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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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ohne jede Ausflucht. Jetzt mußte der Sprecher der Juden von Makor die richtigen Worte sprechen, mußte beweisen, daß er seine Gemeinde wirklich zu führen verstand. Vor der Gemeinde stehend, suchte er nach den rechten Worten und wußte nicht, was er sagen sollte. Aber da erinnerte er sich der feierlichen Worte, die JHWH Selbst zu Abraham gesprochen hatte, und er wiederholte sie wie einen Schwur, der die Juden zu ihrem Bund mit JHWH und zu dem ihnen auferlegten Schicksal verpflichtete:
    »Und Ich will aufrichten Meinen Bund zwischen Mir und dir und deinem Samen nach dir, bei ihren Nachkommen, daß es ein ewiger Bund sei... Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden ...
    ... Ihr sollt aber die Vorhaut an eurem Fleisch beschneiden ... Also soll Mein Bund an eurem Fleisch sein zum ewigen Bund.
    Und wo ein Knäblein nicht wird beschnitten an der Vorhaut seines Fleisches, des Seele soll ausgerottet werden aus seinem Volk, darum, daß es Meinen Bund unterlassen hat ... Und Abraham war neunundneunzig Jahre alt, da er die Vorhaut an seinem Fleisch beschnitt...
    Und was männlich in seinem Hause war, daheim geboren und erkauft von Fremden; es ward alles mit ihm beschnitten.«
    So warf Jehubabel in einer Art von Märtyrerstolz, geleitet und erhöht von einer Kraft, die er selbst nicht zu erfassen vermochte, seine Furcht ab und vollzog die Beschneidung. Die Juden hatten getan, was ihnen kein Zurückweichen mehr erlaubte.
    ...Der Tell
    An einem kühlen, sonnigen Tag im Oktober sah John Cullinane den Wiedehopfen zu, die sich aufführten, als seien sie Archäologen. Eliav und Tabari standen hinter ihm auf dem Hügel und blickten mit einem Feldstecher hinüber zum Meer, wo man vor Akko weiße Fleckchen erkennen konnte. Der Araber fragte: »Hast du so etwas schon gesehen, John?«
    Cullinane nahm das Glas, richtete es auf die schönen Minaretts von Akko und senkte es dann ein wenig, so daß er gegen den Hintergrund des blauen Mittelmeers weiße Pünktchen erkennen konnte, die wie schwimmende Vögel auf den Wellen tanzten. »Sind das Segel?« fragte er.
    »Es ist die alljährliche Regatta in Akko«, antwortete Tabari. Die drei blickten abwechselnd durch den Feldstecher zu dem Wettkampf dort draußen. »Es muß für die Kanaaniter und die Juden ein ziemlicher Schock gewesen sein, als die Griechen in
    Akko ihre Wettspiele einführten«, meinte Cullinane nach einer Weile.
    »Wir Juden haben diesen Exhibitionismus verabscheut«, sagte Eliav. »Das Alte Testament spricht von diesen Spielen in reichlich höhnischen Worten.«
    »Aber nicht das Neue«, sagte Tabari, während er die weißen Segel verfolgte, wie sie sich über das Meer ausbreiteten, die Tüchtigeren an der Spitze, die weniger Geschickten bereits am Schluß. »Ich muß an meine Schule in England denken und an unseren Rektor, der immer mit tränenerstickter Stimme die Worte des heiligen Paulus als Ansporn für unsere Meisterschaftskämpfe zitiert hat.« Mit gebleckten Zähnen imitierte Dschemail einen Würdenträger der Anglikanischen Kirche, der die Maxime der von ihm geleiteten Schule zitiert: »>Ich habe einen guten Kampf gekämpft; ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr zu jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird.. .<«
    »Die Griechen und die Engländer«, unterbrach Eliav ihn nachdenklich, »sie sind die einzigen, die den Wettkampf wirklich ernst genommen haben. Sie haben uns das Ideal sportlicher Fairneß vermittelt. Nicht nur im Spiel. Ganz gleich, ob man einem Engländer im Krieg oder in der Politik gegenübersteht, es wird eine faire Angelegenheit, und man schüttelt sich, wenn die Sache zu Ende ist, die Hand. Ich wünschte, wir Juden und Araber könnten uns diese Art von Selbstzucht aneignen.«
    »Ich war in meiner Schule immer so etwas wie ein Außenseiter«, entsann sich Tabari. »Es gab da so ein Schwein aus Leeds, das mich beim Boxen meistens achtmal hintereinander zu Boden schlug und dann in seiner dreimal verdammten sportlichen Fairneß sagte: >Du hast einen guten Kampf geliefert, Tabari.< Ich konnte nur im stillen einen alten arabischen Fluch vor sich hinmurmeln: >Ich wünsche dir, du Sohn einer Sau, daß dir jeder Zahn einzeln aus dem Kiefer gebrochen wird bis auf einen.< Zwischen diesen beiden Auffassungen besteht doch wohl ein ziemlicher Unterschied.«
    »Warum eigentlich hat das griechische Ideal in dieser Gegend nicht Fuß fassen können?«

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