Die Qualen der Sophora
Handgelenke gefangen hielten und zum Bluten gebracht hatten.
Diesmal kümmerte es ihn herzlich wenig. Der rote Lebenssaft tropfte aus den
Scharnieren und verströmte einen verführerischen Duft, doch der Krieger warf
sie achtlos an die Seite zu den anderen hässlichen Instrumenten, die Edward
Sterling nicht nur aus Vermögensinteresse sammelte. Allein dieser antike Altar,
auf dem Nico lag, musste ein bis zwei Millionen wert sein. Das Ansehen des
Stücks sank allerdings gewaltig im Schein der schändlichen Taten, die sein
Besitzer hier ausgeübt hatte.
„Nico? Nicht einschlafen, hörst du! Nico!“
Nathan und Theron brachten Sterling zu einem
Geständnis, dem Damon halbwegs lauschte. Hier im Keller waren die Distanzen
eben nicht mehr nennenswert. Da bekam man sogar mit, wie Nathan noch einmal mit
einem Finger die Tiefe der Wunde prüfte, die Damon Edward zugefügt hatte. Der
Antiquitätenhändler schrie erbärmlich. Nathan wischte sich lediglich mit unbewegter
Miene, die Rons gleich kam, den verschmierten Handschuh an Sterlings Brust ab.
Endlich öffnete Nico die Augen. Sterlings Schreie
hatten sie wenigstens etwas aus dem Schockzustand holen können, in den sie
verfallen war. In Damons Innerem verkrampfte sich alles vor Schmerz, als sie
ihn an und doch durch ihn hindurchsah, als würde sie ihn gar nicht wahrnehmen
oder wahrnehmen wollen. Sein Gesicht verzog sich mit Zweifeln, weil er sich
schon wieder nicht sicher war, ob er tatsächlich dazu bestimmt war, ihr zu
helfen.
Ein heißer Stich und ein Strom aus scheinbar flüssiger Lava bahnte sich einen
Weg durch seinen Oberkörper. Damon griff sich an die Brust. Genauer gesagt an
die Stelle, in die Hellga die Sichel gerammt hatte. Sein Körper bäumte sich in
kurzem Krampf und er fasste sich mit der anderen Hand stöhnend an den Kopf,
dann war alles vorbei. Keine Zeit für Zweifel.
„Nico?!“ Ihr Name kam kaum geflüstert über seine
Lippen. Mit beiden Händen stützte er sich am Altar ab, um sein Gleichgewicht
zurückzufinden, bevor er sich ihr ein weiteres Mal annäherte.
Ganz behutsam legte er eine Hand an ihre Wange, um
darüber zu streichen. So zärtlich war er bisher noch nie zu ihr gewesen, Nicht
ein einziges Mal. Bei ihrer ersten Begegnung vielleicht, als er zum Abschied ihre
Wange küsste. Dazwischen war allerdings so viel passiert, dass dieser eine gute
Moment zu einem Nichts verblasste. Sie zuckte zusammen. Als könnte sie es nicht
glauben, dass er da war. Dass er lebte. Dann aber verzog sich ihr Gesicht, so
dass er die Hand lieber wieder fort nahm. Er kannte diesen Ausdruck inzwischen
so gut, dass er gleich wusste, was dahinter steckte.
„Er hat sie geschlagen!“, gab Damon an seine Brüder
weiter, die Sterling immer noch in ihrem Griff hatten. „Ins Gesicht! Ich
glaube, ihr Wangenknochen ist angeknackst.“
Er sah nicht hin, um mitzukriegen, wer Edward die
nächste Runde Schmerzen zufügte. In jedem Fall hallte von den Kellerwänden ein
unschönes brechendes Geräusch wieder, das nicht vom Gebälk über ihren Köpfen
stammte. Edward musste keine Angst haben, hier und heute sein Leben zu
verlieren. Er würde einen fairen Prozess bekommen. Was allerdings bis dahin mit
ihm geschah, war von höheren Mächten (namens Theron, Nathan und Salama)
abhängig.
Von dem Schlag war nicht das Geringste in Nicos
puppenhaftem Gesicht mit den riesengroßen, dunklen Augen auszumachen. Es war so
normal wie immer und das machte die Sache so gefährlich. Wenn Sterling sie mit
Schlägen gefügig gemacht hatte, würde es schwierig werden, ihre Verletzungen zu
behandeln. Sie musste so schnell wie möglich zurück ins Castle, wo sich King,
der ihre Blessuren sehen konnte, um sie kümmern musste.
Nico begann zu zittern. Damon zögerte nicht länger,
zog seinen Mantel aus und wickelte sie darin ein. Ihre kleine Statur hätte
dreimal dort hinein gepasst. Erst jetzt fiel ihm bewusst auf, wie winzig sie
eigentlich war und doch so viel stärker als alle anderen.
Er hob sie bedächtig an, um sich neben sie auf den kalten Stein zu setzen und
sie dann in seine Arme zu nehmen, um ihr zusätzlich Wärme zu spenden. Sie saß
nun auf seinem Schoß, nicht mehr auf dem harten, grausamen Altar, doch das
Zittern verstärkte sich. So gut er konnte, versuchte er, sie zu wärmen und
suchte nach tröstenden Worten, die er ihr sagen könnte, doch das Alles wird wieder gut blieb ihm im Hals stecken, weil es aus
seinem Mund wie eine Lüge geklungen hätte.
Der Druck der eisernen Fessel
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