Die Prophezeiung des Adlers
zurückkommen.«
»Dem Legaten war es vielleicht ernst damit«, erwiderte Cato steif. »Er hat sich schon früher auf uns verlassen, und wir haben ihn nicht enttäuscht.«
»Moment mal.« Macro setzte sich auf. »Soweit ich mich erinnere, hast du entweder uns beide freiwillig gemeldet, oder er hat uns losgeschickt. Wir sind also entweder einfach Trottel, oder er hält uns für entbehrlich. So oder so ist das nicht die Richtung, die ich mir für meine zukünftige Karriere wünsche – was auch immer noch davon übrig ist.«
Cato schenkte ihm ein schwaches Lächeln. »Jetzt komm schon, willst du mir etwas sagen, dass du das hier nicht genießt?«
»Was? Kein Schlaf seit zwei Tagen, zwanzig Meilen Bergwanderung, mir ist kalt, ich habe Hunger und wir sind vielleicht nur ein paar Meilen vom Lager Hunderter blutrünstiger Piraten entfernt. Was könnte schöner sein?«
»Das klingt schon eher nach meinem Macro!«
»Ach, halt die Klappe … Du genießt es einfach nur, es dir in diesem feuchten, kleinen Loch gemütlich zu machen. Ich mach jetzt verdammt noch mal Feuer.«
Während Macro in dem Gestrüpp, das am Berghang wuchs, Feuerholz sammelte, holte Cato die Ziegenlederkarte, eine Feder und ein kleines Töpfchen Tinte aus seinem Proviantbeutel und breitete alles auf dem Höhlenboden aus. Im nachlassenden Licht, das durch den Höhleneingang einfiel, fügte er der Skizze des Gebiets, die ein Sekretär von einer der Stabskarten auf das Ziegenleder übertragen hatte, neue Einzelheiten hinzu. Sorgfältig trug Cato die Bergkette ein, die sie an diesem Tag überquert hatten, zusammen mit den Pfaden, denen sie gefolgt waren. Dann betrachtete er den entscheidenden Abschnitt der Karte, mit dem sie sich am nächsten Tag befassen würden. Sobald sie den Gipfel des Berges über ihnen erstiegen hatten, würden er und Macro sich die Einfahrt der Bucht genau ansehen und dann den Hang auf der abgewandten Seite des Berges hinabsteigen und sich der Flotte wieder anschließen.
Hinter ihm in der Höhle schlug Macro einen Feuerstein über seiner Zunderbüchse an. Funken flogen auf die angekohlten Leinenfetzen, die darin lagen. Nach ein paar Versuchen fingen sich einige Funken in dem Stoff, und er begann zu glühen. Macro blies vorsichtig darüber, schob die winzige Flamme dann unter das Anmachholz und blies weiter. Schließlich fing das Holz Feuer, und sein Prasseln erfüllte die Höhle.
»So!« Er lehnte sich mit einem Lächeln zurück. »Jetzt wird es bald warm.«
»Gut gemacht.« Cato zwang sich zurückzulächeln. Die aufrichtige Freundschaft, die Macro ihm entgegenbrachte, erfüllte ihn mit schlechtem Gewissen. Als Cato gegenüber Vespasian behauptet hatte, dass Macro sein angebliches Wissen um die Sibyllinischen Schriftrollen teile, hatte er seinen Freund in Gefahr gebracht. Um Macros und ihrer Freundschaft willen war er dem Älteren die Wahrheit schuldig. Er musste ihn in den Inhalt der Schriftrollen und deren Bedeutung einweihen.
»Macro … «
Der Centurio blickte von seinem Feuer auf. »Hmm?«
»Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss. Wegen dieser Schriftrollen, hinter denen Narcissus her ist.«
»Oh.« Macro bemerkte den verlegenen Tonfall seines Freundes. »Was ist denn mit ihnen?«
»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich … «
»Spuck es aus, Mann. Über die Höflichkeiten kannst du dir später noch Gedanken machen.«
»Einverstanden … «
Macro schüttelte den Kopf. »Scheiße noch mal, Cato, jetzt mach schon. Man könnte meinen, du hast vor, mich um meine Hand zu bitten.«
Cato lachte. »Also, darüber habe ich gerade nachgedacht. Als du dich so über das Feuer gebeugt hast, ist mir klar geworden, was für eine gute Ehefrau du abgeben würdest.«
Macro drohte ihm mit dem erhobenen Zeigefinger. »Vorsicht, Junge. Treib es mit einem Scherz nie zu weit.«
»Stimmt, Entschuldigung … «
Macro sah ihn einen Augenblick lang an und seufzte dann. »Was ist nun mit den Schriftrollen?«
»Oh ja, natürlich.« Cato machte es sich bequem und setzte sich mit angezogenen Beinen vors Feuer. »Ich habe herausgefunden, worum es sich dabei handelt. Hast du einmal von den drei Sibyllinischen Büchern gehört?«
Macro verdrehte die Augen und antwortete mit gespielter Geduld: »Ja. Ich denke schon.«
»Und die Geschichte dahinter?«
Macro blickte jetzt zweifelnd drein. »König Tarquinius hat sie doch vom Orakel von Cumae erhalten. Oder? Vor langer Zeit.«
Cato nickte. »Das ist jetzt etwa fünfhundert Jahre her.
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