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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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sich Wohnhäuser bis oben an die Innenseite lehnten und man sogar Fenster in die Mauer gehauen hatte. »Ich würde diese Fenster schnell verschwinden lassen. Denk daran, wie Rahel in Jericho Seile für die Späher herabgelassen hat!«
    »Was schlägt der Feldherr vor?«
    »Laß sie zumauern, heute, solange du noch Sklaven hast.«
    Schon zweimal hatte der Feldherr die Sklaven erwähnt. »Wollt Ihr mir meine Sklaven fortnehmen?« fragte der kleine Mann.
    »Wenn die Arbeit hier beendet ist, können wir erfahrene Sklaven in Jerusalem brauchen. Es sieht so aus, als seid ihr bald soweit.« Jetzt sprach er barsch, ein rauher alter Krieger. Und doch - wenn er anfangs so etwas wie Verachtung für diesen Wiedehopf verspürt hatte, so mußte er jetzt, nach der Besichtigung zugeben, daß der Mann außergewöhnlich gute Arbeit geleistet hatte. Er legte seinen Arm um die Schulter des Baumeisters und sagte: »Ich werde dem König erzählen, daß deine Arbeit gut war.«
    Wiedehopf murmelte seinen Dank, sandte ein stilles Gebet zu Baal und packte die Gelegenheit beim Schopf. »Feldherr Amram, die neuen Befestigungen sind nutzlos, solange unsere Wasserversorgung gefährdet ist.«
    »Von hier aus sieht die Wassermauer stark genug aus.«
    »Sie ist geflickt. Sie ist stärker, als sie einmal war, aber Ihr wißt wie ich, daß schon eine kleine Truppe genügt, sie niederzureißen.«
    Dieser ehrliche Baumeister! Das war der rechte Mann für den Feldherrn. Denn schon beim ersten Blick vom Berghang her hatte Amram die tödliche Schwäche Makors erkannt. Aber er hatte nichts gesagt, denn Makor war für ihn nicht viel mehr als eine Grenzstadt, die man notfalls opfern mußte. Wenn die Phönizier wirklich einmal angriffen, konnte es nicht ausbleiben, daß sie die Wassermauer zerstörten. Dann fiel ihnen die Stadt über kurz oder lang wehrlos in die Hand. So ein Verlust brauchte für das ganze Reich noch nicht gefährlich zu sein. Amram war jedoch beeindruckt, daß Wiedehopf die Lage so genau begriffen hatte. »Es gibt aber eine Möglichkeit, Makor so stark zu machen, daß kein Feind die Stadt nehmen kann«, sagte Wiedehopf und gab sich alle Mühe, überzeugend zu wirken. »Wie?«
    Lebhaft erklärte Wiedehopf mit ein paar Sätzen, daß man mitten in der Stadt einen Schacht graben und von dort einen unterirdischen Gang bis zum Brunnen vortreiben könne. Unruhig blickte er den Feldherrn an, merkte aber zu seiner Freude, daß der ihn sofort verstand. »Dann reißen wir die Wassermauer ab, verwischen ihre Spuren, sichern den Brunnen von oben mit großen Steinen, so daß er unerreichbar tief unter der Oberfläche liegt. Kein Mensch wird den Brunnen je zu Gesicht bekommen, es sei denn vom Gang aus.« Sein Plan befeuerte ihn, die Worte sprudelten von seinen Lippen, er wurde zum Dichter, zum Feldherrn, seine Beweise waren zwingend, und er beherrschte auch die letzte Einzelheit. Er sprach über Makors Sicherheit, die zugleich Sicherheit für das Reich bedeute auf Jahrhunderte. »Gegen diese Stadt«, rief er, »können die Phönizier fünfzehn Monate lang anstürmen, und unsere Krieger, Feldherr, liegen unbehelligt in ihren Mauern. Der Weg nach Jerusalem ist verlegt.«
    Amram, sonst für die Begeisterung anderer nicht anfällig, wurde ganz gegen seinen Willen von Wiedehopfs Erregung angesteckt. Ja, auch er sah nun dieses Makor als ein Bollwerk an der Westgrenze. Und während Wiedehopf weitersprach, begann die kleine Stadt ihr Aussehen zu verändern: Die Mauern wurden stärker, die gefährliche Wassermauer verschwand, vergeblich rannten phönizische Söldner gegen die Stadt an. Wiedehopf schwieg und wartete. »Was brauchst du dazu?« fragte Amram kurz. »Die Sklaven, die ich habe, und noch fünfzig dazu.«
    »Hast du Pläne?« Er war sicher, daß der so begeisterte kleine Mann sie hatte. »Kommt in mein Haus«, sagte Wiedehopf, jetzt beherrscht, denn er fürchtete, Übereifer könne nur schaden, und als sie das Haupttor erreichten, rief er einem Wächter zu: »Hol mir Meschab, den Moabiter.«
    »Wen?« fragte Amram. »Meinen Vorarbeiter. Er hat die Tontafeln.«
    Kerith hatte im Hause des Statthalters gewartet, bis sie erfuhr, daß der Feldherr Amram und ihr Mann sofort zu ihrem Haus gegangen waren. Sie lief durch die Gassen und hoffte, als erste anzukommen, um sie geziemend zu empfangen. Aber als sie atemlos das Haus betrat, waren die Männer schon da. Lang auf dem Boden lagen sie und betrachteten Jabaals Plan. »Ach nein!« flüsterte sie, »mein dummer

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