Die Psychonauten
wunderschönes Bild. Wir sahen alte Schlösser und erreichten schließlich den kleinen Vorort, in dem auch das Internat lag.
Die Zeit war hier zwar nicht stehengeblieben, doch von der Hektik und dem Verkehr der City spürten wir nichts. Viele Bauten besaßen schon einen mediterranen Einschlag. Helle Mauern, verwinkelte Gassen und überall das satte Grün der Pflanzen, die an den Gebäuden hochkrochen. Hotels, Restaurants, Weinstuben, das savoir vivre der Welschen nahm auch uns gefangen.
»Hier läßt es sich leben«, meinte Suko.
»Klar. Nur müssen wir arbeiten.«
»Vielleicht können wir das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.«
»Das glaube ich kaum.«
Wir hatten uns eine Straßenkarte von Lausanne besorgt. Suko dirigierte mich. Es war abgesprochen, nicht bis an das Internat zu fahren. In der Nähe gab es bestimmt ein kleines Restaurant, in dem wir uns mit Claudia Demmi treffen konnten. Außerdem konnten wir beide etwas zu essen gebrauchen. Auch ein Flug und eine Fahrt machen hungrig.
Flach war die Gegend nicht. Ich würde sie eher als ein Voralpenland bezeichnen. Die Straße, die wir fuhren, wand sich in breiten Kurven einen Hang hoch. Felder sahen wir, auch Weinhänge — und mehrere Gebäude, die oberhalb lagen.
Eines davon muß die Ecole du Lac sein.
Wir hielten an und entdeckten auch eine schmale Stichstraße, die zum Bau hochführte. Suko sah das Schild mit der Aufschrift Ecole du Lac.
»Da wären wir genau richtig.«
Ich deutete nach vorn. »Nicht weit ist ein Restaurant.«
»Ich habe auch Hunger.«
Wir waren nicht die einzigen Gäste, die sich auf die zum See hin liegende Terrasse setzten. Einheimische saßen auch zusammen. Für mich immer ein gutes Zeichen. Wo sie saßen und tranken, wurde man nicht so leicht übers Ohr gehauen.
Wir erwischten einen wunderschönen Platz direkt an der Mauer. Auf der Terrasse selbst schützte das Laub der zahlreichen Platanen vor allzu warmen Sonnenstrahlen im Hochsommer. Auch jetzt summten noch Wespen durch die laue Luft. Zahlreiche Spinnweben zitterten im Licht der Sonne und glänzten wie mit Silber angestrichen. Die Wirtin kam zu uns. Sie sah aus wie eine Bergbäuerin. Zu trinken bestellten wir Saft, keinen Wein, den sie uns anbot. Auf der Karte standen nur drei Gerichte.
Ich entschied mich für Fisch aus dem See und einen Salatteller dazu. Suko bestellte ein Gericht aus Käse, Sahne und Nudeln, einen richtigen Dickmacher.
»Und das schaffst du?« fragte ich.
»Aber immer.«
»Na denn.«
Um es vorwegzunehmen, beide Gerichte waren hervorragend. Als die Wirtin sah, wie sehr es uns schmeckte, stiegen wir in ihrer Hochachtung.
»Ein sehr schönes Restaurant haben Sie hier«, sagte ich und nickte.
»Wirklich, auch toll gelegen.«
Sie setzte sich an den Nebentisch und strahlte. »Seit über hundert Jahren in Familienbesitz.«
»Wer hier ißt, weiß warum«, sagte Suko.
Mit der letzten Bemerkung hatte er Madame ein Stichwort geliefert und uns indirekt auch. Sie nickte einige Male. »Es kommen auch viele Einheimische zu uns.«
»Auch Mädchen?«
Sie runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit?«
»Die von der Schule.«
»Ach die.« Sie schlug gegen ihre Stirn und schüttelte den Kopf, so daß die blonden Haare zitterten. »Nein, denen sind wir nicht fein genug. Die verkehren in anderen Lokalen.«
»Discos, nicht?«
»Klar.« Jetzt horchte sie auf. Ein etwa vierzehnjähriger Junge brachte ihr ein Glas. »Danke, Marcel.« Sie wandte sich uns wieder zu. »Haben Sie Interesse an der Schule?«
»Ja, Madame. Deshalb sind wir gekommen.«
»Diplomaten?«
»So ist es.«
»Nun ja…« Sie nahm einen Schluck und kaute den Roten. »Nach Eltern sehen Sie mir nicht gerade aus.«
»Das sind wir auch nicht. Wir müssen nur mit einer jungen Dame sprechen. Sagt Ihnen der Name Claudia Demmi zufällig etwas?«
»Nein, nichts.«
»Das hatten wir uns fast gedacht. Aber die Telefonnummer der Schule haben Sie doch?«
»Sicher…«
»Dürften wir dann mal…?«
»Kommen Sie mit in den Gastraum.«
Suko wollte sitzenbleiben. Ich folgte der freundlichen Wirtin in einen sehr angenehm eingerichteten Gastraum, in dem helles Holz dominierte. Das Telefon stand in der Ecke auf einem kleinen Schränkchen. Die Wirtin war so freundlich, mir die Nummer herauszusuchen, dann verließ sie das Restaurant.
Ich wählte und bekam sofort Verbindung. Eine ziemlieh harte Frauenstimme erklärte mir, daß ich mit dem Sekretariat verbunden war.
»Mein Name ist John Sinclair. Ich
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