Die Prophezeiung des Adlers
Straßengraben. Über ihnen galoppierten die Silhouetten von zwei Reitern vorbei, dann ein Gespann, das eine leichte, überdachte Kutsche zog, und anschließend nochmals zwei Reiter. Sie beachteten die beiden Reisenden, die sie von der Straße vertrieben hatten, nicht und jagten ohne Aufenthalt weiter.
»Verdammt!« Macro stemmte sich auf einen Ellbogen. »Ihr Schweine!«
Die Worte wurden vom Sturm davongeweht, und gleich darauf hatte das Dämmerlicht die Kutsche und ihre Eskorte verschluckt, während Macro ihr noch immer Beleidigungen nachschrie. Cato erhob sich aus dem Matsch, sammelte sein Bündel ein und half dann Macro auf. Als beide Männer durchnässt und dreckig wieder auf der Straße standen, beruhigte Macro sich ein wenig.
»Alles in Ordnung mit dir, Cato?«
»Bestens.«
»Wenn wir diese Drecksäcke einholen, werde ich ihnen eine Abreibung verpassen, die sie so bald nicht vergessen werden.«
»Wir werden sie nicht einholen. Nicht bei ihrem Tempo.«
Macro starrte wütend die Straße entlang. »Vielleicht kehren sie über Nacht ja in Ocriculum ein. Dann werden wir schon sehen …«
»Dann los jetzt, oder wir kommen niemals dort an.«
Sie schulterten ihre durchweichten Bündel und gingen über die im niederprasselnden Regen glitzernde Straße weiter.
Die Nacht brach herein und verschluckte das letzte Restchen Tageslicht, doch sie bemerkten es fast nicht, so dunkel war es im Unwetter geworden. Sie erreichten Ocriculum erst zwei Stunden später. Von ihrem Sturz in den Straßengraben waren sie klatschnass und mit Schlamm besudelt, und als sie ins flackernde Licht der überdachten Fackeln beim Stadttor traten, sahen sie wie Bettler aus.
Der Torwächter erhob sich langsam von seiner geschützten Bank unter dem hohen Torgewölbe und steckte die Daumen in den Gürtel.
»Na, so was«, sagte er grinsend. »Was haben wir denn da? Ich nehme einmal an, ihr beiden Landstreicher könnt den Wegzoll bezahlen?«
»Verzieh dich«, knurrte Macro. »Und lass uns durch.«
»Oho.« Der Torwächter blickte finster und fuhr mit der rechten Hand zum Schwertgriff. »Regt euch nicht auf. Zahlt, was ihr schuldig seid, dann könnt ihr die Stadt betreten. Andernfalls … « Er nickte zur Straße hin.
»Nichts da, Freund«, erwiderte Macro. »Wir sind Centurionen im aktiven Dienst. Lass uns durch.«
»Centurionen?« Der Torwächter blickte zweifelnd drein, und Macro zog seinen Umhang zurück, um sein Armeeschwert und die unverkennbare Form seines Bündels an der Tragestange zu zeigen. Der Torwächter schaute Cato an, der, durchweicht, wie er war, sogar noch jünger als seine Jahre aussah. »Der auch?«
»Der auch. Und jetzt lass uns rein.«
»Nun gut.« Der Torwächter nickte zwei Männern am hinteren Ende des Torgewölbes zu, und diese drückten einen der Torflügel gerade weit genug auf, um die beiden Reisenden hindurchzulassen. Macro nickte ihnen dankend zu und stapfte an dem Torwächter vorbei.
Die Marsch-Kaserne lag in geringer Entfernung vom Stadttor. Ein kleiner Torbogen führte auf einen offenen Hof, an dessen einer Seite sich Stallungen befanden, während die anderen drei Seiten von Räumen für die Soldaten eingenommen wurden. Licht schimmerte durch Spalten in den Fensterläden und fiel in mattgelben Streifen auf die Steinplatten. Eine Handvoll überdachte Fackeln bot genug Licht zur Orientierung, nachdem Macro und Cato dem Schreiber am Tor ihre Angaben gemacht und die Wegbeschreibung zu einem der Offiziersräume erhalten hatten. Beim Durchqueren des Hofs blickte Macro auf die Fahrzeuge im Wagenpark: Eine lange Reihe Transportwagen, und dort, am hinteren Ende, ein schlankeres, eleganteres Gefährt. Er blieb so unvermittelt stehen, dass Cato ihn von hinten anrempelte.
»Verdammt! Was soll das denn?«
»Still!«, fuhr Macro ihn an. Er hob die Hand und zeigte nach vorn. »Schau!«
Cato blickte sich um. »Oh … «
Dort stand die Kutsche. Sie war unverkennbar. Es war dasselbe Gefährt, vor dem sie sich ein paar Meilen vor der Stadt in den Straßengraben geflüchtet hatten.
KAPITEL 8
C ato eilte hinter Macro her, als sein Freund durch die Tür der Kaserne brach und die Messe betrat. Es war ein großer Saal, der durch an der Wand befestigte, eiserne Kohlenbecken beheizt und beleuchtet wurde. Es gab eine Theke und mehrere Tische, an denen zwei Dutzend Offiziere
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