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Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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wunderbar wärmendes Gefühl der Zärtlichkeit und der Geborgenheit
vermitteln konnten.
    „Es ist alles gut!“
Nathan machte einen weiteren Versuch, Catalina zu beschwichtigen und zu
trösten. Behutsam streichelte er ihr über den Rücken, während er sie in den
Armen hielt. Ihre Zweifel und ihre Besorgnis, alles verlieren zu können, waren
für ihn nicht weit hergeholt. Zu neu und zu frisch waren ihre jetzigen Lebensumstände
und die Aufgaben, die sie in den Reihen der Immaculates angenommen hatte. Er
konnte nur für sie beide hoffen, dass sie ihm zum gegebenen Zeitpunkt sagte,
wenn ihr doch etwas fehlen sollte. Mehr als ihr altes Zuhause und einen Bruder,
den sie vermisste. Denn irgendwann war sie mit ihren Fähigkeiten mit ihm auf
einer Höhe. Dann würde Nathan sie nicht mehr so leicht zum Sprechen bringen und
er wäre wahrscheinlich hinterrücks vom Balkon gefallen, nachdem die Löwin die
Geduld mit ihm verlor.
    Cat hatte befürchtet, Nathan könnte ihr vorschlagen,
nach ihrem Bruder zu suchen, nur um ihr eine Freude zu bereiten. Sie hatte ihn
noch lange nicht alles sehen lassen. Es gab noch andere Dinge, die sie nicht
vergessen konnte. Aber sie hatte ja gewusst, dass sie Dragomir im Stich lassen
musste. Wäre sie geblieben, dann hätte man sie wohl wirklich getötet. Allein
die Vorstellung, dass ihr kleiner Bruder zu ihrem Henker ernannt hätte werden
können, ließ Cats Eingeweide zu einem eisigen Klumpen werden. Er hätte allen
Grund dazu gehabt, den Hieb mit Freuden auszuführen… Dragomir war nicht mehr
der Junge, den sie mit großgezogen hatte. Heute war er ein erwachsener Mann.
Ein Jäger, für den sie die bevorzugte Beute darstellen würde. Würde er sie
töten, wenn er könnte? Cat wollte diese Gedanken lieber nicht weiter spinnen, es war beruhigend,
dass Nathan sie zu nichts zu drängen versuchte.
     
    „Sag mir einfach nur Bescheid, wenn du doch einmal
unglücklich sein solltest, ja?! Du weißt, dass du an meiner Seite jede Freiheit
hast, die du brauchst. Ich akzeptiere alle Entscheidungen, die du triffst und
würde deine Meinung höchstens mit einem gut gemeinten Ratschlag infrage stellen
aber niemals mit einem Befehl, Catalina. Ich bin garantiert nicht wie mein
Vater.“
Nathans Mundwinkel zuckten leicht nach oben, als er daran dachte, wie viel Mühe
sich Astyanax gegeben hatte, ihn doch ein wenig kriegerischer zu machen. Er
hatte von beiden Elternteilen eine gesunde Mischung abbekommen und er war
gegenüber seinen Feinden sicher genauso gnadenlos wie in diesem Moment
verständnisvoll gegenüber seiner zukünftigen Frau. Er trennte Kriegspfad und
Familie. Zumindest heute in diesen Zeiten, in denen er es besser wusste. Seine
erste Frau hatte da weniger Glück gehabt. Verluste machten einen nachdenklich.
Nathan hatte erst nach dem Tod von Irina und Awendelas Anschluss an die Tri’Ora
das Priesteramt ergriffen. Die Jagd allein reichte kaum aus, um seine inneren
Dämonen zu befriedigen oder gar zu bekämpfen.
    Erst mit Cat an seiner Seite hatte er das Gefühl, das
so etwas wie Ruhe in seinem Leib eingekehrt war. Ohne ihre Hilfe und den
Rückhalt, den sie Awendela vor deren Verbindung geboten hatte und weiterhin
bot, hätten seine Tochter und er kaum so schnell zueinander gefunden. Die
Diskussionen um die Geheimhaltung der Rettungsnacht und Ash hätten viel länger
gedauert. Es wäre vielleicht sogar zum Streit in der Familie und unter den
Kriegern gekommen, sofern Nathan die Möglichkeit gehabt hätte, an irgendetwas
auch nur eine Sekunde zu zweifeln. So aber war er durch und durch ausgeglichen
und es fiel ihm nicht schwer, eine scheinbar stoische Ruhe an den Tag zu legen.
Nicht nur Cat wunderte sich über ihn, manchmal ertappte er sich sogar selbst
dabei.
Und noch etwas war anders. Irina war nie besonders mitteilsam gewesen. Aus ihr
hätte er diesen Alptraum herauspressen müssen wie den Saft aus einer sauren
Zitrone. Cat hatte zwar ebenfalls versucht, vor ihm zu fliehen, aber
kleinbeigegeben, als sie spürte, dass es erstens keinen Zweck hatte und Nathan
zum zweiten wirklich wissen wollte, was in ihr vorging. Sie redeten
miteinander. Offen und ehrlich, ohne sich dabei gegenseitig Verletzungen
zufügen zu wollen.
Es wäre nur zu verständlich gewesen, einander wegzustoßen und mit dem Päckchen,
das man zu tragen hatte, allein fertig zu werden, doch sie taten es nicht.
     
    „Ich hoffe, du kannst mir verzeihen, dass ich deinem
Vater eine runter gehauen habe… Er hat mich in diesem Moment so sehr

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