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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hatte, erweckten immer wieder die Neugier seiner Zunge. Bis das Mädchen mit dem Teller zurückkam, hatte er sich die Worte zurechtgelegt, mit denen er sein Anliegen zur Sprache bringen wollte.
    »Weißt du, ich sitze hier eigentlich immer ziemlich allein«, begann er. Das Mädchen machte ein einigermaßen verblüfftes Gesicht und erwiderte mit jäh erwachendem Mißtrauen: »Das hat Euch doch bisher nicht gestört!«
    »Nein, nein«, sagte Richard hastig, »es ist nur … ich würde gerne wieder einmal an einem Fest teilnehmen, unter Leute kommen, lustig sein. Hier findet doch bald das Zunftfest der Calimala statt, nicht wahr?«
    Die Miene des Mädchens veränderte sich abrupt und ebenso ihr Ton gegenüber Richard.
    »Ich bin nicht dumm«, entgegnete sie scharf. »Feste gibt's in Florenz genügend. Sagt schon, was Ihr wollt und sagt's schnell, weil ich hier nämlich arbeiten muß!«
    Enttäuscht mußte sich Richard eingestehen, da er die subtileren Methoden der Bestechung noch nicht gut beherrschte. Oder lag es an dem Mädchen? Er entschied sich, nunmehr den direkten Weg zu gehen und nahm langsam zwei Silberstücke aus seiner Börse, hielt sie aber so, daß nur das Mädchen sie sehen konnte.
    »Die hier jetzt und doppelt so viel später, wenn du mir sagst, wann in diesem Sommer das Zunftfest der Calimala stattfindet und mir an dem Abend einen Platz hier verschaffst!«
    Damit hatte er sein Angebot gemacht und fühlte sich mit einem Mal merkwürdig verwundbar. Gespannt wartete er auf ihre Reaktion. Das Mädchen faßte unbewußt mit der freien Hand nach ihrem strähnigen geflochtenen braunen Zopf und begann, ihn zu drehen.
    »Gebt mir zuerst das Geld, dann verrate ich's Euch!« verlangte sie plötzlich mit einer überraschend sicheren Stimme. Richard schüttelte den Kopf.
    »Woher weiß ich, daß ich dir trauen kann?«
    »Jetzt hört mir mal zu, Ihr … Ihr Hahn ohne Kamm«, zischte das Mädchen. »Der Teufel ist los für mich bei der Gildenaufsicht, wenn ich Euch so was erzähle, und er«, mit dem Kinn wies sie in Richtung des Wirts, »wirft mich sofort raus, das kann ich Euch sagen. Ihr wollt mir nicht trauen? Heilige Jungfrau, woher soll ich wissen, daß ich Euch trauen kann!«
    Beide schwiegen sie einen Moment, während Richard im Geiste einen wegen der Verschwendung erbosten Eberding und eine vor den Kopf gestoßene Zunft gegen die Möglichkeit des Erfolges abwog. Gerade, als er sich entschieden hatte, das Risiko einzugehen, sagte das Mädchen, indem es sich mit einem Ruck freimachte:
    »Ich weiß, wie wir's machen. Ihr gebt mir eine davon«, sie deutete auf die zwei Silbermünzen in seiner Hand, »und ich erzähl Euch was über die Calimala, was Wichtiges. Und wenn Ihr damit zufrieden seid, dann gebt Ihr mir noch eine Münze, und ich sag Euch, wann sie feiern, abgemacht?«
    Richard überlegte kurz, dann schob er ihr eine der Münzen unter dem Tisch zu. So geschwind, daß es der Wirt nicht sehen konnte, schnappte das Mädchen danach und ließ sie in ihrer Schürze verschwinden. Dann nahm sie den Krug auf, den sie zusammen mit den Tagliatelle auf den Tisch gestellt hatte und beugte sich zu ihm herunter, als wolle sie seinen Becher nachfüllen.
    »Er«, begann sie und Richard verstand, daß sie den Wirt meinte, »hat heute den ganzen Morgen mit seinem Sohn gestritten, weil Marcello nach Paris will, mit Messer Ricci. Sie haben beide so geschrien, daß man's im ganzen Haus hören konnte. Marcello sagt, Messer Ricci hat eine so hohe Position bei den Calimala, und sein Angebot ist einfach zu gut zum Ablehnen. Und der Alte schreit dann dagegen, Ricci hat viel Geld versprochen, aber wo bleiben die Garantien, und was ist das überhaupt für eine seltsame Unternehmung von den Calimala, wenn kein öffentlicher Vertrag bei den Gilden unterzeichnet werden soll.«
    Richard versuchte, sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen. Unternehmungen der Calimala in Frankreich? Sollten derartige Dinge nicht über den Fondaco laufen? War das vielleicht der Grund, warum Messer Ridolfi immer noch nicht mit den Konzessionen für Purpur herausrückte, weil er ein besseres französisches Angebot hatte? Es läge auf der Hand, Meister Eberding einen Hinweis zu geben, aber ihm klangen noch die ständigen Zurechtweisungen im Ohr, und es könnte nicht schaden, dachte Richard ein wenig maliziös, wenn man dem guten Eberding über Augsburg bewiese, daß man seinen Lohn auch verdiente.
    »Weiter«, sagte er so gelassen, wie seine siebzehn Jahre es

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