Die Prophezeiung des Adlers
gezogen haben.«
KAPITEL 31
Z wei Nächte später brachte der Schnellsegler, den Vespasian requiriert hatte, die beiden Centurionen zehn Meilen küstenabwärts der unter dem Namen Steintore bekannten Stelle an Land. Cato und Macro trugen graue Tuniken und hatten ihre Schwerter sowie Rationen für drei Tage dabei. Die Anweisungen des neuen Präfekten der Flotte Ravennas waren unmissverständlich. Sie sollten das Gebiet auskundschaften und versuchen, den Stützpunkt der Piraten zu finden, falls er sich wirklich dort befand. Man hatte Ajax neuerliche Qualen versprochen, sollte sich herausstellen, dass er gelogen hatte. Cato und Macro sollten sich jeden Heroismus verkneifen und sichergehen, dass sie nicht vom Feind entdeckt wurden. Der Schnellsegler würde sie in einer abgelegenen Bucht ein paar Meilen näher bei den Steintoren erwarten.
Während die beiden Centurionen die Gegend auskundschafteten, rückte die Flotte unter Vespasian langsam hinter ihnen entlang der Küste vor. Die Kriegsschiffe waren in Kampfbereitschaft versetzt. Alles an Ausrüstung, was Vespasian bei der Operation für überflüssig hielt, wurde beim Landekopf zurückgelassen. Fünf Biremen, die beim Kampf mit Telemachos beschädigt worden waren, wurden am Strand verbrannt, damit sie nicht den Piraten in die Hände fielen. Eine Bireme transportierte jene Männer, die zu schlimm verwundet waren, um bei dem Feldzug noch helfen zu können, nach Ravenna zurück.
Die Flotte sichtete gelegentlich fern am Horizont Segel, aber der Feind gab sich damit zufrieden, sie einfach nur zu beobachten, und riskierte keinen Kampf. Vespasian war sich bewusst, dass die Piraten möglicherweise nicht nur in Ravenna Spione hatten, sondern auch in seiner Truppe, und ordnete an, jede Nacht doppelte Wachen auf den Wällen des Lagers aufzustellen. Die Wachtposten erhielten Befehl, ihre Aufmerksamkeit sowohl nach außen als auch ins Innere des Verteidigungswalls zu richten, falls jemand versuchen sollte, mit den Piraten Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig gab es wenig zu berichten, was die Piraten nicht auch selbst sehen konnten, aber wenn der entscheidende Moment des Feldzugs kam, würde Vespasian rasch zuschlagen und den Feind überraschen müssen. Die Piraten durften nicht vorgewarnt werden.
Vespasian war sich über das Risiko im Klaren, dass der Piratenstützpunkt vielleicht nicht dort lag, wo Ajax es behauptete, aber die Stelle wirkte einleuchtend. In Richtung Risinium war die Küste dicht besiedelt und bot wenig Platz, um eine Piratenflotte zu verbergen. In der entgegengesetzten Richtung entwickelte die Küste sich zu einem Labyrinth von Inseln und tiefen, von abweisenden Bergen gesäumten Buchten. Dorthin mussten sich Telemachos und seine Piraten verkrochen haben. Weit genug von den Handelsstraßen entfernt, um von vorbeifahrenden Schiffen nicht gesehen zu werden, aber doch nah genug, um von dort vorzustoßen und die Überfälle fortzusetzen, die Rom in den letzten Monaten so viel Verdruss bereitet hatten. Falls Ajax’ Bericht zutraf, sollte der Feldzug in wenigen Tagen beendet sein. Erwies sich die Information aber als falsch, würde Vespasian dafür sorgen, dass die nächste Runde des Folterverhörs das richtige Ergebnis erbrachte, wie lange und quälend sie auch immer ausfallen mochte.
Nach einer Nacht im Freien und einem Tag Kletterei über schmale, gewundene Ziegenpfade, immer auf der Hut vor irgendwelchen Anzeichen von Bewohntheit, stießen Macro und Cato auf eine kleine Höhle in der Nähe eines Berggipfels, in der sie für die zweite Nacht Zuflucht fanden. Der Eingang war schmal und durch einen Felsfinger, der vor der Höhle aufragte, vor Blicken aus der Ferne verborgen. Tatsächlich hätten sie die Höhle vollkommen übersehen, hätte der Pfad, dem sie folgten, nicht dicht daran vorbeigeführt. Drinnen wies die Höhle einen abknickenden Zugang zu einer Nische auf, die gerade groß genug war, dass zwei Männer dort ein Feuer entzünden und sich zum Schlafen niederlegen konnten. Sie setzten ihre Bündel ab und ließen sich auf den Boden fallen, um Atem zu schöpfen. Schließlich schüttelte Macro müde den Kopf.
»Warum uns? Warum hat er uns ausgesucht? Inzwischen muss doch auch mal jemand anders an der Reihe sein.«
»Du hast ihn doch gehört«, gab Cato zurück. »Wir sind die besten Leute für diese Aufgabe.«
»Und du glaubst ihm?«, fragte Macro herablassend. »Erinnere mich daran, dir einen gebrauchten Streitwagen zu verkaufen, wenn wir nach Rom
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