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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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die Zisternen zu wachen, die Notvorräte für den Fall einer Belagerung. Makor besaß nun mehr als einhundertundachtzig Häuser und innerhalb seiner Mauern die zahlreichste Bevölkerung, die es je erreichen sollte - nahezu vierzehnhundert Menschen; weitere fünfhundert Bauern lebten außerhalb der Mauern, die von zwei Toren aus Eichenholz von Tyros unterbrochen waren. Das eine, immer noch der alte Zugang von Süden her, war jetzt viel breiter als früher und von vier Türmen mit quadratischem Grundriß flankiert. So oft Feinde auch Makor erobert hatten - das Haupttor war nie im Sturm genommen worden. Das zweite Tor befand sich in der nördlichen Mauer. Hier war die Veränderung des Stadtbilds besonders auffallend. Das hatte seinen guten Grund: Mehrmals hatte der Feind die belagerte Stadt dadurch zur Übergabe gezwungen, daß er den Brunnen, der sich ja außerhalb der Mauer befand, besetzte und dann so lange vor der Stadt lag, bis die Zisternen im Stadtinnern leer waren. Nicht dem Feind - dem Durst war Makor erlegen. Deshalb hatten im Jahr 1440 v. Chr. die Stadtväter unter Führung eines willensstarken jungen Mannes namens Uriel beschlossen, den Zugang zum lebenswichtigen Brunnen vom nördlichen Tor her durch zwei dicke Mauern zu schützen und so die Wasserversorgung gewissermaßen in die Stadt einzubeziehen. Außerdem wurde der Gang zwischen den Mauern überdacht, so daß in Zeiten der Belagerung die Frauen Makors in aller Sicherheit zum Brunnen gehen konnten. Infolge dieser Erweiterung nach Norden sah der Grundriß von Makor einem Phallus ähnlich; vielleicht auch aus diesem Grund - so mochte mancher in Makor denken - hatte die Wassermauer ihre Tauglichkeit während mehrerer Belagerungsversuche bewiesen: Die Angreifer mußten wieder abziehen, sobald sie entdeckten, daß sie die Stadt nicht von ihrer Wasserversorgung abschneiden konnten.
    Gegenwärtiger Vertreter der großen alten Familie des Ur war der Baumeister Uriel, derselbe, der die Ältesten überzeugt hatte, die Wassermauer zu bauen. Einundvierzig Jahre alt und besonnener als der durchschnittliche Kanaaniter, war er unbestreitbar der erste Bürger von Makor; ihm gehörten die Olivenhaine im Süden und die Eichenwälder im Osten. Selbst die Baalpriester richteten sich nach ihm. Sie hatten sich anfangs dem Bau der Wassermauer mit der Behauptung widersetzt, Baal werde sich selbst darum sorgen, wenn er wünsche, daß sein Brunnen geschützt sei. Nachdem sich aber Uriels Maßnahme als richtig erwiesen hatte, war aus ihrem Tadel Unterstützung geworden. Makor hatte keinen König mehr; die Dynastie war von den Hyksos ausgerottet worden. Von den alten Rechten und Pflichten der Könige waren so viele auf Uriel übergegangen, daß er selbst fast ein König war. In den amtlichen Aufzeichnungen Ägyptens, das derzeit über das Land herrschte, wurde er als Statthalter bezeichnet. Und auch dieses Amt führte Uriel eher besser als die meisten ägyptischen Beamten in den benachbarten Städten wie Hazor, Megiddo und Akka.
    Uriel trug einen schwarzen, unter dem Kinn rechteckig gestutzten Bart. Er hatte, was zu jener Zeit ungewöhnlich war, nur eine Frau, Rahab, und von ihr nur ein Kind, seinen Sohn Zibeon. Kebsweiber spielten keine sonderliche Rolle in seinem Leben; er hatte zwar mehrere, wie es sich für einen Mann seines Ansehens gehörte, aber um ihre Kinder kümmerte er sich nicht. Und als er älter wurde, hielt er es nicht mehr für nötig, sich mit jüngeren Weibern zu umgeben. Er liebte seine einzige Frau; sie war ihm die rechte Gefährtin und seine kluge Ratgeberin. Und er liebte seine Stadt. Als er jünger gewesen war, hatte er das Heer von Makor geführt - vierhundert wohlbewaffnete Männer -, und von den Ägyptern war er zweimal zum Befehlshaber ihrer in der Gegend ausgehobenen Truppen eingesetzt worden; so war er weit herumgekommen, bis nach Karchemisch und Damaskus, aber immer wieder glücklich nach Makor zurückgekehrt. Er hatte auch dafür gesorgt, daß er als Statthalter unmittelbar neben dem Haupttor wohnte, damit jeder die Stadt betretende oder verlassende Händler ihn sofort aufsuchen und wegen des Zolls befragen konnte. Sein Haus war ein stattliches, befestigtes, zwischen den westlichen Tortürmen gelegenes Gebäude mit zwei Eingängen, einem in die Stadt führenden für die Familie und einer Tür, die aus seinem Amtsraum unmittelbar in den gewinkelten Gang zwischen den Wehrtürmen führte. Da er sich um alles kümmerte, was mit der Verwaltung der Stadt zu

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