Die Prophezeiung von Umbria
Feuersbrunst, die ihr Heim und ihr ganzes bisheriges Leben zerstört hatte. “Das ist alles Eure Schuld! Dass wir Euch Schutz boten, hat uns in Gefahr gebracht. Ich hätte mich von allen Schwierigkeiten fern halten sollen, wie Langbard es gewünscht hat. Ich hätte Euch den Han überlassen sollen.”
Schon seit langem hatte Rath Talward aufgehört, sich Gedanken darüber zu machen, was andere von ihm dachten. In früheren Jahren hatte er ein oder zwei Mal Prügel bezogen, weil er sich für eine Verleumdung oder eine Beleidigung gerächt hatte. Doch nachdem er zu der Meinung gekommen war, dass solche Sticheleien nicht der Mühe wert waren, um auf sie zu reagieren, war er auf dem Ohr taub geworden.
Die bittere Anschuldigung, die Maura ihm entgegenschleuderte, durchbrach seine mühsam aufgebaute Schutzmauer. Zu seiner Verwunderung fühlte er sich verletzt.
“Ihr habt recht.” Er wich Mauras anklagendem Blick nicht aus. “Ihr hättet mich zurücklassen sollen. Aber das ist jetzt nicht mehr zu ändern.”
Ebenso wie Kummer war auch Reue ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte.
Noch immer hielt er Mauras Arm, während er versuchte, sie vom Boden hochzuziehen.
“Wir dürfen hier nicht herumtrödeln. Wenn die Echtroi uns erwischen, werden wir wünschen, die Bluthunde hätten uns damals im Wald in Stücke gerissen.”
“Dann geht doch. Ich werde froh sein, Euch von hinten zu sehen.”
Wenn er es nur könnte! Er stand in ihrer Schuld, denn sie hatte ihm das Leben gerettet. Das gefiel ihm zwar nicht, aber er konnte es nicht so einfach ignorieren. Und dass Langbard so freundlich zu ihm gewesen war und Rath sich für seinen Tod verantwortlich fühlte, verstärkte sein Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein.
Rath kauerte sich neben Maura nieder. “Wenn ich sicher sein könnte, dass sie mich verfolgen und Euch nichts antun, würde ich gehen.” Er deutete mit einer Kopfbewegung auf das brennende Cottage hinter ihnen, dann auf den toten Zauberer. “Aber ich kenne sie zu gut, um mit ihrer Nachlässigkeit zu rechnen. Kommt. Langbard würde nicht wollen, dass Ihr ihnen in die Klauen fallt.”
Rath konnte sehen, dass seine Worte sie endlich erreichten. Auch wenn er gehofft hatte, dass die Erwähnung von Langbards Wünschen sie wach rütteln würde, hatte er mit einer solch heftigen Reaktion nicht gerechnet.
Mauras Augen weiteten sich. Sie schien nach Luft zu ringen. Endlich atmete sie tief durch und verfiel in ein hohes Wimmern. Aus irgendeinem Grund schien seine Warnung sie in noch größere Verzweiflung zu stoßen als Langbards Tod.
Er hatte keine Zeit, sich darüber zu wundern. Was auch immer der Grund für Mauras Entsetzen war, er musste ihn nutzen, um sie von hier fortzubringen.
“Es wird alles gut”, versprach er – was für eine Lüge! “Wie ich mit Langbard abgemacht habe, werde ich Euch zu Eurer Tante bringen. Aber wir müssen jetzt aufbrechen.”
Eine verwirrende Flut von Gefühlen und Gedanken war in ihren Augen zu lesen, bis ihr Blick wieder auf Langbard fiel.
Maura schüttelte den Kopf. “Ich kann ihn nicht verlassen. Nicht so. Er muss richtig beerdigt werden. Wir müssen das Ritual des Hinübergehens abhalten”, murmelte sie.
“Dafür ist keine Zeit!” Rath schüttelte sie heftig. “Wer begräbt uns, wenn uns die Echtroi hier finden? Das Ritual des Hinübergehens ist nichts als dummer Aberglauben. Langbard interessiert es nicht mehr, was hier mit ihm geschieht. Wenn Ihr nicht wollt, dass die Echtroi seinen Körper kriegen, dann lasst ihn mich ins Feuer werfen.”
“Nein!” Schützend breitete Maura die Arme über dem alten Zauberer aus, und Rath wusste, dass sie bis aufs Messer mit ihm kämpfen würde, um zu verhindern, was er vorhatte.
“Er erhält ein würdiges Begräbnis und wenn ich das Grab mit bloßen Händen schaufeln muss. Und er wird das Ritual des Hinübergehens erhalten, um seinet- und meinetwillen. Ich werde es nicht zulassen, dass er verloren ist”, erklärte sie.
Verloren? Rath versuchte sich daran zu erinnern, was er über das Ritual gehört hatte. Es hatte etwas mit dem Hinübergeleiten der Seele ins Jenseits zu tun. Und war nicht die Rede davon gewesen, dass dabei die Erinnerungen des Toten auf den, der um ihn trauert, übergehen werden? Schon bevor die Han das Land eroberten, hatten immer weniger Leute an diese Dinge geglaubt.
Er hatte die Wahl. Er konnte sich Maura über die Schulter werfen und hoffen, dass ihre Schreie ihnen nicht die Echtroi auf die Fersen
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