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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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behaglich dasaß, Abisag an seiner Seite, sah Kerith, daß sein Körper noch immer kräftig war und ohne jede Spur von Verfettung. Und dann sprach David Worte, die ihr Herz höher schlagen ließen: »Die Mauern der Stadt sind hervorragend. Holt mir den Baumeister.«
    »Hier ist der Mann«, sagte der Statthalter und schob Wiedehopf nach vorn. Der nahm seine Frau bei der Hand; gemeinsam verneigten sie sich vor dem König. »Bist du auch der Erbauer des Stollens zum Brunnen?« fragte David. »Ich bin es«, antwortete Wiedehopf mit einer zweiten Verneigung. »Ich will ihn sehen.«
    »Wenn Ihr Euch ausgeruht habt«, schlug der Statthalter vor. Doch der König blieb dabei, den Stollen sofort besichtigen zu wollen. Kerith schloß sich mit vor Erregung pochendem Herzen dem Zug an. Am Schacht überraschte der Statthalter alle mit einer Rede, die er heimlich auswendig gelernt hatte. Sie endete mit den zündenden Worten: »Und wir in Makor, die wir so schwer gearbeitet haben an Schacht und Stollen, wir weihen ihn hiermit dem König David.« Die Menge jubelte. Kerith aber merkte, daß der König gar nicht achtgab. Und Wiedehopf sah, daß der eine Mann, der doch an dieser Feier hätte teilnehmen sollen, nicht anwesend war: Meschab hatte nicht vor, sich König David zu beugen.
    Mit Blumen umwunden waren die Stricke, die als Geländer für die hinabführenden Stufen dienten; als jedoch der König die Öffnung erreichte, wollte er nicht hinabsteigen, sondern blickte in das klaffende Loch. »Und wohin verläuft der Stollen?« fragte er.
    »Ihr werdet es sehen, wenn Ihr unten seid«, erklärte Wiedehopf, aber der König erklärte, er wolle nicht hinuntersteigen. »In welche Richtung?« fragte er ungeduldig.
    Wiedehopf war so benommen, daß er keine Antwort geben konnte. Der König hatte diese weite Reise gemacht, um den Stollen zu besichtigen - und nun wollte er nicht hinabsteigen! Der Statthalter stieß Wiedehopf an, aber der vermochte immer noch nicht zu antworten. Deshalb sagte der Statthalter: »Er verläuft dorthin, mein König«, und führte David auf den höchsten Punkt der nördlichen Mauer, um ihm zu zeigen, wo sich der Brunnen einst befunden hatte; da aber die Wassermauern verschwunden und ihre Spuren getilgt waren, konnte der Statthalter die Stelle nicht zeigen. Es gab eine peinliche Unterbrechung. Hilflos fuhr der Statthalter mit den Armen in der Luft herum und rief schließlich nach Meschab; aber der hielt sich versteckt und war nicht zur Stelle.
    »Wo ist der Brunnen?« schrie der Statthalter Wiedehopf an, der am Fuß der Mauer stand.
    Kerith gab ihrem Mann einen Stoß; endlich erschien Jabaal auf der Mauer und deutete ratlos auf einen Hügel, der wie jeder andere aussah. Hätte er doch gesagt: »Mein König, wir haben den Brunnen so gut gesichert, daß nicht einmal die Leute aus der Stadt mehr wissen, wo er gewesen ist. Wie soll ihn dann der Feind finden?« Statt dessen murmelte er nur: »Dort unten.«
    »Ich sehe das«, sagte der König, der nichts sah. Er verließ die Mauer einigermaßen verwirrt und fragte: »Die Sklaven? Was tun sie jetzt?« Der Statthalter sah Wiedehopf an, der nichts zu sagen wußte. Deshalb antwortete Kerith für ihn: »Man kann sie nach Jerusalem schicken.«
    »Wir brauchen sie dort«, sagte David. In diesem Augenblick wandte sich Abisag an den König: Er solle sich doch nun etwas ausruhen. Doch der war jetzt schlecht aufgelegt und hörte nicht auf sie. »Man hat mir gesagt, ihr habt in Makor einen Sänger, der auf der Leier spielt.«
    Der Statthalter sah sich fragend um, wer das wohl sein könne. Aber schon sagte Kerith: »Es gibt hier einen guten Sänger. Soll ich ihn in mein Haus holen?«
    »Ich gehe zu ihm«, antwortete David. Keiner der Beamten wußte, wo Gerschom wohnte. So führte Kerith den König am Tempel und am Weinladen vorbei zum Haus des Wollhändlers und dort zu dem Schuppen. Der Raum war dunkel, und es roch nach ranzigen Schafhäuten. Gerschom lag schlafend neben einem Weinkrug. Der Statthalter wollte den König wieder hinausgeleiten, aber David bestand darauf zu bleiben.
    »Der König ist da«, flüsterte Kerith und schüttelte Gerschom. Der erwachte und glaubte, Kinder seien gekommen, wie so oft schon. Dann aber sah er, daß der König seine Leier aufgehoben hatte und an den Saiten zupfte, die schlaff von den Pflöcken hingen. Gerschom strich sein Haar zurück, glättete sein schmutziges Gewand und erhob sich. »Es ist eine gute Leier«, sagte er.
    »Und mir hat man gesagt,

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