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Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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zu knacken, aber was half das alles, wenn sie einen Fremden hereinlassen musste, der von ihrer Vergangenheit sprach.
    Vielleicht hätte sie dem Kommissar etwas von dem Anruf von Sonntagnacht erzählen sollen, aber womöglich hätte er sie für verrückt erklärt. Könnte sie sich wirklich geirrt haben? Mittlerweile zweifelte sie selbst an ihrem Verstand.
    Karen sagte doch auch, dass es nicht möglich sei.
    Karen, sie musste sie anrufen. Sie sollte zu ihr kommen, schnell.
    Für einen Moment dachte sie an die Frau auf dem Foto, und ob es da vielleicht eine Ähnlichkeit gab, aber auch hier könnte sie sich täuschen.
    Josie eilte in ihr Schlafzimmer, kauerte sich auf dem Bett zusammen und umarmte all ihre Puppen.
    »Wir sind bei dir«, flüsterten die Amigurumi ihr zu, »hab keine Angst, wir beschützen dich.«

FÜNF
    E r betrachtete ihr Bild auf dem Rechner. Sie lächelte darauf. Wie schön das aussah. Es kam selten vor, dass sich ihr Gesicht entspannte und die Augen strahlten, viel zu selten. Er beugte sich weiter vor, stieß beinahe mit der Stirn gegen den Monitor.
    Er war erregt.
    Es hatte etwas Demütigendes, aber er musste es tun.
    Er öffnete die Gürtelschnalle und knöpfte seine Hose auf, erhob sich halb aus seinem Bürostuhl und streifte sie mitsamt der Unterhose ab, sank zurück und packte sich an.
    Wenn er ihr nur näher sein dürfte. Aber sie war noch immer verstört. Er musste geduldig sein, verständnisvoll.
    Doch Rücksichtnahme war etwas für Verlierer.
    Er war kein Verlierer mehr.
    Er machte an sich rum, schwitzte. Es funktionierte so nicht. Er wollte ihre Stimme, er wollte ihr Haar und ihren Geruch, ihren mageren Körper. Er wollte sie besitzen, stark sein, mächtig, über ihr.
    Es sich jeden Tag mehrmals einhämmern: Bin kein Verlierer, kein Verlierer mehr!
    Er seufzte auf.
    Er kniff für einen Moment die Augen zu, wie beschämend das alles war. Er könnte sie doch anrufen. Es war schon spät, aber vielleicht lag sie noch wach. Bestimmt war sie noch wach, verschwitzt in ihrem Bett, hilflos, halbnackt. Sie litt doch an chronischer Schlaflosigkeit seit dieser Geschichte.
    Diese Geschichte, immerzu diese Geschichte. Wenn sie einmal davon angefangen hatte, fand sie kein Ende.
    Etwas wallte in ihm auf, er konnte es nicht einordnen. War es Wut? Verzweiflung? Eine andere Art der Erregung?
    Er rieb sich über den Mund, seine Hand roch nach ihm selbst, säuerlich und grimmig. Er klickte sich durch seine Dateien, suchte diesen einen speziellen Ordner. Er zögerte, dann tat er es.
    Er öffnete die Bilder.
    Es waren fiese Bilder, aber sie zeigten Wirkung.
    Manchmal tat es gut, sich darauf einzulassen.
    Manchmal war es eine Erleichterung, fies zu sein.
    Er packte sich wieder an, diesmal heftiger, wilder.
    Und er kam.
    Er zog den Hebel vom Bürostuhl und ließ die Lehne nach hinten schnappen. Durch das geöffnete Fenster schaute er zum Nachthimmel hinauf. August, Hitze und Gier. Er fühlte sich schmutzig und schwach.
    Verlierer, dachte er. Und er nahm ein Taschentuch, wischte sich sauber, zerrte die Hose hoch.
    Er klickte sich ins E-Mail-Programm, in der Hoffnung auf gute Nachrichten, Reaktionen auf seinen Film, der im Netz hochgeladen war, sichtbar für alle, wünschte sich spontane Äußerungen, möglichst bewundernd, irgendeine Form der Anerkennung. Doch es gab nur Spam und belangloses Zeug, Zeilen voller Nichtigkeiten von entfernten Bekannten, die ihn langweilten.
    Er schrieb ihr, musste es tun, nur einen kurzen nächtlichen Gruß:
    IN GEDANKEN BEI DIR. NOCH WACH?
HIER SIND EIN PAAR BILDER FÜR DICH.
M
    Er fügte die Anhänge ein, der Cursor zitterte über dem gewissen Ordner. Bilder einer Gefesselten, Geknebelten, Aufnahmen der Pein, die durfte er ihr nicht schicken.
    Plötzlich musste er lächeln. Und wenn er es doch tat?
    Er stellte sich vor, wie sie erschrak, malte sich ihre Augen aus, vor Angst geweitet, den stummen Schrei ihres Mundes, die Lippen, weit aufgerissen.
    Nein, er durfte jetzt keinen Fehler machen.
    Noch immer lächelnd klickte er auf »senden«.
     
    Der Widerschein des Laptops erhellte ihr Gesicht. Wenn sie durch die unendlichen Weiten des Webs kraulte, fühlte sie sich sicherer, denn es lenkte sie ab. Bilder aus der fernen Welt, Gesichter von Millionen, schreiender Konsum, die Blogs und die Nachrichten, und immer wieder kehrte sie zu ihrer eigenen Internetadresse zurück, wo all ihre Amigurumi abgebildet waren, und sie schaute nach, wie viele Besucher sich auf der Seite eingefunden hatten,

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