Die Qualen der Sophora
Cousins schlossen meist Wetten
mit dem Gefolge der Besucher ab. Das war ein großer Spaß… für die anderen.
Catalina war so sehr in ihren Gedanken gefangen, dass
sie nicht merkte, wie die Tür aufgerissen wurde, so dass sie den Halt verlor
und ins Zimmer taumelte, bevor sie sich wieder fangen konnte.
„Was willst du hier? Hast du nicht schon genug Unheil angerichtet?!“,
zischte ihre Mutter ihr mit blitzenden Augen entgegen und stellte sich ihr in
den Weg, obwohl sie kleiner als sie selbst war.
Catalina zuckte zurück, wie immer wenn sie ihrer
Mutter gegenüberstand. Sie war eine wunderschöne Frau mit einem Teint wie
Porzellan, schwarzen Haaren und eisig grünen Augen, deren kühler Blick ihr
immer eine Gänsehaut bereitete.
Es fiel ihr wohl nicht besonders schwer, ihre Verwandtschaft zu verleugnen.
Rein äußerlich ähnelten sie sich überhaupt nicht. Sie sah auch Valeriu nicht
ähnlich, da ihre beiden Eltern dunkles Haar besaßen. In ihrer Familie gab es
sonst keine Rothaarigen. Sie kam sich vor wie ein Wechselbalg, das eine Laune
der Natur in Bogdana Tatarescus Wiege abgelegt hatte.
„Ich wollte nicht stören… Nur sehen, wie es Dragomir
geht, bitte!“, bat sie mit leiser Stimme und gen Boden gesenkten Lidern, weil
die Herrin des Hauses es nicht mochte, wenn sie Blickkontakt zu ihr suchte.
Dabei fand sie, dass ihre Augen das einzige Besondere an ihr waren. Sie hatte
eine solche Farbe noch nie gesehen. Höchstens in Schmuckstücken, die die Damen
bei besonderen Festlichkeiten trugen.
„Er schläft, ich möchte nicht, dass du ihn störst!
Dein Anblick würde ihn nur zu sehr aufregen! Glaubst du wirklich, dass du hier
willkommen bist?! Du hättest ihn beinahe getötet! Es hätte dein Gesicht sein
müssen! Du hättest auf ewig entstellt sein sollen, damit jeder gleich sehen
kannst, was für ein verkommenes Subjekt du bist!“
Bogdanas Augen glitzerten vor Tränen, doch die waren vor lauter Wut und
Aufgebrachtheit in ihre Augen geschossen. Es lag keine Trauer darin, nur
selbstgerechter Zorn.
Catalina schaffte es gerade so, nicht in Tränen
auszubrechen, weil sie wusste, dass Bogdana sie dann nur noch verächtlicher
ansehen würde. Sie senkte den Kopf und ging langsam rückwärts in Richtung Tür,
weil sie ihrer Mutter insgeheim Recht gab. Sie hätte nicht so impulsiv handeln
sollen.
„Wer ist da?“, fragte eine verschlafene Stimme und
Bogdana packte Catalina unsanft am Oberarm, um ihr einen Schubs nach draußen zu
geben.
„Niemand, leg dich wieder hin! Du sollst dich doch
ausruhen, denk daran, was die Ärzte gesagt haben!“, sagte Bogdana in Richtung
Schlafzimmer, wobei sie ihr einen warnenden Blick zukommen ließ.
„ Mea lele, ateptare *! Geh nicht! Ich bin nicht
müde, Mutter. Ich habe lange genug im Bett gelegen.“
Ihr kleiner Bruder trat aus dem angrenzenden Schlafzimmer zu ihnen. Er war
angezogen und trug Jeans und T-Shirt, die ziemlich an seinem schlanken Körper
schlackerten. Er hatte abgenommen. Catalina wagte es nicht, den Blick zu heben,
um ihm ins Gesicht zu sehen. (*rum. Warte, Schwester!)
„Ich glaube, ich würde gerne frühstücken, Mutter.
Catalina, du auch?“
„Danke, ich komme gerade aus der Küche…“, murmelte sie
kleinlaut, weil sie ihrer Stimme nicht traute. Dragomir wollte mit ihr
sprechen, unter vier Augen. Ihr Magen drehte sich herum und das Blut wich aus
ihrem Gesicht. Mit seinen Vorwürfen hätte sie gut leben können, aber er schien
ihr verzeihen zu wollen. Das schmerzte mehr als jeder Schlag, den Valeriu
ausgeführt hatte, weil sie das Blut seines Sohnes getrunken hatte.
Es hatte nichts genutzt, immer wieder zu beteuern, dass sie das nicht gewollt
hatte, dass sie niemals den Drang dazu verspürt hatte. Wie konnte es sein, dass
sie von einem Vampir abstammen sollte?
Sie hatte gelernt, dass zwischen Vampiren und Menschen keine solche Verbindung
möglich war.
„Na, schön, Dragomir! Sie soll nicht zu lange bleiben,
wenn ich in fünfzehn Minuten wieder komme, dann sollte sie nicht mehr hier
sein!“, verlangte seine Mutter sehr bestimmt, bevor sie das Zimmer verließ.
„Ich hab dich gestern bei der Feier vermisst, ich
dachte, du würdest in der ersten Reihe stehen, um mich daheim willkommen zu
heißen!“, sagte er ohne jeglichen Vorwurf in der Stimme, während er langsam auf
sie zuging.
„Es… ging nicht… Du weißt doch, dass wir niemals frei
haben… Ich habe den Kürzeren gezogen. Einer musste gehen…“, brachte sie mit
schwacher Stimme hervor, weil
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