Die Qualen der Sophora
Bildfläche verschwand. Würde man sie überhaupt beisetzen? Oder
einfach irgendwo in einem Erdloch verscharren? Wenn sie hätte hoffen können, da
draußen auch nur einen einzigen Menschen zu finden, der sie so akzeptieren
konnte, wie sie war, dann hätte sie vielleicht die Flucht riskiert. Aber so… ?
Dragomir grinste verschmitzt und trat an sie heran, um
sie neckend in die Wange zu kneifen, da er sie ja schon seit geraumer Zeit an
Körpergröße überragte. Catalina hielt die Luft an und sah nur ganz kurz zu ihm
auf, damit er nicht sah, wie sehr sie sich danach sehnte, wieder seine Arme um
sich zu spüren. Ein wenig Wärme und Nähe.
„Ich komme von der Besprechung… Der große Boss hat
gesprochen, du und ich, wir gehen jagen! Ist das nicht super?“
Catalina schluckte schwer und sah fassungslos zu ihrem
kleinen Bruder auf, dessen Augen so begeistert aufleuchteten, als wüsste er,
wovon er da sprach. Ihr fehlten die Worte. Sie wollte ihn nicht mit ihren Zweifeln
verletzen, aber alles in ihr wehrte sich, ihn jetzt schon erwachsen werden zu
lassen.
„Hey! Du warst viel jünger als ich, als du das erste
Mal raus bist! Ich kann das! Ich bin ein Mann! Sieh mich nicht so komisch an!“,
regte er sich auf, weil sie seine Begeisterung kein bisschen teilte.
In seinen Augen zog ein Sturm auf und sie konnte ihm
einfach nicht widersprechen, weil er es nicht glauben würde.
Sie schickten mich nur auf die Jagd, weil mein Leben ihnen absolut nichts
wert ist!
Catalina tat so, als würde sie eine fliegende Strähne ihres im Nacken
zusammengebundenen Haares hinter ihr Ohr streichen und zuckte dann hilflos mit
den Schultern.
„Haben wir einen besonderen Auftrag?“, fragte sie mit
einer Stimme, die bar jeden Gefühls war. Er wollte so behandelt werden wie die
vollwertigen Jäger. Sie wollte ihn gerne eine Weile für sich behalten, aber sie
hatte ja gewusst, dass der Zeitpunkt des Abschieds unaufhaltsam nahte.
„Wir fahren nach Mic Frãsinet ! Dort sollen
Vampire ihr Unwesen treiben, die Menschen wagen sich nach Sonnenuntergang nicht
mehr aus ihren Häusern! Einer ihrer Ältesten hat einen Boten geschickt und um
Hilfe gebeten… Das machen wir beide doch mit Links, oder? Jetzt zeig mal ein
wenig mehr Begeisterung für meinen ersten Einsatz!“
Er packte ihre Hand und zog sie die spiralförmige
Treppe nach unten, so dass ihr nichts anderes übrig blieb, als ihrem Bruder zu
folgen. Ihr Einspruch hätte sowieso nichts geändert. Valeriu hätte niemals auf
sie gehört. Sie suchten sich einen Wagen aus der Garage aus und Catalina gönnte
ihm den Spaß, sich ans Steuer setzen zu dürfen. Für solche kleinen
Freudenausbrüche war sie schon viel zu abgestumpft. Sie wollte es einfach nur
hinter sich bringen.
° ° °
Etwa eine halbe Stunde später parkten sie den Wagen
auf einem einsamen Waldweg in bergigem Gelände, da sie den Rest des Weges zu
Fuß gehen mussten. Das Dorf lag abgelegen und außerdem wollten sie nicht
bemerkt werden. Catalina hob den Zeigefinger ihrer inzwischen behandschuhten
Hand an die Lippen und machte Dragomir dann ein Zeichen, dass er ihr so lautlos
wie möglich folgen sollte. Sie war die Ältere und würde vorangehen. Nachdem sie
tiefer in den Kiefernwald eingedrungen waren, spürte Catalina die Veränderung
der Atmosphäre wie einen eisigen Hauch im Nacken. Geduckt und sprungbereit
setzte sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Dann stieg der Geruch von
etwas Beißendem in ihre Nase. Rauch und noch etwas, das ihre Nackenhaare zu
Berge stehen ließ.
Verbrennendes Fleisch.
Nun setzte sie ohne Rücksicht auf Verluste zu einem
Sprint an, der jedoch unterbrochen wurde, als sie ihren Bruder hinter sich
gurgelnd aufschreien hörte. Zeitgleich wurde sie von zwei Schatten
angesprungen, die sie mit voller Wucht auf den feuchten Waldboden drückten.
Catalina keuchte leise und erstarrte, als ihre beiden Angreifer leise knurrend
ihre Köpfe über ihrem Unterleib zusammensteckten. Ihre bleichen Gesichter waren
gut in der Dunkelheit auszumachen und sie konnte die langen Fangzähne im
Mondlicht aufblitzen sehen, von denen der Geifer tropfte. Oder war es das Blut
der wehrlosen Opfer, die sie gerade noch abgeschlachtet hatten?
Catalina verzog angewidert das Gesicht, als der eine
Vampir seine Nase in ihren Schoß zwischen ihre Beine vergrub. Die beiden
gerieten in Streit darüber, wie lange sie an ihr riechen durften, dass sie
genug Gelegenheit hatte, ihre Waffen zu ziehen und ihnen direkt in die Schädel
zu
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