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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Rath zögernd die Hand nach Langbards Wange aus. Es sah aus, als wollte er ihn gerne berühren, sich aber nicht traute.
    “Ich habe ihn nur kurz gekannt. Doch kein Mann hat mich in all den Jahren so gut behandelt wie er.”
    Auch wenn sich Maura ärgerte, dass Rath von Langbard sprach, als käme jede Hilfe zu spät – der wehmütige Ton seiner Stimme und die zärtliche Geste rührten ihr Herz.
    “Langbard mag Euch auch. Könnt Ihr mir ein Stück glühende Kohle holen?”
    Rath starrte sie an. “Ein Stück Kohle? Wozu denn das?”
    “Lebensblatt wirkt in heißem Wasser schneller. Ich habe keine Zeit, es anders zu erhitzen.”
    “Oh ja … gut.” Man konnte ihm ansehen, dass er nicht verstand, was sie meinte.
    Aber er sprang auf die Füße und kam einen Augenblick später mit einem halb verkohlten Stück Holz zurück, dessen eines Ende dunkelrot glühte. Er stieß es in das Gefäß, das Maura ihm entgegenhielt. Das Wasser begann zu sprudeln. Eine kleine Dampfwolke stieg auf und verbreitete den Geruch von verbranntem Holz und würzigen Kräutern.
    Maura spürte, wie ihr Herz sofort schneller und stärker zu schlagen begann, als sie den Dampf einatmete. Das hier würde Langbard sicher wieder zu sich bringen.
    “Würdet Ihr ihn aufrichten und seinen Kopf halten, damit ich ihm dies hier einflößen kann?”, bat sie Rath.
    “Maura …”
    “Tut es einfach!”
    Rath zog das qualmende Stück Holz aus dem Gefäß und warf es beiseite. “Es hilft doch nichts. Könnt Ihr das denn nicht sehen?”
    “Ich sagte: Tut es!” Maura war selbst über den schrillen Ton in ihrer Stimme erschrocken.
    Sei nicht so hart mit dem Jungen.
Langbards Worte. Langbards Stimme.
    “Habt Ihr das gehört?”
    “Ich hörte Euch sagen”, knurrte Rath, “'haltet seinen Kopf'. Und jetzt hört mich: Das nützt alles nichts.”
    Doch trotz seines Protests tat er, was sie verlangte.
    Er hat recht, weißt du. Er hat viel mehr Tote in seinem Leben gesehen als du, Liebes.
    “Sei still und trink das!”, fauchte Maura. Selbst wenn sie halb tot waren, ergriffen Männer noch Partei füreinander.
    “Er
ist
still”, sagte Rath mit leiser, aber fester Stimme. “Und er kann nicht mehr trinken.”
    Wie um ihm recht zu geben, rann der Sud genau so schnell aus Langbards Mund, wie Maura ihn ihm einflößte.
    Es tut mir leid, Liebes. Ich wünschte, ich hätte es besser machen können.
    “Aber das hast du doch!” Sie ließ den Schöpflöffel fallen und umschlang Langbard, presste ihre Wange an sein Gesicht. “Niemand hätte es besser machen können!”
    Seine Bartstoppeln kratzen. Er fühlte sich kalt an … leblos.
    “Oh Onkel!” Sie wurde von verzweifeltem Schluchzen geschüttelt und Tränen strömten über ihr Gesicht – mehr Tränen, als sie je in ihrem bisherigen Leben geweint hatte. Doch sie konnten ihren Kummer nicht lindern.
    Maura nahm kaum wahr, dass Rath fort gegangen war, um sie in ihrer Trauer nicht zu stören.
    Eine lange Zeit schien vergangen zu sein, bis sie seine Hand auf ihrer Schulter spürte. Er schüttelte sie energisch.
    “Lasst uns allein!”, schluchzte sie.
    “Nein! Schaut Euch das an!”, drängte er.
    Sie schaute auf. Nicht, dass es sie interessiert hätte, aber vielleicht würde er sie dann in Ruhe lassen.
    Undeutlich sah sie durch einen Schleier von Tränen, dass Rath im hellen Schein des Feuers einen schlanken Gegenstand in der Hand hielt.
    “Wisst Ihr, was das ist?”, fragte er. “Wisst Ihr, was das bedeutet?”
    Etwas Dunkles, Bedrückendes senkte sich auf sie nieder, erdrückte ihren Geist mit Furcht, Kummer, Schuld, Wut und abgrundtiefer Einsamkeit.
    Unwillkürlich schreckte sie zurück. “Ich weiß nicht, was es ist, und ich will es auch gar nicht wissen. Es ist böse. Nehmt es fort!”
    “Es ist böse, auch wenn es jetzt keine Kraft mehr besitzt”, sagte Rath mit gepresster Stimme. Dann warf er das Ding voller Wut ins Feuer. “Es ist ein Bronzestab, in dessen Spitze ein Blutstein eingelassen ist. Das heißt, dass die Echtroi hier gewesen sind. Sie müssen das hier getan haben.”
    Die Echtroi. Maura schauderte.
    Sie kannte die Macht der Todesmagier der Han, welche über das Blutmond-Gebirge herrschten, als hätten sie ihr ganzes Leben lang unter ihrem Schatten gelebt. Ihre schwarzen Roben waren der Stoff, aus dem Mauras Albträume bestanden.
    Rath packte sie am Arm. “Sie könnten zurückkommen. Dann müssen wir so weit wie möglich von hier fort sein.”
    In Maura stieg Wut auf, so heiß wie die

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