Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
Vom Netzwerk:
die jeder einfache Mensch verstand, hatte er Erfolg mit seiner Bekehrungsarbeit: Er machte es seinen Sklaven leicht, auf ehrenhafte Weise Hebräer zu werden. Allerdings führte sein Bekehrungseifer auch dazu, daß die Zahl der Sklaven sich immer mehr verringerte. Die aber, die ihn als freie Männer verließen, waren ehrliche Hebräer geworden; wo immer sie nun in anderen Teilen des Reiches arbeiteten, rühmten sie Jabaal, den Wiedehopf. Und durch einen von ihnen, der nach Jerusalem gekommen war, hörte auch der Feldherr Amram, von König David mit der Aufsicht über die Befestigungen im ganzen Reich betraut, zum erstenmal von dem Baumeister im Norden.
    »Eines Tages werde ich mir ansehen, was dieser Mann zustande gebracht hat«, sagte der Feldherr und behielt den Namen Makor in seinem Gedächtnis. Der Bau der neuen Mauer durch Wiedehopf und seine Sklaven hatte sich als notwendig erwiesen, weil die alte kanaanitische Mauer immer niedriger geworden war. Denn durch Brand und Wiederaufbau hatte sich der Schutt anderthalb Mann hoch auf den Stadthügel gehäuft, so daß seine Oberfläche nahezu auf gleicher Höhe lag wie die Oberkante der alten Mauer. Dadurch aber, daß der Hügel gewachsen war, hatte sich seine bebaubare Fläche verringert - die neue Mauer konnte nur innerhalb der alten gebaut werden, und während zur Zeit des Statthalters Uriel tausendvierhundert Kanaaniter hinter den Mauern gelebt hatten, war jetzt nur noch Platz für achthundert Menschen. Da aber dank des guten Königs David dem Land Ruhe und Frieden geschenkt war, konnten neunhundert Bauern außerhalb der Mauern wohnen, mehr als je zuvor. Es war Makors goldene Zeit, der ruhmreiche Höhepunkt in der Geschichte der Stadt, es war aber auch die Zeit, in der die Hebräer ihre Fähigkeit bewiesen, ein Reich zu schaffen und zu regieren -und wenn man Makor als Beispiel nehmen will, so verstanden sie gut zu regieren.
    So lebte Wiedehopf in einem behaglichen Haus im Westteil der Stadt. Als er jetzt nach Hause ging, konnte er mit einem Blick Makor übersehen. Am Haupttor lag der Amtssitz des Statthalters, der Ort unparteiisch geübter Gerechtigkeit, die den
    Besitz an Grund und Boden schützte und nach den alten Gesetzen der Hebräer den Schwachen Beistand, den Kranken Anspruch auf die Hilfe der Nachbarn sicherte; die Steuern waren nicht hoch, die Strafen wurden nicht nach Willkür zugemessen. Die Läden an beiden Seiten der Straße boten Waren aus vielen Ländern der Welt dar: Fayencen aus Ägypten, Brokat aus Indien, zarte Gewebe aus Persien, feine Bronzen aus Zypern, wunderschöne Tonwaren von den Griechischen Inseln und erlesenes Schmiedeeisen aus der nahegelegenen Phönizierstadt Akcho, ganz abgesehen von den üblichen Handelswaren, wie sie regelmäßig von den Karawanen aus Tyros, Sidon und Damaskus gebracht wurden. Hinter den Läden standen die geräumigen Wohnhäuser, der Unterbau halbmannshoch aus Stein, der Rest darüber aus Holz mit Kalkputz, die Decken aus kräftigen Balken. Jedes Haus hatte innen einen hübschen Hof. Links auf Jabaals Weg lag der alte Tempel, jetzt ein unauffälliger Bau, in dem die Gläubigen nun Jahwe anbeteten; rechts befanden sich die kleinen Läden der Händler mit Wein und Oliven, Brot und Wolle, Fleisch und Fisch vom nahen Meer.
    Zwei Sonderheiten kennzeichneten damals das Leben in Makor. Fast kein einziger Laden gehörte einem Hebräer. Ursprünglich ein Wüstenvolk, des Handels ungewohnt, mieden die Hebräer noch immer ganz gefühlsmäßig Berufe wie den des Ladenbesitzers oder Geldverleihers, teils weil sie keine Erfahrung in solchen Geschäften besaßen, teils weil sie vom Nomadendasein sofort zu dem der Bauern übergegangen waren - ihre Liebe gehörte dem Land. »Laßt nur die Phönizier und Kanaaniter die Geschäfte betreiben und mit Gold handeln«, pflegten sie zu sagen, »wir hüten die Herden, und am Ende sind wir doch besser daran, denn wir werden Jahwe näher sein.« Zum zweiten aber war Makor kulturell eine kanaanitische Stadt geblieben. So hielt man sich hier noch immer an die alte kanaanitische Einteilung des Jahres in zwei Jahreszeiten, die kalte und die warme; in Makor begann das Jahr nach wie vor am Ende der kalten Jahreszeit, während sich in anderen Teilen des Hebräerreiches der Brauch durchsetzte, den Jahresanfang zu Ende der heißen Jahreszeit zu begehen. Auch der Tempel und der Kult waren ihrer Herkunft nach kanaanitisch. Denn seit uralter Zeit hatte man hier El und Baal und Astarte gehuldigt, und so

Weitere Kostenlose Bücher