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Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Vielleicht würde sie auch Glück haben
und noch nicht für würdig für ein Geschenk befunden werden? Astyanax schien
ziemlich viel über sie alle zu wissen, also ahnte er sicher schon, dass sie auf
keinen Fall mit den anderen mithalten konnte.
     
    Die Sophora wurde nicht aufgerufen.
Nachdem King seinen Platz in der Reihe wieder eingenommen hatte, hielt Hector
den letzten vortretenden Enforcer mit dessen Gabe zurück. Sein Vater hatte ihm
den mentalen Befehl dazu erteilt. Stattdessen trat Hellga vor. Astyanax
schickte auch ihr einen mentalen Wink und sie nahm den Platz zu seiner Linken
ein, während er langsam auf die kleine Sophora zuging, die mit großen Augen zu
ihm aufsah. Den kleinen süßen Mund zu einer stummen Frage aufgeworfen, die er
ihr nicht zu beantworten gedachte.
    Warum soll ich nicht auch nach vorne kommen? Astyanax beugte sich leicht zu ihr herunter und nahm einen tiefen,
bedeutungsschwangeren Atemzug mit geschlossenen Augen. Er nahm ihren schweren,
bitteren Geruch tief in sich auf. Es erinnerte ihn an gute Tage in den Küchen
seiner Mutter, an frisches Backwerk und die heißen Öfen der Köchin. Und dann
war da diese Süße. Eine verbotene Frucht, die nicht sein durfte und trotzdem
wie Unkraut auf dem Feld seine Spur an ihr hinterlassen hatte. Sie war nicht
mehr rein und keusch. Sie hatte sich verführen lassen.
    Hellga trat einen Schritt von Astyanax fort und
verschränkte die muskelbepackten Walkürenarme vor der breiten Brust. Sie gab
dem Krieger, der sie begleitet hatte, ein Zeichen. Der Enforcer mit der letzten
Gabe durfte endlich vortreten. Hector befahl den anderen, sich zurückzuziehen.
Der Verbliebene würde ihnen augenblicklich folgen.
    „Sophora!“, grollte Astyanax Nico entgegen und seine
Augen leuchteten gefährlich rot in den Höhlen unterhalb seiner hohen Stirn,
bevor sie wieder in das Grau eines stürmischen Himmels übergingen, in dem die
Wolken beständig mit einem unsichtbaren Wind zogen.
    „Zwei Geschenke will ich dir machen.“
    Astyanax hielt Hellga die offene Hand hin und diese
legte einen schwarzen Lederbeutel, der bisher am breiten Gürtel ihres schwarzen
Wamses gehangen hatte, in die von vielen Kämpfen schwielige Handfläche des
alten Mannes, der mit einem Mal noch älter aussah, als er seinen wieder
verschlossenen Blick von Nicolasa löste und sich anschickte, den Beutel zu
öffnen, in dessen Inneren es beständig leise metallisch klimperte.
    „Streck die Hand aus, Sophora!“
    Astyanax griff nach ihrem Handgelenk, als sie es
langsam empor hob und umschlang es fest mit seinem harten Griff und schüttelte
den Inhalt des gesamten Beutels in ihre kleine Hand, die kaum fassen konnte,
was sie dort zu greifen bekam. Nico schrie leise auf. Gequält. Antike Münzen
fielen zu Boden und ihre Hand zitterte so stark, dass nur eine einzige darauf
zurück blieb, obwohl Astyanax sie festhielt. Der Rest ihres zarten, kleinen
Körpers wand sich und wollte sich ihm unter allen Umständen entziehen. Astyanax
packte sie nur noch fester und sprach ganz leise, als er ihr erklärte, was es
mit dem ersten Geschenk auf sich hatte. Nur für sie.
    „Die Münzen des Hades. Ein Geschenk des Fährmannes aus
der Unterwelt. Mein Vater gab sie mir, damit sie eines Tages der Sophora meines
Hauses einen guten Dienst erweisen würden. In jeder Münze steckt der Geist
eines mächtigen Kriegers, eines Dämons, den die Sophora allein mit ihrer Macht
und ihren Fähigkeiten im Guten gegen das Böse lenken würde. Nur eine sehr
starke, keineswegs schwache Sophora ist dazu in der Lage, mit ihnen umzugehen
und die Toten aus der Unterwelt zu beschwören. Eine Münze für einen Geist. –
Ich glaube nicht, dass ich dir diese Münzen jetzt schon geben kann, Sophora. Du
weißt, warum. Dein eigener Geist ist gerade nicht gefestigt. Schon der erste
Dämon, der dir eben in deiner Vision erschienen ist, würde deinen Schutzgeist
töten und dich ebenfalls in den Tod reißen.“
    Die erste Münze, die ihre Hand berührt hatte, war die
mit dem Kopf Luzifers gewesen. Einem schwarzen Engel mit schwarzen Schwingen
und Klauen, die nichts am Leben ließen, was zwischen sie geriet. Ob nun in
einem Körper oder Außerhalb.
    Niemand sammelte das Kleingeld auf. Alle starrten
gebannt auf Astyanax, der Nico gepackt hielt. Diesmal wagte keiner zu sagen, er
täte ihr weh und das ihre weiße Haut empfindlich zu unsichtbaren Blessuren
neigte. Alle wollten wissen, wie die Sophora reagieren würde. Noch lag etwas
auf dem Kissen, dass

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