Die Prophezeiung des Adlers
schon, Macro. Stelle meine Geduld nicht länger auf die Probe.«
»Die Liberatoren«, meinte Cato ruhig. Die Geheimorganisation von Republikanern, die das Ziel hatten, Kaiser Claudius zu stürzen, bot sich als Verdächtige an.
Vitellius wandte sich ihm zu und zuckte mit den Schultern. »Wer sonst?«
»Na großartig.« Macro schüttelte müde den Kopf. »Genau das, was wir brauchen. Wenn die mitmischen, werden wir noch Angst vor unserem eigenen Schatten bekommen.«
»Ganz recht.« Vitellius fuhr sich mit der Hand durch das geölte Haar und wischte sie dann an seiner Tunika ab. »Ihr seht also, dass wir an mehreren Fronten kämpfen und vorsichtig vorgehen müssen. Zunächst einmal müssen wir dafür sorgen, dass die Verhandlungen sich so lange wie möglich hinziehen. So haben wir Zeit herauszufinden, wer letztlich jene Dritten sind, die ebenfalls hinter den Schriftrollen her sind. Dann können wir gegen sie vorgehen. Unterdessen setzen wir unsere Vorbereitungen für eine amphibische Operation an der Küste Illyricums fort. Wir müssen den Stützpunkt der Piraten finden und zerstören und ihre Schiffe versenken oder erbeuten. Wichtiger aber noch, wir müssen diese Schriftrollen finden. Es ist möglich oder sogar wahrscheinlich, dass die Liberatoren hier in dieser Flotte bereits Sympathisanten oder Mitverschwörer haben. Wenn wir die Piraten in einen Kampf verwickeln, wird das ein schmutziges und verwirrendes Geschäft sein. Das ist die Gelegenheit, bei der die Liberatoren wahrscheinlich versuchen werden, sich die Schriftrollen zu schnappen. Darauf müssen wir achtgeben und sicherstellen, dass wir sie als Erste in die Hände bekommen.«
Macro seufzte. »Das ist dann ja nicht gerade viel verlangt.«
»Nun, es kommt zu den Aufgaben hinzu, die ihr übernehmen müsst, weil ihr verdeckt operiert. Du und Cato, ihr seid zum normalen Dienst abgestellt. Ich möchte, dass ihr eure Pflichten so ernst nehmt, als wäret ihr in der von euch so bewunderten Legion. Ihr müsst das Beste aus euren Marineinfanteristen herausholen, wenn wir im Kampf die Oberhand über die Piraten gewinnen wollen. Außerdem werde ich euch das Kommando über ein Schiff übertragen, sobald die Männer und die Schiffe zur Offensive bereit sind.«
»Das Kommando über ein Schiff?« Macro schüttelte den Kopf. »Herr, ich weiß nicht das Geringste über Schiffe, verdammt.«
»Dann solltest du es besser lernen. Ich würde mir allerdings keine allzu großen Sorgen machen. Die Trierarchen werden das Alltagsgeschäft des Segelns besorgen. Ihr müsst ihnen einfach nur sagen, in welche Richtung es gehen soll, und im Kampf eine Art Galionsfigur abgeben.« Vitellius lächelte. »Das bedeutet, stur wie ein Holzklotz sein, vorne im Schiff stehen und rumbrüllen. Für dich sollte das keine allzu große Herausforderung darstellen, Macro. Jedenfalls werdet ihr die Offiziere der Marineinfanterie und die Trierarchen bei der Besprechung heute Abend kennenlernen. Du kannst jetzt gehen, Centurio Macro. Draußen steht ein Sekretär, der dich zu eurem Quartier führen wird.«
»Jawohl, Herr.« Macro wechselte einen Blick mit Cato, machte dann kehrt, marschierte aus dem Büro und schloss die Tür hinter sich.
Vitellius blickte noch einmal kurz auf die Seekarte und wandte sich dann Cato zu. »Setzen wir uns.«
»Jawohl, Herr.«
Sie gingen zum Schreibtisch des Präfekten zurück, und Cato zog sich einen Stuhl heran. Er zucke leicht zusammen, als die Eisenbeine über die Mosaiksteine quietschten. Er hatte keine Ahnung, warum Vitellius ihn zurückgehalten hatte, und fürchtete das Schlimmste, denn er wusste, wozu dieser Ränke schmiedende Aristokrat fähig war.
Vitellius wusste in der Miene anderer Menschen zu lesen und musterte den jungen Centurio mit kühlem Blick. »Es stört mich nicht, dass du mich so sehr verabscheust, Centurio. Ich verstehe deine Gründe. Aber du musst akzeptieren, dass ich eine Nummer zu groß für dich bin. Wenn du auch nur einen Finger gegen mich erhebst, zertrete ich dich wie eine Küchenschabe. Es wäre allerdings eine Schande, dich töten zu lassen, da du vielversprechend bist und dich Rom noch sehr nützlich erweisen magst. Aber ich muss zuerst auf meine eigenen Interessen achten und mir sicher sein, dass ich mich auf dich verlassen kann, und du keine Gefahr für mich darstellst.«
Cato zuckte mit den Schultern.
»Nun gut, dann schlage ich für die Dauer dieser Angelegenheit einen Waffenstillstand zwischen uns vor. Wir haben es auch so schon
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