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Die purpurnen Flüsse

Titel: Die purpurnen Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Kindergesichter . E r sucht e Judith , fan d sie , un d die Schuppe n fiele n ih m vo n de n Augen . Insgehei m hatt e e r damit gerechne t – e s wa r di e einzi g möglich e Erklärung . Trotzde m begriff e r nicht . »Judit h wa r als o kei n Einzelkind? « fragt e er . »J a un d nein.«
    »J a un d nein ? Wa s … wa s sol l den n da s heißen ? Erkläre n Sie’s mir.«
    »Ic h kan n Ihne n nicht s erklären . Ic h kan n Ihne n nu r erzählen , wie da s Unerklärlich e mei n Lebe n zerstör t hat.«

XI

54

    Di e Kellergewölb e de s Klinikums , i n dene n da s Archiv untergebrach t war , ertranke n i n eine m Ozea n vo n Papier . Eine r Flut vo n Akten , zusammengepreßt , geschnürt , aufgebläht , di e sic h in wütende n Welle n entlan g de n umliegende n Wände n türmte n un d auf de m Bode n Insel n au s übereinandergestapelte n Pakete n bildeten, durc h schmal e Durchgäng e voneinande r getrennt . Dahinte r erhoben sic h di e Dokument e z u regelrechte n Mauer n un d verlore n sic h in blasse n Fluchtlinien , beleuchte t vo m Neonlicht.
    Niéman s stie g übe r etlich e Stape l hinwe g un d betra t de n ersten Gang . U m da s Gebirg e au s Schrif t a m Einstur z z u hindern , waren lang e horizontal e Netz e gespann t worden . De r Kommissar , de r an de n Aktenstöße n entlangging , wa r i n Gedanke n noc h be i Fann y und de r zeitentrückte n Stunde , di e e r mi t ih r erleb t hatte . Ih r lächerndes Gesich t i m Halbdunkel , ihr e zerkratzt e Hand , di e ein e Lampe löschte , Ausschnitt e dunkle r Haut , zwe i klein e bläulich e Flammen, di e i n de r Dunkelhei t funkelte n – Fanny s Augen , di e voller Zärtlichkei t waren . Ei n verschwommene s Fresko , de m Blick entzogen , luftig e Arabesken , Geste n un d geflüstert e Worte , flüchtige Augenblick e un d zugleic h ein e Ewigkeit . Wievie l Zei t war vergangen , währen d e r i n ihre n Arme n lag ? Niéman s hätt e e s nicht z u sage n gewußt . Doc h seine n Lippen , seine r geschundene n Haut hatt e sic h ein e Ar t Tätowierun g eingeprägt , ei n uralte s Siegel , das ih n selbs t erstaunte . Fann y hatt e e s verstanden , vergessen e Gefühle i n ih m z u wecken , hatt e ih m längs t verlore n geglaubt e Geheimnisse entlockt , di e ih n jetzt , nachde m si e wiede r zu m Lebe n erwacht waren , tie f verstörten . Mitte n i n diese m Grauen , a m Ran d seiner Ermittlunge n i n eine r Seri e abscheuliche r Morde , fan d e r diese Zärtlichkei t de s Herzens?
    E r konzentriert e sich . E r wußte , w o sic h di e gesuchte n Akten befande n – e r hatt e mi t de m Archiva r telefoniert , de r ihm , obwohl au s de m Schla f geschreckt , seh r präzis e Auskünft e erteil t hatte. Niéman s gin g zwische n Stapel n hindurch , bo g u m ein e Ecke , ging noc h ei n Stück , un d endlic h hatt e e r de n beschriebene n Karton gefunden , ein e Schachte l au s Papp e i n eine r vergitterte n Nische, versperr t mi t eine m Vorhängeschloß . De r Nachtportie r des Klinikum s hatt e ih m de n Schlüsse l gegeben . Wen n dies e alten Unterlage n tatsächlic h »bedeutungslos « waren , waru m wurde n sie dan n s o sorgfälti g verwahrt ? Niéman s schlo ß di e Gittertü r auf , hob de n Decke l de s Karton s ab , nah m ei n Bünde l Blätte r herau s und began n z u lesen . Namen , Daten , Bemerkunge n von Säuglingsschwestern : Au f diese n Geburtsscheine n waren Familienname , Gewicht , Größ e un d Blutgrupp e jede s Neugeborenen vermerkt , i n manche n Fälle n auc h de r Muttermilchersatz , de n ein Kin d bekomme n hatt e – unte r Angab e vo n Meng e un d Markenname de s Erzeugnisses . E r sa h sic h jede s Blat t a n – e s ware n einige Hunder t au s eine m Zeitrau m vo n meh r al s fünfzi g Jahren . Kein einzige r Nam e sagt e ih m etwas , kei n Datu m weckt e irgendeine Assoziation . Niéman s beschloß , dies e Blätte r mi t den Geburtsscheine n i n de n Originalakte n de r Neugeborene n zu vergleichen , di e sic h ebenfall s irgendw o i n diese m Archi v befinden mußten . Nac h erstaunlic h kurze m Suche n fan d e r si e un d zo g etwa fünfzi g Akte n au s de m Stoß . Sei n Gesich t wa r schweißüberströmt, au s seine r Polarjack e stiege n Hitzewelle n empor . E r räumt e einen Tisc h ab , legt e mehrer e Akte n nebeneinande r un d schlu g si e auf , so da ß e r di e jeweil s erst e Seit e mi t de n Einzelblätter n vergleichen konnte . Fälschungen.
    Scho n ei n kurze r Vergleic h bewie s fraglos , da ß di e

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