Die purpurnen Flüsse
scho n einma l ei n Mor d stattgefunden . De r Mor d a n Sylvain Hérault . Di e Teufe l hatte n zuers t de n »starke n Mann « de r Familie beseitig t un d dan n di e Fraue n auf s Kor n genommen . Fabienne Hérault . Judit h Hérault.
Sein e Gedanke n rasten . »Un d i m Krankenhaus , wa s has t d u dort entdeckt? « fragt e er.
»Da s is t mein e zweit e Bombe . Ic h hab e da s Geburtenregiste r aus de m Jah r zweiundsiebzi g geprüft . Di e Seit e vo m 23 . Ma i ist herausgerissen.«
Kari m hatt e ei n Déjà-vu-Erlebni s – ein e fern e Erinnerun g aus eine m andere n Leben : ei n Leben , da s au f wenig e Stunden zusammengeschrumpf t war.
»Abe r da s is t noc h nich t da s Merkwürdigste« , fuh r Astie r fort . »Ich wa r auc h i m Archi v un d ha b mi r di e medizinische n Angabe n über di e Neugeborene n angesehen . Ei n wahre s Labyrinth , abe r diesmal wurd e ic h fündig . Judith s Akt e fan d ic h ohn e weiteres . D u verstehst, wa s da s bedeutet , oder ? E s sieh t s o aus , al s o b i n de r Nach t damals etwa s andere s passier t wäre , ei n Ereignis , da s zwa r in s allgemeine Registe r eingetrage n wurde , abe r nich t i n di e persönlich e Akt e des Kindes . Di e Seit e wurd e vernichtet , u m da s mysteriös e Ereigni s aus de r Wel t z u schaffen , nich t u m di e Gebur t de s kleine n Mädchen s zu verheimlichen . Ic h ha b mi t ei n paa r Nachtschwester n gesprochen, abe r di e ware n vie l z u jun g fü r di e Geschichte n vo n Onke l Astie r …« Hinte r de n flapsige n Worte n hört e Kari m trot z de r Störunge n in de r Verbindun g ein e tief e Beklemmun g heraus . E r dankt e ih m und legt e auf.
Vo r ihm , i n knap p vierhunder t Meter n Entfernung , ragt e bereit s die grasbewachsen e Mass e de s Hügel s auf . Dor t obe n erwartet e ih n die Wahrheit.
53
Da s Haus , i n de m Fabienn e Héraul t wohnte , stan d au f de r Spitze de s Hügels . Bruchsteinmauern , dunkl e Fenster . De r Rege n hatte aufgehört , un d bleich e Wolke n zoge n übe r de n schwarze n Himmel. Übe r de n Hänge n de s Hügel s schwebte n Nebelfetzen , sons t war ringsu m alle s kahl , ein e Steinwüste . Nicht s un d nieman d i m Umkreis vo n zwanzi g Kilometern . Kari m stellt e de n Wage n a b un d stie g den schmale n Pfa d hinauf . Diese r Wohnor t lie ß ih n a n da s Hau s denken, i n de m di e Fra u i n Sarza c gewohn t hatt e – di e gro b behauene n Steine verliehe n ih m ein e gewiss e Ähnlichkei t mi t eine m keltischen Heiligtum . Nebe n de m Hau s prangt e ein e riesig e weiße Satellitenschüssel . E r zo g sein e Waffe . Un d erinnert e sich , daß bereit s ein e Kuge l i m Lau f war . De r Gedank e beruhigt e ihn.
Eh e e r au f di e Tü r zuging , inspiziert e e r di e Garage , i n de r ein abgedeckte r Volv o stand . Unverschlossen . E r öffnet e die Motorhaub e un d entfernt e mi t wenige n routinierte n Geste n die Zündkabel . Wen n di e Sach e nich t lie f wi e geplant , konnt e Fabienne Héraul t sic h wenigsten s nich t au s de m Stau b machen . E r gin g zur Tü r un d klopft e ei n paarmal , dan n tra t e r zurück , di e Waff e i n der Hand . Kurz e Zei t späte r gin g ei n Lich t an , un d di e Tü r öffnet e sich. Ohn e da s Geräusc h eine s herumgedrehte n Schlüssels , ohn e Kette. Fabienn e Héraul t lebt e nich t meh r i n Argwohn . Kari m verbar g seine Waff e un d tra t in s Licht . Vo r ih m stan d ein e Frau , s o gro ß wi e er selbst , di e ih n ansah . Breit e Schultern , ein e durchscheinend e Haut un d seh r regelmäßig e Züg e unte r eine r dunkle n krause n Haarmähne. Ein e Brill e mi t massive m Rahmen , beinah e s o dic k wi e Bambus . Ein sanftes , verträumtes , fas t geistesabwesende s Gesicht , da s Karim nich t z u beschreibe n vermoch t hätte . »Polizei . Lieutenan t Karim Abdouf« , stellt e e r sic h vor . De r Ausdruc k de r Fra u wa r nich t im geringste n erstaunt . Übe r de n Ran d de r Brill e hinwe g mustert e sie Kari m un d schüttelt e leich t de n Kopf . Dan n senkt e si e de n Blic k auf di e Hand , di e unte r de r Jack e ein e Pistol e hielt . Abdou f meint e durch di e Gläse r ei n spöttische s Funkel n z u sehen.
»Wa s wolle n Si e den n mitte n i n de r Nacht? « fragt e si e mi t tiefer, warme r Stimme.
Kari m stan d reglo s da , wi e versteiner t i n de r nächtliche n Stille diese r abgelegene n Gegend . »Eintreten . Zunächs t einmal. « Di e Frau lächelt e un d lie ß ih n herein.
Di e Fensterläde n
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