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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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El-Schaddai entwickelt hatte; ein mächtiger Gott war es, der den Himmel und das Herz der Menschen regierte. In Makor beteten nur noch wenige Kanaaniter ausschließlich Baal an, und nur wenige Hebräer, wie Keriths Vater, dienten einzig Jahwe; die große Mehrheit der Bevölkerung, so auch Wiedehopf, hatte Jahwe als den ehrfurchtgebietenden Gott des Himmels droben angenommen, während sie weiterhin Baal als dem Gott der Stadt um Hilfe in allen täglichen Sorgen angingen.
    Wiedehopf war neununddreißig Jahre alt, Vater zweier kräftiger Kinder von der hübschen Kerith und mehrerer anderer von seinen Sklavinnen. So drollig er aussah, hatte er doch als junger Mann großen Mut bewiesen, als er für König David kämpfte; für seine treuen Dienste hatte er die Aufgabe erhalten, die Mauern von Makor wiederaufzubauen. Er war klein und gedrungen, mit breiten Schultern, starken Muskeln und einem zu groß geratenen Gesäß, das wackelte, wenn er ging. Sein kahler, stets unbedeckter Kopf war ebenfalls unverhältnismäßig groß. Er hatte eine spitze Nase, die er in alle Ecken steckte, um zu prüfen, ob die Bauarbeiter nicht etwa lockere Erde statt harter Steine benutzt hatten. Mit dem eckig zugestutzten Bart, der beim Lachen bebte, und den blauen Augen sah er aus wie eine plumpere Ausführung seines berühmten Vorfahren, des Statthalters Uriel, der vor vierhundertfünfzig Jahren den Tod gefunden hatte beim Versuch, Makor vor den Hebräern zu retten - wie es in einer Reihe von Tontafeln berichtet war, die in Echet-Aton, der ägyptischen Königsstadt, aufbewahrt lagen. In den Jahrzehnten nach dem Fall von Makor hatte sich Urs Geschlecht, wie viele Kanaaniter, bald der Herrschaft der Hebräer gefügt und war auch dem Namen nach hebräisch geworden. So hatten Wiedehopfs Eltern ihm den Namen Jabaal gegeben, der bedeutet »Jahwe ist Baal«, im Vertrauen darauf, damit den Eindruck zu machen, hebräischer als die Hebräer zu sein - und der kleine Betrug hatte in der Tat gewirkt, denn Jabaal galt nicht nur als aufrichtiger Hebräer, sondern er war auch der Schwiegersohn einer Priesterfamilie geworden.
    Es war eine bewegte Zeit damals. Für einige kurze Jahrzehnte besaßen die Hebräer ein Reich, das König David hatte schaffen können, weil die Großmächte Ägypten und Mesopotamien geschwächt waren. Das von ihm beherrschte Gebiet reichte vom Roten Meer im Süden bis nach Damaskus im Norden; nie zuvor erwarteter Reichtum fiel jetzt den Hebräern zu, weil die wichtigsten Karawanenwege durch dieses Gebiet führten und Handel und Wandel blühten. Sogar Akcho-Akka, dieser alte Dorn in der Flanke der Hebräer, war den Phöniziern fortgenommen worden, konnte allerdings nicht lange gehalten werden. Das schnelle Wachstum des Reiches bedeutete aber, daß Makor mit seiner Schlüsselstellung an einer unruhigen Grenze noch wichtiger geworden war als je zuvor. Diese Bastion der Hebräer galt es zu halten, sofern es die königliche Regierung in Jerusalem nicht zu teuer kam. Deshalb waren König David und seine Feldherren sehr froh, von dem Baumeister in der kleinen Stadt zu hören, der so tat, als werke er an den Befestigungen der Hauptstadt des Reiches: Zehn bis zwölf Stunden arbeitete er Tag für Tag, und oft noch länger, wenn er über seinen Plänen für die kommende Zeit saß. Aber auch in der Behandlung der ihm zugeteilten Sklaven ging er seine eigenen Wege: Er behandelte sie viel besser, als es sonst üblich war, mit dem Erfolg, daß alle die gefangenen Moabiter, Jebusiter, Aramäer, Philister und Amalekiter das Arbeiten unter Wiedehopf erträglich fanden, denn er gab ihnen ordentlich zu essen und ließ sie ruhen, wenn sie krank waren, so daß nur wenige starben. Sie sahen ihn gern, wenn er dahergewatschelt kam und seine spitze Nase hierhin und dahin steckte oder mit ihnen scherzte, um sie zu schnellerer Arbeit zu ermuntern. Noch mehr tat Wiedehopf: Abends ging er in ihr elendes Lager außerhalb der Mauern und brachte ihnen allerlei Reste, Eßbares, aber auch Wein. Gern sprach er dann mit ihnen, vor allem davon, daß sie sich zum Gott der Hebräer bekehren sollten, zu Jahwe, wobei er immer wieder die vernünftige Begründung vorbrachte, daß sie dann ja Hebräer seien und frei. Sorgsam setzte er ihnen auseinander, daß sie natürlich ihre alten Götter behalten könnten, wie ja sein eigener Name zeige. »Mein Gott Jahwe ist wie euer Gott Dagon«, versicherte er den gefangenen Philistern, »nur größer.« Und da er in einer Sprache redete,

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