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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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schlug sich in der Welt des Augenblicks und des Konkreten entschlossen durch und konzentrierte sich auf die Herausforderungen, mit denen er unmittelbar konfrontiert war. Cato empfand das als eine beneidenswerte Perspektive – und am liebsten hätte er sie für sich selbst auch entwickelt. Er verbrachte viel zu viel Zeit damit, über abstrakte Fragen nachzudenken. In der Legion konnte einen so etwas das Leben kosten, sagte er sich, und der Abgrund an Selbstzweifeln, der ihn so oft quälte, klaffte ein weiteres Mal auf. Jetzt, als Centurio, war er sich seiner Schwächen mehr denn je bewusst, und er sehnte sich nach der Wahrhaftigkeit des Lebens, die Macro seiner Ansicht nach genoss.
    »Wenn du die Aussicht jetzt lange genug genossen hast«, unterbrach Macro seine Gedanken, »könnten wir dann allmählich mal weitergehen?«
    »Sicher.« Cato setzte den Stöpsel auf seine Feldflasche, holte tief Luft und hievte sein Bündel wieder auf die Schultern. »Ich bin so weit. Gehen wir.«
    Im Laufe des Nachmittags zog sich der Himmel zu, und schließlich verschwand die Sonne hinter einem traurigen schmutzig grauen Schleier. Als die Centurionen sich weiter von Rom entfernten und den Gürtel von Bauernhöfen und Fabriken hinter sich zurückließen, die ihre Waren in die Hauptstadt lieferten, dünnte der Verkehr allmählich aus. Die Berghänge waren nun waldiger, und es gab weniger Bauernhöfe und andere Gebäude. Als der Abend sich herabsenkte, begann es zu regnen; eiskalte Tropfen, die in die Haut stachen und die beiden Centurionen blitzschnell durchnässten. Macro und Cato machten in einer Taverne am Wegesrand halt, kauften zwei Becher erhitzten Wein, holten ihre Umhänge hervor und legten sie sich um die Schultern.
    Cato blickte durch den Vorhang von Wassertropfen, die vom Strohdach ihrer Zuflucht zur Straße hin herunterklatschten, nach draußen. »Der Regen geht bestimmt nicht schnell vorüber. Wie weit ist es noch nach Ocriculum?«
    Macro dachte einen Augenblick nach. »Drei Stunden.«
    »In drei Stunden ist es dunkel.«
    »Bei diesem Wetter sogar noch früher.«
    Cato warf einen Blick ins Gasthaus zurück. »Wir könnten hier übernachten und die Kolonne morgen einholen.«
    Macro schüttelte den Kopf. »Ich bezahle hier nicht für ein Bett, wenn es ein Stück weiter eine ordentliche Kaserne gibt. Außerdem müssten wir uns morgen früh schinden, um zur Kolonne aufzuschließen. Das bringt nichts. Trink aus, und dann gehen wir.«
    Cato warf ihm einen verärgerten Blick zu und gab dann nach. Es war einfacher, in den nächsten Stunden mit einem durchnässten Macro klarzukommen, als den Rest der Nacht und des folgenden Vormittags sein Gemecker zu ertragen. Mit einem resignierten Seufzer leerte er seinen Becher, genoss noch einmal das wohlige Gefühl im Bauch, schulterte dann sein Bündel und trottete aus dem Gasthaus. Der Regen fiel heftiger denn je in ganzen Silberschnüren, verschleierte die Landschaft und prasselte zischend auf das Straßenpflaster. Sie waren allein unterwegs, wie Cato bemerkte, und mit einem letzten, sehnsüchtigen Blick auf den warmen Schein der Feuerstelle im Gasthaus machte er kehrt und folgte Macros dunkler Gestalt.
    Nachdem sie eine Meile gegangen waren, wurde es für einen Augenblick blendend hell, und unmittelbar darauf krachte ein ohrenbetäubender Donnerschlag.
    Cato zuckte zusammen und rief Macro zu: »Wir sollten uns irgendwo unterstellen.«
    »Was?« Macro grinste. »Unterstellen? Wozu denn? Das ist doch nur ein bisschen Regen.«
    »Ein bisschen Regen?«
    »Richtig. Was ist denn los? Hat das Stadtleben dich schon verweichlicht?«
    »Nein.«
    »Na, dann komm!«, rief Macro über den Lärm hinweg, drehte sich um und marschierte los.
    Cato starrte ihm einen Augenblick lang nach, zuckte dann resigniert mit den Schultern und folgte seinem Freund. Über ihnen grollte der Donner und hallte von den Hängen der Berge wider. Und so hörten sie das Klappern der Pferdehufe und das Rattern der Kutschenräder erst, als die kleine berittene Gruppe sie beinahe schon erreicht hatte. Sie brach unmittelbar hinter den beiden Centurionen aus der Abenddämmerung hervor, und Cato hatte gerade noch Zeit, sich umzudrehen, die Gefahr zu erkennen und sich mit einem Warnschrei für Macro zur Seite zu werfen, da waren die mit Umhängen bekleideten Reiter auch schon da und lenkten ihre Tiere erst im letzten Augenblick zur Seite. Macro hechtete von der Straße herunter und landete ein kleines Stück von Cato entfernt im

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