Die Prophezeiung von Umbria
den Schultergurt mit den vielen Taschen, den sie auf Wunsch Langbards trug. “Was für einen Rat?”
Rath äffte sie nach und zerwühlte die Mähne des Ponys, wie Maura seine Haare zerwühlt hatte. “Flirtet nicht mit einem Mann, außer Ihr wollt, dass er Euer Angebot annimmt.”
“Ich? Flirten mit Euch? Ihr müsst verrückt sein!”
Zweifelnd blickte Rath sie an. “Ich bin mir sicher, Ihr seid viel zu wohl behütet aufgewachsen, um etwas übers Flirten zu wissen. Trotzdem ist es genau das, was Ihr eben gemacht habt. Es kann Euch in ziemliche Schwierigkeiten bringen, wenn Ihr es an einem Mann ausprobiert, der Frauen weniger respektiert als ich.”
“Wenn das Eure Auffassung von Respekt ist, dann bewahre mich der Allgeber vor einem unverschämten Burschen.” Maura war sich nicht bewusst, dass sie die ganze Zeit, während sie ihn anstarrte, die Stelle am Nacken rieb, wo er sie geküsst hatte.
Rath bemerkte es und war sich nicht klar darüber, was es zu bedeuten hatte … wenn es überhaupt etwas zu bedeuten hatte.
“Jemand wird Euch retten müssen, wenn Ihr bis zu unserer Ankunft in Prum nicht gelernt habt, ein bisschen vorsichtiger zu sein.” Seine Stimme klang jetzt ernst. Er wollte nicht, dass Maura seine Warnung für einen Spaß hielt. “Eine ganze Menge Viehtreiber geht in dieser Stadt ein und aus. Verglichen mit ihnen bin ich ein Heiliger.”
Er erwartete, dass sie jetzt beleidigt war, aber sie war es nicht.
Für einen Augenblick senkte sie den Blick. Dann hob sie den Kopf und blickte ihm offen in die Augen. “Ich habe Eure Warnung verstanden. Lasst uns nun unseren Proviant kaufen und dann so schnell wie möglich wieder nach Hause gehen. Ich habe im Cottage noch eine Menge zu tun, wenn wir morgen aufbrechen wollen.”
Rath nickte und zog das Pony am Halfter vorwärts. Den Rest des Weges herrschte zwischen ihnen ein ungemütliches Schweigen.
“Ich hoffe nur, dass Langbards Zauberspruch funktioniert”, brummte Rath vor sich hin, als sie in Sichtweite der Garnison kamen.
“Das tut er. Seit Jahren gehe ich in Windleford ein und aus, und noch niemals hat ein Soldat mich auch nur angeschaut.”
Ihre Worte beruhigten ihn. Schließlich waren die Han auch nur Männer. Wenn sie ein hübsches Mädchen wie Maura ohne Begleitung im Dorf bemerkt hätten, würde sich einer von ihnen ihr sicher genähert haben.
“Außerdem seht Ihr in Langbards altem Gewand und mit frisch gewaschenen Haaren fast respektabel aus.”
“Aber Ihr wisst es natürlich besser.” Er konnte es nicht lassen, sie zu reizen.
“Stimmt”, erwiderte sie und warf ihm einen kurzen Blick zu. “Aber Euer Geheimnis ist bei mir sicher. Vergesst nur nicht, was Langbard gesagt hat. Schlagt die Augen nieder, dann nehmen sie Euch nicht wahr. Tut nichts, womit Ihr ihre Aufmerksamkeit auf Euch zieht.”
“Leicht gesagt.”
Rath erspähte einen jungen Soldaten, der ihnen in der engen Gasse entgegenkam. Der Hund an seiner Seite, dessen kräftige Muskeln sich unter dem glatten schwarzen Fell abzeichneten, zerrte wie wild an der kurzen Kette.
Rath brauchte seine ganze Beherrschung, um nicht sein Messer zu ziehen, das er unter dem Gewand verborgen bei sich trug. Vorsichtshalber zog er das Pony näher zum Rinnstein hin, um dem Soldaten und seinem Hund Platz zu machen. Es fiel ihm nicht leicht, den Unterwürfigen zu spielen. Wenn man außerhalb der Gesellschaft unter lauter verzweifelten Menschen lebte, dann musste man sich eine kühne, prahlerische Haltung zulegen, denn es war gefährlich, Schwäche zu zeigen.
Der Hund knurrte drohend, als er an ihnen vorüberging, doch der Soldat stieß nur einen Fluch in seiner Sprache aus und gab dem Tier einen harten Schlag aufs Ohr. Er verschwendete keinen Blick an sie.
“Gut, gut”, brummte Rath, als sie außer Hörweite waren.
Der Weißen Magie des alten Langbard mochte vielleicht die Furcht erregende Kraft des tödlichen Zaubers der Han fehlen, doch sie erfüllte ihren Zweck. Vielleicht konnte er ja auf der Reise noch einiges darüber lernen, wenn er Augen und Ohren offen hielt.
Sie gingen bis zum Dorfplatz und begannen, das Nötige für die Reise einzukaufen.
Gleich der erste Händler musterte Rath von oben bis unten und meinte zu Maura: “Wie wir gehört haben, habt Ihr und Langbard Besuch bekommen.”
Maura stieß einen leisen Seufzer aus. “Da habt Ihr recht gehört, Master Starbow. Das ist Langbards Neffe Ralf, aus Tarsh.”
“Was Ihr nicht sagt, aus Tarsh? Mein Großvater
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