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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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seiner Seite betrat Vespasian langsam den Raum.
    »Bleibt dort stehen!«, rief Telemachos. »Ein Schritt weiter, und euer Tribun stirbt.«
    Cato schaute zu Vespasian und sah, dass ein Lächeln über dessen Züge huschte. Dann antwortete der Tribun: »Du willst wohl versuchen, einen Handel zu schließen.«
    Telemachos nickte. »Das Leben deines Tribuns für das Leben meines Sohnes und mein eigenes Leben.«
    »Wirklich? Du denkst wohl, dass das Leben des Tribuns mir auch nur einen Pfifferling wert ist.«
    Telemachos runzelte die Stirn. »Ich warne dich, ich werde nicht zögern, ihn töten zu lassen.«
    »Nur zu. Er ist ein Verräter.«
    Kurze Zeit herrschte Schweigen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte Telemachos sich darüber klar zu werden, ob der Präfekt nur bluffte. Dann legte er seinem Sohn die Hand auf die Schulter.
    »Lass ein bisschen Blut fließen.«
    Mit einem aufblitzenden Lächeln ritzte Ajax den Tribun am Hals, und dieser heulte auf, als ein dünnes rotes Blutrinnsal seine Kehle hinunterfloss.
    »Beim nächsten Mal stirbt er«, erklärte Telemachos fest.
    Vespasian stellte seinen Schild ab und stützte sich darauf. »Nur zu. Bring ihn um.«
    Der Tribun blickte Vespasian entsetzt an und flehte mit ersticktem Keuchen: »Um der Götter willen … «
    Vespasian zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, Tribun. Ich wünschte, ich könnte dir hier heraushelfen. Aber du kennst ja die Regeln. Keine Verhandlungen mit Piraten. Außerdem bin ich nicht gekommen, um dein Leben zu retten. Ich suche hier dasselbe, hinter dem du auch her warst.«
    Vitellius starrte zurück und flüsterte: »Du Bastard … «
    Da begriff Telemachos, dass der Präfekt ohne Weiteres bereit war, Vitellius sterben zu sehen. Er schnappte sich eine Flasche mit Lampenöl vom Tisch und schleuderte sie in das Feuer, das auf dem Rost brannte. Die Flasche zerbrach in einem Wirbel von Funken, etwas zischte kurz auf, und dann loderten die Flammen, vom Öl genährt, brüllend auf. Während die anderen vor der Hitzewelle zurückwichen, die durch den Raum schoss, packte Telemachos einen kleinen schwarzen Kasten, klappte ihn auf, ergriff die Schriftrollen, die darin lagen, hielt sie mit ausgestreckten Armen vor sich und trat mit drei schnellen Schritten zum Feuer. Er wandte sich Vespasian zu.
    »Nun gut! Unser Leben für diese Schriftrollen!«
    Vespasian trat einen Schritt vor. Telemachos beugte sich über die Flammen. »Ich kann die hier nicht lange so halten, Römer! Der Handel lautet: unser Leben für die Schriftrollen. Du lässt uns gehen. Dein Wort darauf, oder die Schriftrollen brennen!«
    Vespasians Hand ballte sich um die Schildkante. »Ich kann euch nicht gehen lassen.«
    »Dann verlierst du die Schriftrollen.« Telemachos zuckte zusammen, da die Hitze allmählich seine Hände zu versengen drohte. »Deine letzte Gelegenheit, Römer.«
    Cato blickte vom einen Mann zum anderen und sah, dass beide sich festgelegt hatten. Einen Augenblick lang konnte er nicht glauben, dass Vespasian so leichtsinnig sein würde. Aber dann begriff er. Wenn der Präfekt zuließ, dass die Schriftrollen verbrannten und Vitellius getötet wurde, könnte er alle Schuld auf Vitellius schieben. Schließlich besaß er den Brief des Tribuns, in dem dieser seine Absichten dargelegt hatte. Aber Cato wäre ein toter Mann, sobald Narcissus erfuhr, dass die Schriftrollen vernichtet waren. Macro würde zweifellos dasselbe Schicksal ereilen …
    Cato trat vor. »Augenblick noch.«
    Telemachos und Vespasian wandten sich ihm zu, und Cato fuhr rasch fort: »Die Schriftrollen im Austausch für das Leben deines Sohnes.«
    »Darauf lasse ich mich nicht ein!«, sagte Vespasian mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Herr! Es ist die einzige Möglichkeit, sowohl die Schriftrollen als auch Telemachos in die Hände zu bekommen.«
    »Mein Sohn … «, überlegte Telemachos laut und warf einen Seitenblick auf Ajax. Cato wusste, dass er recht gehabt hatte. Das war die schwache Stelle des Piratenkommandanten: die Liebe zu seinem Sohn. Telemachos’ Blick zuckte zu Vespasian zurück.
    »Mein Sohn für die Schriftrollen?«
    Vespasian starrte ihn mit kalter und gnadenloser Miene an. Ajax wandte sich seinem Vater zu.
    »Nein! Das lasse ich nicht zu! Vater, das kannst du nicht machen!«
    »Sei still!«, fuhr Telemachos ihn an. »Nun, Römer?«
    Vespasian blickte kurz auf die Schriftrollen und nickte dann langsam.
    »Dein Wort, Römer! Gib mir dein Wort!«
    »Du hast mein Wort … «
    »Ahhh!«

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