Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
dir verspreche, dich nie wieder zu belügen, siehst du dann darüber hinweg, dass ich wie ein behaarter Hobbit aussehe und dazu noch ein Ciderbrauer und ein Baumknutscher bin?«
    Es bleibt lange still. Und als komme die Sonne hinter einer Wolke hervor, fängt Melanie an zu lächeln. »Ach, AJ«, sagt sie traurig. »Begreifst du denn nicht – das ist nicht so wichtig. Du bist es, der mich interessiert. Nicht das, was du anziehst oder trinkst oder isst. Ich interessiere mich nur für dich .«
    Priddy
    Flea fährt hinter Caffery her, und sie hört das Stampfen ihres Pulsschlags in ihren Ohren. Sie hat sich immer leise gefragt, wo Caffery wohl wohnen mag. Sie rechnet mit einem schicken Apartment in den Bristol Docks, in einem von diesen Ökohäusern aus recyceltem Metall und Glas. Stattdessen fährt er hinaus in die Mendips, auf schmalen Landstraßen vorbei an öden, frostverbrannten Feldern, und wird in dem geisterhaften Dorf Priddy langsamer. Hier ist sie immer nur durchgefahren und hat noch nie angehalten. Die Priddy Circles – die berühmten prähistorischen Erdkreise – liegen irgendwo links im Dunkeln. Rechts ragt ein nasser, schmutziger Kletterturm aus Plastik im Garten des Pubs auf, und oben auf der Rutsche steht ein einsames Bierglas, halb voll mit Regenwasser.
    Sie erwartet immer noch, dass eine Villa oder ein verborgener Golfplatz oder eine Einfahrt sich vor ihr auftut, und ist überrascht, als er blinkt und nach links in einen ungepflegten Ascheweg einbiegt, der zu einem strohgedeckten Cottage führt.
    Dies ist Karstland, und im Scheinwerferlicht ist es nicht schwer, die Mulden und Narben der Dolinen im Kalkstein zu erkennen, die durch den sauren Regen und das poröse Grundgestein verursacht wurden. Es ist schlechtes Land, oft überflutet, von Riedgras bewachsen, das das Vieh nicht frisst. Gefährlich ist es auch – jederzeit kann es sich auftun und einen Mann verschlucken, der nicht darauf achtet, wohin er den Fuß setzt. Es ist ganz anders als das, was sie sich vorgestellt hat. Sie sollte erleichtert sein, aber stattdessen bringt es sie aus dem Gleichgewicht. Schon wieder ist Caffery über ihre Erwartungen und Vorurteile einfach hinweggewalzt.
    Sie steigt aus dem Clio, zieht ihre Fleecejacke über und betrachtet die krummen Wände, die tief eingelassenen, steingerahmten Fenster und das graue Strohdach. »Was ist das?«
    Er schlägt seine Wagentür zu. »Das?« Er beäugt das Haus. »Hier wohne ich.«
    Es sieht so klein aus, so heruntergekommen, so zahm. So romantisch. Viele kleine, behagliche Fenster anstelle des Erwarteten: riesige Glaswände, in denen sich Wasser und Großstadtlichter spiegeln. Die größte Gefahr hier, entscheidet sie, ist die Vertrautheit, die sie bei all dem empfindet.
    »Was denn?«, ruft er über sein Wagendach hinweg. »Was ist los?«
    »Nichts.«
    »Es ist gemietet.«
    »Oh«, sagt sie unverbindlich. »Es ist hübsch. Und wo ist der Kaffee?«
    Er schlägt zweimal auf das Autodach und winkt. »Kommen Sie. Wir machen welchen.«
    Sie betreten das Cottage, und drinnen wartet noch eine Überraschung auf sie. Es sieht fast so aus wie bei ihr zu Hause: überall Kartons und Stapel von Notizen und Akten. Ein iPad an seinem Ladegerät lehnt an der Fußleiste in der Diele, unter dem Heizkörper. Die Treppe ist im Wohnzimmer. Sie muss früher hinter einer Wand gelegen haben, aber jetzt hat sie ein offenes Geländer. Ein Pullover hängt über dem unteren Pfosten. Gern würde sie ihn anstarren und die Hinweise aufsaugen, die ein Pullover ihr über den Besitzer geben kann. Aber sie darf kein so nacktes Interesse zeigen, und deshalb begnügt sie sich mit verstohlenen Blicken auf alles von der leeren Flugtasche am Fuße der Treppe bis zu der fast leeren Flasche mit teurem Scotch auf der Fensterbank. Es ist, als wäre sie eine Kamera. Klick, sichert sie alles im Speicher, um es später zu analysieren. Klick – speichern. Klick – speichern.
    Sie geht in die Küche, wo er gerade Milch aus dem Kühlschrank nimmt. Auf dem Herd brodelt eine stählerne Espressokanne. »Wollen Sie umziehen?«, fragt sie.
    »Nein. Ich habe noch nicht ausgepackt.«
    »Wie lange sind Sie jetzt hier?«
    »Keine Ahnung. Zwei Jahre?«
    »Zwei Jahre, und Sie haben noch nicht ausgepackt?« Sie weiß nicht, ob sie höllisch beeindruckt oder unglaublich traurig sein soll. »Das muss so was wie ein Rekord sein.«
    Jetzt sieht er sie an und klappert mit den Lidern, als habe diese Bemerkung ihm klargemacht, wie dumm sie ist.

Weitere Kostenlose Bücher