Die Psychotherapie der Hildegard von Bingen
großes Blutvergießen auslöst. Jedes Mittel ist ihm recht, um seine politische und finanzielle Gier zu befriedigen.
Die Füße der Habgier sind wie Löwentatzen, weil sie alle ihre Begierden mit bestialischer Brutalität ausführen. Der Geiz trägt ein weißes Kleid mit schwarzen Streifen als Symbol dafür, dass er alle seine Reichtümer und Schätze mit List an sich reißt und sich nicht darum kümmert, woher sie kommen und wem sie gehörten.
Neben der Gestalt steht ein Baum, dessen Wurzeln bis in die Hölle reichen. Er trägt Äpfel aus Pech und Schwefel. Der Geizhals betrachtet gierig den Baum, fasst die Früchte mit Händen, Mund und Füßen und verschlingt sie. Drum herum wimmelt es von schrecklichen winzigen Würmern, die mit ihren Schwänzen riesigen Lärm erzeugen und heftige Bewegungen ausführen, so ähnlich wie Fische, die mit ihren Schwanzflossen auf das Wasser schlagen.
Auf ihrer Brust trägt die Habgier einen schwarzen Geier, weil die Gefräßigkeit der Diebesgüter in ihrer Brust große Wunden schlägt.
Alles dreht sich beim Festhalten um irdische und materielle Dinge, während die himmlischen, unsichtbaren Schätze aus dem Auge verloren werden. Menschen, die dem Geiz verfallen sind, vertrauen nicht auf Gott, sondern auf ihren Reichtum, dem sie sklavisch ausgeliefert sind. Befreien Sie sich vom überflüssigen Luxus, damit er Ihnen nicht zur Last wird und Sie nicht daran ersticken. Werden Sie nicht zum Sklaven Ihrer eigenen Habsucht und Gier!
Die Menschen, die irdische Reichtümer lieben, leben im Koma. Das Geld horten sie auf Banken, denen sie ängstlich misstrauen, wodurch sie ständig in Angst und Schrecken leben.
Als Ausdruck der Verzweiflung versuchen viele alte Menschen die Armut ihrer Seele mit weltlichen Schätzen und Reichtum zu füllen. Geiz und Selbstsucht liefern den Impuls, andere Menschen zu betrügen und auszunützen. Geizkragen haben nie genug. Typisch für den Geizhals ist sein ständiges Gerede, wie tüchtig er im Leben war und wie doch alles nur durch seine Arbeit und Tüchtigkeit existiert:
»Ich bin sehr schlau, jedenfalls schlauer als alle anderen, die ihren Lebensunterhalt von Gott erhoffen. So viel ich kann, reiße ich an mich und sammle es in meinem Tresor. Es ist mir lieber, so viel wie möglich zu besitzen, als andere demütig um Almosen zu bitten. Es kann doch keine Sünde sein, dass ich mir meine Habe von den Menschen nehme, die sowieso schon mehr haben, als sie brauchen … Ich bin rundum glücklich, wenn ich mit meinem Besitz machen kann, was ich will. So brauche ich vor niemandem mehr zu zittern, sondern lebe in Saus und Braus … Mich kann keiner hintergehen und täuschen. Was kann mir schon passieren? Ich bin doch kein Dieb oder Räuber! Ich nehme mir nur, was ich brauche, und verschaffe mir durch meine Kunst, was ich will.«
Habgierige Menschen leben völlig am Sinn des Lebens vorbei, der darin besteht, seine Fähigkeiten und Talente für andere zur Verfügung zu stellen und sie glücklich zu machen.
Heilende Worte und Bild des Loslassens
Gegen die Habgier kämpft die Genügsamkeit. Sie hat in der göttlichen Welt ihre Heimat ganz genau im göttlichen Königspalast. Hier hat sie alles, was der bescheidene Mensch zum Leben braucht. Er ist von Gott selbst zum Gastmahl eingeladen und weist die Raffgier zurecht:
»O du diabolischer Irrtum des Lebens! Wie ein Wolf stürzt du dich gewandt auf deine Beute und schlingst gierig fremdes Eigentum herunter. Aus dir treten bereits dicke Eiterbeutel wie Kamelhöcker heraus. Du bist der offene Rachen eines Wolfes, der alles verschlingt. Mit der Herzlosigkeit bist du in die Tiefe gestürzt und total verlassen von Gott, auf den du ja ohnehin nicht vertraust. Hartherzig und barsch ist dein Verhalten, weil du nicht am Glück deiner Mitmenschen interessiert bist. So wirst du niemals glücklich sein und verkriechst dich wie ein Wurm in sein Erdloch, weil du den unsichtbaren Reichtum des Himmels ablehnst.
Ich aber throne über den Sternen und freue mich an Gottes Güte. Ich liebe den süßen Klang der Pauken, da ich auf Gott vertraue. Wenn ich bei meinem Gott bin, dann küsst mich die Sonne. Wenn ich Gott liebend umarme, schließe ich den Mond in mein Herz. Ich bin mit dem zufrieden, was auf der Erde wächst. Warum soll ich mir mehr wünschen, als was ich brauche? Allen anderen Menschen komme ich mit Hilfsbereitschaft entgegen. Daher sind meine Kleider aus weißer Seide und mit kostbaren Edelsteinen geschmückt. Wenn man
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