Die Qualen der Sophora
Krieger kannte, würde sie auch von ihnen kaum eine plausible Erklärung auf
all ihre Fragen bekommen. Es sei denn, sie gehörten plötzlich doch zur
geschwätzigen Sorte. Ash war allerdings bei weitem weniger gesprächig
einzustufen als Chryses, der Romana im Ungewissen gelassen hatte. Sie hatte
also keinen Schimmer, was sie von ihm zu erwarten hatte.
Nico, die gute Seele, hatte Ash
inzwischen eine Decke gebracht, nach Damon gesehen und reichte ihr zwei
Päckchen mit Plasma, deren Plastikhülle Wendy ohne zu Zögern mit den eigenen
Fangzähnen durchbrach. Genauso gierig wie Ash ihr Blut getrunken hatte, leerte
sie beide Beutel und lehnte sich dann mit einem erschöpften Aufseufzen zurück
an den Schrank. In Zeitlupentempo konnte man die Bissmale an ihrem Hals heilen
sehen, während Wendy sich ganz darauf konzentrierte, nicht allzu leidend
auszusehen, damit Nico sich nicht zu sehr um sie sorgte.
„Es ist alles gut, Nico!“, sagte Wendy
leise, um sie noch mehr zu beruhigen. Doch ein weiterer Seitenblick auf Ash
genügte, um das gerade getrunkene Blut in Wallung und Awendela in die Stimmung
des Gegenteils zu bringen. Eine weitere Wolke ihres speziellen Paarungsdufts
wehte in den Raum, um sich dort mit allen anderen Gerüchen zu mischen.
Blut, Zimt, Meer, Pfefferminz…
Zitronengras
Ash verfluchte seinen geschwächten
Zustand, als er in Wendys Augen erkannte, dass ihr gerade nur zu klar wurde,
was damals im Hause der Vijaya wirklich passiert war.
Er konnte sehr gut nachvollziehen, dass sie wütend auf ihn wurde, doch das rote
Aufleuchten in ihren Augen erlosch viel zu schnell. Sie sollte ihm eigentlich
ein paar Tritte verpassen, mit Skalpellen nach ihm werfen oder sonst etwas tun,
um ihren aufgestauten Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ihr Zorn wäre mehr als
berechtigt.
Er beobachtete, wie sie sich mühsam aufrichtete und Nicos Hilfe abwehrte. Er
verstand das. Sie wollte sich nie wieder so schwach fühlen wie damals. Dabei
war sie das gar nicht gewesen. Jeder, der so eine Tortur überlebte, hatte ein
für alle Mal bewiesen, wie stark er eigentlich war. Sterben dagegen war so
einfach… Überleben kostete viel mehr Überwindung.
Ash senkte die schweren Lider über seine
aufleuchtenden Augen, als er zusah, wie Wendy die Bisswunden berührte, mit
denen er ihre zarte Haut durchschlagen hatte. Mit aller Macht unterdrückte er
das tiefe Grollen, das in seiner Kehle aufsteigen wollte. Er war Nico
unheimlich dankbar für die Decke, weil allein der Gedanke an den Geschmack
ihres köstlichen Blutes ihn hart wie Stein werden ließ. Er kam sich vor wie ein
Sittenstrolch, der gerade zwei Frauen belästigte, weil er seine körperliche
Reaktion einfach nicht zu unterdrücken vermochte. Sie konnten von Glück sagen,
dass er nicht in der Lage war, sich aufzurichten, ansonsten hätte er sich nicht
von ihr fern halten können. Sie floss siedend heiß durch seine Adern und jede
einzelne Zelle in ihm verlangte nach der Vereinigung.
Hör auf! Denk nicht mal dran! Der Anblick, wie Wendy gierig das Plasma trank, half allerdings nicht, sich zu
beruhigen. Er hätte ihr nur zu gerne angeboten… Als er ihren Paarungsduft tief
in die Lungen einsog, ernüchterte ihn das allerdings ziemlich. Er hatte ihr
diese Reaktion aufgezwungen, die ihr nicht willkommen sein konnte.
Er war dankbar dafür, dass Nico sich wegen all der Aufregung zwischen ihre
Düfte mischte. Das gab dem Ganzen einen Hauch Unschuld, auch wenn von seiner
Seite aus die Gedanken nicht schmutziger sein konnten. Er war ein Mann und ein
Tier. Er konnte nichts dagegen tun, Wendy besitzen zu wollen. Mit Haut und
Haaren. Unmöglich!
„Entschuldigung.“
Wendy senkte verlegen den Blick und zog die langen, schlanken Beine an den
Körper heran. Sie hätte gern die Oberhand gegenüber ihrem Inneren gehabt, doch
auch in ihr schlummerte ein Tier, gegen das sie sich nicht immer erfolgreich
wehren konnte. Sie fühlte sich eben trotz seiner Heimlichtuerei zu Ash hingezogen.
Wendy umschlang ihre Beine mit den Armen und ließ ihren Kopf müde an die Knie
fallen. Ihre Augen brannten, doch sie würde sich erst dann trauen, ungehemmt zu
weinen, wenn sie allein in ihrem Zimmer war.
Ash würde sie sicher verzeihen können. Er
hatte ihr nur helfen wollen. Ihr Vater jedoch hatte sie die ganze Zeit belogen.
Wohl nur, um sie zu schützen. Aber sie brauchte diese Art von Schutz nicht.
Danach fühlte man sich wie erschlagen. Und sollte er etwas gegen eine mögliche
Verbindung zwischen ihr und
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