicht hinter ihr. »Und diese Hörner gefallen mir gar nicht. Besser, ich gehe vor.«
    »Du erschreckst es nur!« Julie streckte ihren Arm zur Seite, um Fédéric zurückzuhalten, während sie weiter auf das Kalokardos zuging, das jeden ihrer Schritte mit den Augen verfolgte.
    Wir müssen dich etwas fragen. Julie wusste nicht recht, wie sie beginnen sollte. Es gibt etwas, das wir dringend benötigen und worüber du uns vielleicht mehr erzählen kannst.
    Das Tier sah sie nur mit großen Augen an.
    »Das hat doch keinen Sinn«, zischte Fédéric, als das Kalokardos sich erneut dem Heu zuwandte. »Es versteht dich ebenso wenig wie eine Kuh!«
    »Doch, tut es!«, beharrte Julie. Sie beugte sich vor und kraulte das weiche Fell, das im Dunklen matt schimmerte.
    »Wenn wir diesen Herzkristall so dringend brauchen«, sagte Fédéric halblaut, »dann sollten wir es schlachten, sein Herz nehmen und so schnell wie möglich abhauen!«
    Julie spürte, wie das Kalokardos unter ihrer Hand erschauerte.
    »Das will ich nicht gehört haben, Guyot! Du machst ihm Angst!«
    Fédéric rang dramatisch die Hände. »Worauf hab ich mich nur eingelassen? Ich wünschte, ich wäre bei meinem Vater geblieben, um Schuhe zu besohlen!«
    Julie musste grinsen. »Ich glaub dir kein Wort! Und jetzt sei so nett und warte draußen!«
    Murrend zog sich Fédéric aus dem Wagen zurück, während sie das Kalokardos weiter zwischen den Ohren kraulte.
    Keine Angst, wir tun dir nichts. Bitte, es ist so wichtig für uns! Weißt du, wo wir einen Herzkristall finden können?
    Auf einmal erreichte sie ein Schwall von Gedanken.
    Mädchen gut, helfen, Heu schmeckt mir, Herr auch gut, gibt mir Futter, Herzgeschenk heilt, mag Halfter nicht, keine mehr wie ich, Alis allein, Herr mich aufgezogen, guter Herr, aber wenn schlägt mich, Furcht.
    Es war ganz und gar nicht, wie mit Songe zu »sprechen«. Die Gedanken des Kalokardos waren ungeordnet, und Julie musste sich das herauspicken, was für sie wichtig war.
    Dein Name ist Alis, ja?, fragte sie. Und du bist allein? Schon immer?
    Jäger schießen, Mutter tot, alle tot, ja.
    Armer Alis. Julie, die die Trauer des großen Tiers fühlte, litt mit ihm – noch jemand, der seine Eltern verloren hatte.
    »Was ist denn jetzt?« Fédéric steckte den Kopf durch die Tür ins Wageninnere.
    »Pssst! Ich brauche noch Zeit!«
    Alis, weißt du, wo man einen Herzkristall finden kann?, wiederholte Julie geduldig.
    Nichts weiß nicht Alis.
    Julie schluckte einen Seufzer hinunter, dann streifte sie dem Kalokardos vorsichtig das Halfter ab und zeigte auf die halb offene Käfigtür.
    »Du bist

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