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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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alle in Gelächter ausbrachen. Doch als Richard nach einem der Becher und dem Krug mit heißem Glühwein griff, die ein Bediensteter ihnen gerade brachte, kreuzte sich sein Blick wieder mit dem Jakobs. Jakob ließ sich ebenfalls einschenken und hob den Becher in einem schweigenden Salut.

13
    H ANS B ASINGER MUSTERTE unzufrieden den Ring, den sein Gehilfe ihm gebracht hatte. »Zuviel Silber«, knurrte er. »Du kannst darauf wetten, daß die Welser, diese Pfennigfuchser, genaue Waagen und Prüfer haben. Versuch's noch mal und diesmal mehr Gold!«
    Fasziniert beobachtete Richard das rötliche gleißende Rinnsal inmitten der schwarzen Gußform. Er hatte diesen Prozeß nun oft genug verfolgt, aber es fesselte ihn jedesmal wieder. »Wie kommt es, daß Anton Welser einen Teil der Mitgift bei Euch bestellt hat?« fragte er Basinger. »Ich hätte gedacht, daß er sich eher die Hand abhacken würde, als einem Verwandten der Fugger Gewinn zuzuspielen, und außerdem zu stolz ist, um seine Tochter nicht mit dem teuersten Geschmeide aus Italien ausstatten zu lassen.«
    Der Gehilfe packte das allmählich erstarrende Metall mit einer Feinzange und trug es vorsichtig zum Amboß, um es glatt zu hämmern. Zufrieden betrachtete ihn Basinger. »Natürlich wird er sich Prunk von den Welschen holen«, antwortete er und grinste. »Schließlich muß er beweisen, daß die Welser nach wie vor die erste Familie Augsburgs sind, besonders nach dem Gloria von Annas Hochzeit. Aber Anton Welser ist auch Bürgermeister, mein Junge, und er will wiedergewählt werden. Da kann er nicht nur Geld an Fremde ausgeben, das mögen die Leute nicht. Also bestellt er auch bei mir.«
    Er lächelte zufrieden in sich hinein, und Richard entging nicht, daß der Goldschmied selbst ein paar Stiefel aus italienischem Leder trug, vermutlich aus Mailand, den feinen Steppstichen nach zu urteilen. Doch er hütete sich, einen diesbezüglichen Kommentar abzugeben. Basinger war nicht ohne Sinn für Humor, aber nur, solange der Witz nicht auf seine Kosten ging.
    »Schließlich«, endete der Vetter der Fugger nun, »bin ich der erste Goldschmied Augsburgs – und das zu werden, war weiß Gott nicht leicht, nach dem Skandal, den sich mein Großvater geleistet hat.«
    Franz Basinger, einer der reichsten Bürger Augsburgs und Münzmeister der Stadt, hatte sich seinerzeit zur Falschmünzerei hinreißen lassen und war im Schuldturm gelandet, aus dem ihn nur der Einfluß seines Schwiegersohns wieder herausholen hatte können. Richard kannte die alte Geschichte, doch er wunderte sich unwillkürlich darüber, daß Hans Basinger sie gerade jetzt ansprach. Vor einigen Tagen hatte ihn Jakob gebeten, ein paar Schmuckstücke zu beurteilen, nichts besonders Kostbares freilich, doch teuer genug, damit sich keine Bürgerin ihrer schämen mußte. Insgeheim sehr erstaunt war Richard diesem Ersuchen nachgekommen; er hatte sich gefragt, warum Jakob nicht seinen Vetter Basinger zu Rate gezogen hatte. Während er den gutgelaunten, feisten Schmied musterte, kam ihm plötzlich eine Erklärung in den Sinn, die seine eigene Stimmung im Nu verdarb. War es möglich, daß Anton Welsers großzügiger Auftrag mehr zu bedeuten hatte? Traute Jakob Hans Basinger nicht mehr?
    Ärgerlich biß sich Richard auf die Zunge. Was hätten die Welser schon von Basinger als Spion? Einer der Buchhalter, einer der Schreiber, ja, aber Basinger? Er sah wieder einmal Gespenster, und außerdem schien es, daß das gegenseitige tiefe Mißtrauen zwischen Fuggern und Welsern auch ihn ergriffen hatte. Der Schmied ritt nur sein Steckenpferd, das war alles; eingedenk des Vergehens seines Großvaters war Hans Basinger leidenschaftlich auf seinen guten Ruf bedacht, besonders was das Legierungsverhältnis seiner Edelmetalle anging, und das Erkennen von Fälschungen lag ihm so sehr am Herzen, daß es zu den ersten Dingen gehörte, die er Richard beigebracht hatte.
    »Ich habe einen neuen Entwurf für Euch«, sagte Richard unvermittelt und holte einige Zeichnungen hervor. »Ihr habt mir doch erzählt, Broschen kämen jetzt mehr und mehr in Mode.« Der Schmied strahlte und griff nach den Papieren.
    Es war einige Wochen später, am 27. Januar 1488, daß Richard aufgefordert wurde, in das Kontor zu kommen. Er unterhielt sich gerade mit einigen Händlern aus Ungarn, die am Vormittag eingetroffen waren. Völlig überrascht war er nicht, denn daß etwas kommen würde, hatte er gespürt. Doch um was es sich handelte … Er bemühte sich, nicht

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