Die purpurnen Flüsse
. Ein e Atmosphäre biedere r Behaglichkeit , de r Rahme n eine s eintönigen , engstirnigen Alltags . E r streift e Latexhandschuh e übe r un d durchsucht e vorsichtig di e Schubladen . Si e enthielte n nicht s Interessantes . Versilbertes Besteck , bestickt e Taschentücher , persönlich e Dokumente: Steuerbescheide , Formular e de r staatliche n Krankenversicherun g … Niéman s durchblättert e rasc h di e Papier e un d inspizierte anschließen d de n Res t de r Einrichtung . Vergeblich . E s wa r das Wohnzimme r eine r Famili e ohn e Geschichte . Niéman s gin g i n den obere n Stoc k hinauf.
Au f Anhie b fan d e r da s Schlafzimme r vo n Philipp e Sertys. Tierposte r a n de n Wänden , Stape l vo n Illustrierte n au f eine r Truhe, Fernsehprogrammzeitschriften : alle s i n diese m Rau m deutet e auf ein e bedrückend e geistig e Leer e hin . Niéman s began n mi t einer gründlichere n Durchsuchung . Bi s au f einig e Details , di e vo n einer ausschließlic h nächtliche n Existen z zeugten , fan d e r nichts . Auf eine m Rega l reihte n sic h Lampe n verschiedene r Ar t un d Stärke aneinander , al s hätt e de r Man n versucht , di e unterschiedliehen Lichtverhältniss e jede r Jahreszei t nachzustelle n – den n vom Tageslich t de r Außenwel t schottet e e r sic h durc h schwere , fugenlose Fensterläde n un d schwarz e Augenmaske n ab . Serty s lit t entweder unte r massive n Schlafstörungen , ode r e r besa ß di e Natu r eines Vampirs , de r nich t di e geringst e Helligkei t erträgt . Niéman s spähte unte r di e Bettdecke , di e Laken , di e Matratze , fuh r mi t de n Händen unte r de n Teppich , stric h übe r di e tapezierte n Wände . E r fan d nichts. Vo r alle m keine n Hinwei s au f di e Existen z eine r Fra u i n Sertys’ Leben.
E r war f noc h eine n Blic k in s Zimme r de r Mutter , ohn e sic h allzu lang e dari n aufzuhalten , den n inzwische n schlu g ih m di e drückende Atmosphär e diese s Hause s auf s Gemüt . E r gin g hinunte r ins Erdgeschoß , inspiziert e kur z di e Küche , da s Bad , de n Keller . Völlig umsonst.
Drauße n weht e de r Win d mi t unverminderte r Stärk e un d rüttelt e an de n Scheiben.
E r löscht e sein e Taschenlamp e un d empfan d eine n unerwartet angenehme n Schauer . Da s Gefüh l eine s geräuschlose n Eindringens, eine r geheime n Zuflucht.
Niéman s dacht e nach . E r konnt e sic h nich t täuschen . Nich t i n dem Ausmaß . Irgendw o mußt e e r hie r eine n Hinweis , ei n Zeichen aufspüren , wa s auc h imme r e s war . J e meh r e r sic h z u irre n schien, dest o meh r wuch s i n ih m di e Überzeugung , da ß e r i n Wahrhei t recht hatt e – da ß e s ei n Geheimni s aufzudecke n gab , da ß zwische n Caillois un d Serty s ein e Verbindun g bestand . De r Kommissa r hatt e eine ander e Idee.
Di e Garderob e fü r di e Mitarbeite r de s Klinikum s wa r i n bleiernen Farbtöne n gehalten . Wi e ein e Kompani e Soldate n reiht e sic h ein Spin d a n de n anderen , i n zähneknirschender , prekärer Habtachtstellung . Kei n Mensc h wa r z u sehen . Niéman s bewegt e sich geräuschlo s durc h de n Raum . E r la s di e Name n au f de n kleinen Metallschilder n un d hatt e bal d gefunden , wonac h e r suchte . E r zog wiede r sein e Handschuh e a n un d macht e sic h a m Vorhängeschloß de s Spind s z u schaffen . Erinnerunge n kame n ih m i n de n Sinn : die nächtliche n Einsätze , di e Überfäll e mi t de r vermummte n Trupp e des Antigang-Kommandos . E r sehnt e sic h nich t nac h diese r Zei t zurück. Zwa r liebt e e r e s meh r al s alle s andere , sic h Räum e z u erobern , die entscheidende n Stunde n de r Nach t z u beherrschen , doc h al s echter Eindringling : allein , lautlo s un d heimlich.
Da s Schlo ß klickt e ei n paarmal , dan n ga b e s nach . Niéman s öffnete di e Tü r un d fan d Kittel , Süßigkeiten , alt e Zeitschriften . Un d weitere Lampe n un d Schlafrnasken . E r tastet e di e Wänd e ab , kramt e i n den Winkel n un d achtet e stet s darauf , kein e Geräusch e z u verursachen. Nichts . E r vergewissert e sich , da ß de r Spin d keine n doppelte n Boden hatte.
Niéman s lie ß sic h au f di e Kni e niede r un d flucht e innerlich. Offensichtlic h versteift e e r sic h au f ein e falsch e Fährte : I m Leben diese s junge n Bursche n ga b e s nicht s z u entdecken . Un d i m übrigen wa r e r nich t einma l sicher , o b di e tiefgefroren e Gletscherleiche tatsächlic h Philipp e Serty s wa r –
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