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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Bäume Galilaea in ein Land jubelnder Schönheit verwandelten, die Pistazienbüsche rote Knospen trugen und die Granatapfelbäume in zartem Grün leuchteten - kam der Feldherr Amram mit seinen Begleitern von Megiddo nach Makor geritten, wo man solch einen hohen Besuch nur selten feiern konnte. Kinder waren weit die Straße hinaus gelaufen, die Gäste zu begrüßen, und am Tor wartete der Statthalter, neben sich Tonkrüge, gefüllt mit Wein, und Waschzuber mit kaltem Wasser. Dankbar tranken die Krieger den Wein, dankbar schütteten sie sich das Wasser ins erhitzte Gesicht und trockneten sich mit den Tüchern ab, die Frauen der Stadt bereithielten. Unter ihnen befand sich auch Kerith, die sich ebenfalls erboten hatte, dem Feldherrn aufzuwarten. Amram war ein Mann ganz nach der Art der Heerführer, die das Reich der Hebräer erkämpft hatten: fast fünfzig, kräftig, aber mager, mit kurzgeschnittenem Bart und borstigem rotem Haar, blauen Augen, tiefen Falten auf der Stirn und einer kleinen Narbe auf der linken Wange. Nachdenklich, ein aufmerksamer Beobachter und fähig zu scharfsinnig überlegtem Urteil, konnte er zugleich liebenswürdig sein. Mit dem ersten Blick sah er, daß Kerith eine schöne Frau war, in dem Alter, das er besonders schätzte; mit dem zweiten, daß sie in Makor nicht ganz glücklich war. Und die ersten Worte, die sie sprach, verrieten ihm, daß sie ihn mit den Leistungen ihres Mannes beeindrucken wollte. Wenn er darauf einging, konnte er sich in dieser langweiligen Kleinstadt sicherlich die Zeit angenehm vertreiben. Das Tuch, das sie ihm reichte, nahm er ihr langsam aus der Hand, freundlich lächelnd, wobei er zwischen seinen bärtigen Lippen weiße, weit auseinanderstehende Zähne zeigte. »Wie heißt du?«
    »Kerith«, erwiderte sie hastig, »das Weib Jabaals, der die Befestigungen hier gebaut hat.«
    »Sie sehen aus der Ferne recht stark aus.«
    Ehe sie ihm noch versichern konnte, daß sie in der Tat stark seien, unterbrach sie der Statthalter, um die Gäste in sein Haus zu laden, wo schon die Redner zu ihrer Begrüßung warteten. Aber nachdem Amram sich zwei angehört hatte, erklärte er: »Ich bin gekommen, die neuen Mauern zu besichtigen, und das will ich jetzt tun«, stand auf, verließ die Feier und bestieg die Mauer, wobei er es nicht ungern sah, daß Kerith an seiner Seite blieb.
    »Wir haben da ein paar starke Mauern gebaut«, versicherte der Statthalter ölig. Wiedehopf, der ihm folgte, schimpfte im stillen vor sich hin: Ein ganzes Jahr mußte ich um die Genehmigung kämpfen, und jetzt sind es seine Mauern. Der Statthalter fügte herablassend hinzu: »Sie wurden von diesem da gebaut. Wir nennen ihn Wiedehopf.« Dabei nickte er mit dem Kopf wie der Vogel. Die Krieger aus der Begleitung des Feldherrn lachten, aber Amram dachte: Sie nennen ihn Wiedehopf, und selbstverständlich macht das sein hübsches Weibchen wütend. Er sieht aber auch wirklich recht töricht aus.
    Auf seinen zahlreichen Besichtigungsreisen hatte sich Amram schon oft in ähnlicher Lage befunden. Er wußte daher, was er in diesem Fall zu tun hatte: den Ehemann vor den
    Augen seiner Vorgesetzten loben, dann dafür sorgen, daß er einem nicht im Wege war, und abwarten, was die schöne Frau im Sinn hat. Deshalb sagte er: »Jabaal, da du die Mauer gebaut hast, will ich mit dir auf den Berg hinter der Stadt steigen und sehen, wie gut sie in Wirklichkeit ist.«
    »Ich bringe Wein mit«, erbot sich der Statthalter, aber Amram schnitt ihm das Wort ab.
    »Wir gehen allein«, sagte er kurz und machte sich mit so weit ausholenden Schritten davon, daß Wiedehopf auf seinen dicken Beinen Mühe hatte mitzukommen.
    Die beiden Männer umrundeten die Stadt länger als eine Stunde. Amram überprüfte mehrere Stellen genau. Dann kletterten sie den Berg halb hinauf; der Feldherr betrachtete die Befestigung eingehend. »Diese Hänge da unterhalb der Mauer«, fragte Amram, »hast du daran gedacht, sie irgendwie zu schützen?«
    »Wir haben zwei Möglichkeiten ins Auge gefaßt. Wir können entweder die Hänge so, wie sie jetzt sind, pflastern, damit sie glatt sind. Aber dazu braucht man viele Steine. Oder wir könnten überall zwei Ellen Erde wegschaufeln und so die gut erhaltene Pflasterung aus alter Zeit freilegen. Was würde der Feldherr vorschlagen?«
    »Keines von beiden«, erwiderte Amram. »Dazu braucht ihr zu viele Sklaven, und am Ende wäret ihr doch nicht besser daran als jetzt. Ich würde etwas anderes tun.« Er deutete dorthin, wo

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