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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Weile. Dann fragt er: »Welcher Teil des Kopfes?«
    »Welcher Teil? Der Kopf ist der Kopf, Jack.«
    »Wenn sie von hinten angefahren wurde, würde ich vermuten: hier.« Er legt die Hand an seinen Hinterkopf, dicht über dem Nacken. »Wenn sie quasi vor dem Wagen stand, war es die Stirn. Und wenn sie sich reflexartig umgedreht hat« – er dreht selbst den Kopf –, »dann war es hier.« Er streicht mit den Fingerspitzen an der Seite seines Kopfes entlang, dicht über dem rechten Ohr.
    Flea antwortet nicht. Tatsächlich war es Mistys linke Kopfseite, aber er ist verdammt nah dran. Genau wie sie hat er genug Autounfälle gesehen. Bei dem Aufschlag auf dem Wagendach wäre Misty fast das Ohr abgerissen worden.
    »Okay.« Anscheinend fasst er ihr Schweigen als Zustimmung auf. »Wir können den Kieferknochen für die Identifikation zurückbehalten. Wenn sie den Schädel nicht finden, werden sie annehmen, er ist von einem Fuchs oder einem Dachs verschleppt worden.«
    »Jack, das wird nicht funktionieren . Sie haben keine Kleider, keine persönlichen Gegenstände. Ich habe alles verbrannt.«
    »Und?«
    »Fehlende Kleider sind eine rote Flagge für jeden Rechtsmediziner. Fehlende Kleider bedeuten Sex, bedeuten, jemand anders war da, bedeuten, dass es nichts mit Unterkühlung oder Überdosis zu tun hat. Und keine persönlichen Gegenstände bedeuten Diebstahl, was auf das Gleiche hinausläuft. Man müsste sich schon noch was anderes einfallen lassen, wenn keine Kleider mehr da sind.«
    »Nicht unbedingt. Unterkühlung kann zu so was führen, oder? Dass die Leute verwirrt sind und nicht mehr wissen, ob sie frieren oder ob ihnen heiß ist. Und wenn die Knochen verstreut sind, können die Kleider überall sein. Irgendwo im Gestrüpp oder als Auspolsterung in einem Fuchsbau.«
    Er schiebt seinen Stuhl zurück und steht auf. Er hat seine Jacke noch an, und einen Moment lang sieht sie die Stelle, wo sein Hemd in der Hose steckt. Es ist zerknautscht. Zum ersten Mal kommt ihr der Gedanke, dass er es manchmal nicht leicht hat. Wohnt hier in diesem Cottage und hat seine Sachen nicht ausgepackt. Vielleicht würde er verstehen, was sie ihm über Kisten zu erzählen hat. Und wie wichtig sie sind.
    »Stellen Sie Ihre Tasse hin«, sagt er. »Ich muss Ihnen etwas zeigen.«
    Sie steht auf und folgt ihm in den Garten. Man sieht jetzt besser, weil Licht aus den Fenstern fällt. Er geht in die Garage, und als er herauskommt, hat er einen Spaten in der Hand. Flea sagt kein Wort, als er anfängt zu graben. Dann zieht er ein Paar Einmalhandschuhe aus der Jackentasche, streift sie über die Hände und zieht an etwas Zähem, Organischem, das in der Erde steckt. Flea verschränkt die Arme. Im Laufe der Jahre war sie für die Bergung etlicher Leichen zuständig, im Wasser wie auch an Land, und was Caffery da aufgebuddelt hat, erinnert sie an ein flaches Grab. Sie schaut nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass man sie hier nicht beobachten kann.
    Caffery zieht noch einmal an dem Material, und es springt heraus. Er schüttelt es, und ein paar Erdklumpen fallen herunter. Dann sieht sie, was es ist. Ein Kleid.
    » Was zum …? «
    »Mistys Kleid.«
    »Nein. Das habe ich verbrannt.«
    »Sie haben das Kleid verbrannt, aber wir haben es rekonstruiert. Erinnern Sie sich?«
    Sie erinnert sich. Ein Mädchen kommt die Treppe vor der Rehaklinik herunter und tut, als wäre es stoned . Sie sieht eher aus wie ein Model in einer Shampoo-Werbung, nicht wie eine Drogensüchtige. Flea schüttelt den Kopf und stößt einen leisen Pfiff aus. »Ist es das Kleid, das die Schauspielerin anhatte?«
    »Es ist aus den Räumen des MCIT verschwunden – wahrscheinlich, als wir umgezogen sind. Ein Skandal, wie solche Sachen anscheinend einfach verschwinden können.«
    Er zieht eine Handtasche und ein Paar Sandalen aus der Erde und stellt sie auf den gefrorenen Boden. »Selbst wenn sie einen Forensikspezialisten hinzuziehen, der die Sachen untersucht – was ich bezweifle, denn wem sollte da ein Verdacht kommen, wenn ich die Ermittlungen leite –, wird dieses Material ungefähr dem Profil der Waldgegend entsprechen. Wald oder eine brachliegende Weide mit einer ähnlichen Bodenzusammensetzung. Die Mineralien, die sich in diesen Sachen angereichert haben, werden dazu passen.«
    Er klopft sich den Schmutz von den Händen und wischt sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Na? Kann ich es Ihnen noch leichter machen?«
    Sie schaut ihm in die Augen. »Ich hab’s Ihnen gesagt.

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