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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wissen, daß keine Stadt, kein Kanton so erfolgreich gewesen war wie Basel.
    Inzwischen war Karl der Kühne tot, und legitimer Erbe aller seiner Ansprüche war kein anderer als der Mann, der seine einzige Tochter geheiratet hatte – Maximilian von Habsburg. Maximilian, der nicht nur Burgund, sondern das gesamte Heilige Römische Reich Deutscher Nation hinter sich hatte, forderte von den Schweizern den Schatz zurück. Niemand hätte geglaubt, daß die Eidgenossen es wagen würden, diesen Schmuck in Maximilians eigenem Herrschaftsbereich zu verkaufen.
    Jakob sagte schneidend: »Es ist zuviel für einige Schmuckstücke, die aus dem Burgunderschatz stammen könnten.«
    Statt einer Antwort lüftete der dritte der Männer, der bis jetzt geschwiegen hatte, seinen Mantel und zog eine kleine Schatulle hervor. Selbstbewußt stellte er sie auf Jakobs marmornen Schreibtisch, klappte den Deckel zurück und holte mehrere dunkle Samtsäckchen heraus. Kunstvoll und langsam entfaltete er eines nach dem anderen.
    Richard stockte der Atem.
    Es waren drei einzelne Stücke, jedes vollkommen. Das erste, was er sehen konnte, war eine weiße Rose, aus feinen Goldplättchen und weißem Email um einen reinen Spinell gebildet.
    »Aus der Mitgift von Karls Gemahlin Margaret von York, der Schwester des damaligen englischen Königs Edward«, erläuterte Hiltbrandt. Richard hatte kaum Zeit, die weiße Rose, Symbol des Hauses York, zu bewundern, da wurde auch schon das nächste sichtbar.
    »Wir nennen es das Gürtelein«, sagte Hiltbrandt. »Ebenfalls aus England. Seht Ihr, die Edelsteine formen den Wahlspruch des englischen Hosenbandordens – Honi soit qui mal y pense .«
    »Vielleicht sollte man nicht vom burgundischen, sondern vom englischen Schatz reden«, murmelte Jakob.
    Richard sah die riesigen, klaren Smaragde, die zwischen den einzelnen Worten angebracht waren, wobei die Worte selbst aus in goldene Lettern gepreßten Smaragden bestanden, sah, wie sich das Rosenmotiv auf der Mitte des Gürtels wiederholte, von dem ein Anhänger herunterhing, der wiederum aus einer weißen Rose bestand, die aus vollkommenen Perlen mit einem smaragdenen Kelch gebildet wurde.
    Die Schweizer ließen sich Zeit mit der Enthüllung des letzten Stücks.
    Es entpuppte sich als ein riesiger, wasserklarer Diamant, größer als jeder, den Richard je gesehen hatte, verbunden mit drei makellosen Rubinen. »Die drei Brüder«, stellte Jakob fest. Schon der Großvater Herzog Karls hatte dieses Stück, das als Agraffe oder Anhänger getragen werden konnte, besessen und damit den Neid aller Fürsten seiner Zeit auf sich gezogen. Ein winziges Lächeln krümmte Gersters Mund.
    »Es ist der Burgunderschatz«, sagte er ruhig.
    Jakob lehnte sich zurück. »Wenn meine Unterhändler sich nicht schon in Basel davon überzeugt hätten, wärt Ihr jetzt nicht hier«, sagte er. »Nichtsdestoweniger handelt es sich um Juwelen, die ich des Königs wegen weder verkaufen noch zeigen kann, eine völlig unrentable Geldanlage also. Folglich sind fünfzigtausend Gulden zuviel. Ich gebe Euch dreißigtausend.«
    Hiltbrandt lief rot an. »Dreißigtausend? Das ist nicht Euer Ernst! Dreißigtausend für die besten Stücke des Burgunderschatzes, wo Eure Unterhändler uns doch den Eindruck vermittelt hatten, wir seien uns längst einig!«
    »Niemand zwingt Euch«, entgegnete Jakob, »an mich zu verkaufen. Es gibt jede Menge prunkliebender Fürsten. Natürlich müßtet Ihr dann mit der Gefahr leben, daß die Eitelkeit dieser Herren es nicht aushält, die Geschmeide nicht zu zeigen, und dann hätten nicht nur sie, sondern auch Ihr einen Krieg mit Maximilian am Hals.«
    Gerster blickte zerstreut zur Decke. »Was würde Maximilian wohl sagen, wenn er wüßte, daß Ihr Euch einen Teil des Schatzes angeeignet habt oder das auch nur vorhattet?«
    Jakob zuckte nicht einmal mit der Wimper. Eisig gab er zurück: »Er wäre nicht sehr erfreut. Aber wenn Ihr es darauf anlegt … Nun, ich glaube, er wäre noch weniger erfreut, kein Geld mehr von mir zu bekommen, ganz abgesehen von den Schulden, die Euer Stadtrat bei meinem Unternehmen hat.«
    »In Ordnung«, Gerster setzte sich zurecht, »lassen wir diese Spielchen. Wie wäre es mit 47.900 Gulden?«
    Richard hörte zu, wie Jakob die Schweizer unter vielen gegenseitigen Bissigkeiten und Anspielungen auf vierzigtausend herunterhandelte, starrte auf die Juwelen und überlegte fieberhaft, was er sagen sollte, wenn die Reihe an ihm war. Es waren die schönsten

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