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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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gedacht, beim ersten Aufeinanderprallen der Schwerter würden sich seine Gedanken klären, würde er wissen, was er zu tun hatte. Darauf, daß die Bürger hier überhaupt nicht kämpften, daß sie stillehielten wie Vieh, war er keineswegs vorbereitet. Er sah sich um, nicht minder verblüfft als seine Wüstenkrieger. Doch nun, beim Anblick so vieler Menschen, begann sein Pferd zu wiehern, und da erinnerte sich Abd Omar dessen, was der Koran vorschrieb. Laut rief er einem seiner Unterführer zu: »Tribut, auf dem Rücken der Hände.« Araber, die Griechisch sprechen konnten, saßen ab und gingen, den blanken Krummsäbel in der Rechten, zu den Gruppen der Juden und Christen:    Sie hätten
    niederzuknien, gebeugt die Köpfe und auf dem Rücken ihrer nebeneinander auf den Boden gestützten Hände Tribut zu zahlen, in der demütigen Haltung von Sklaven. So knieten alle vier Christengemeinden im Staub und boten ihren Tribut an, und beide Parteien der Juden taten dasselbe. Aaron kniete bei der einen, Schimirit bei der anderen. Die arabischen Krieger gingen umher und sammelten den Sold der Unterwerfung ein. Als das Geld vor Abd Omar lag, verkündete er allen Versammelten auf Griechisch, das er gelernt hatte, als er in Damaskus Handel trieb: »Allah ist dankbar, daß wir euch in Frieden begegnen. So werden wir für immer zusammenleben. Ihr seid ein Volk des Buches. Erhebt euch, daß ihr mir in Ehren gegenübersteht.« Als dies geschehen war, gab er ihnen in einfachen Worten die Weisungen, nach denen die Nachfolger Mohammeds die von ihnen eroberten Gebiete beherrschten, sobald das erste schlimme Blutvergießen vorüber war: »Liefert eure Waffen aus. Alle Griechen und andere Räuber müssen das Land verlassen. Die anderen dürfen bleiben und ihren Glauben behalten. Bezahlt die niedrige Steuer. Dafür versprechen wir euch Schutz. Wenn ihr wollt, nehmt den Islam an und werdet gleichberechtigte Anhänger unserer Gemeinschaft.« Nach diesen Worten blickte er abwartend umher. In diesem kritischen Augenblick fragte mit lauter Stimme ein Christ namens Nikanor, ein Anhänger der Kirche von Byzanz und der Lehre, daß Christus zwei Naturen besitze: »Erkennst du Jesus Christus an?«
    »Jesus wird in unserem Koran als mächtiger Prophet verehrt«, erwiderte Abd Omar. Der Christ warf sich zu Boden und rief: »Ich nehme den Islam an.« Einer der byzantinischen Priester trat vor, um ihn zurückzuhalten. Ein Säbel zuckte wie ein Blitz auf - der Daumen des Priesters war abgehauen. Es hätte genauso gut sein Kopf sein können. Alle atmeten erleichtert auf.
    Abd Omar verkündete kalt: »In dem Augenblick, als der Mann sagte: >Ich nehme den Islam an<, ist er einer der
    Unsrigen geworden. Jedem von euch ist es verboten, mit ihm über den Glauben zu rechten, den er erwählt hat. Wer nimmt noch die Lehre des Propheten an?« Eine große Zahl von Christen - eine wirklich erstaunlich große Zahl - trat vor, sich dem sieghaften Glauben anzuschließen. Die Anhänger der ägyptischen Kirche und der Lehre, daß Jesus Christus nur eine Natur habe und Maria die Mutter Gottes sei, ließen Abd Omar durch ihren schmuddeligen kleinen Priester fragen: »Hast du die Wahrheit gesagt, als du uns versprachst, wir könnten an unserem eigenen Glauben festhalten, wenn wir eure Gesetze befolgen?« Der Wüstenkrieger, der dem byzantinischen Priester den Daumen abgehauen hatte, war durch diesen unverhohlenen Verdacht der Unehrlichkeit beleidigt. Schon wollte er den Priester niedermachen, aber ein Wink Abd Omars hielt ihn zurück. Ruhig sagte der Araberhauptmann: »Es ist schwierig zu wissen, was Wahrheit ist, und du hattest recht, daß du fragtest. Aber ich habe ehrlich gesprochen. Ihr seid frei zu leben, wie ihr wollt.«
    Der Priester der Ägypter neigte den Kopf und sagte kühn: »Sohn Allahs, wir werden euch Steuern zahlen und unsere kleine Kirche behalten.«
    »Es soll geschehen«, erklärte Abd Omar. Dann wandte er sich an die übrigen Christen. »Ihr sollt mit uns in Frieden leben, und ich werde euch beschützen, wie ich es eben getan habe. Ihr dürft aber die unter euch, die sich uns anschließen wollen, nicht abhalten, noch dürft ihr Pferde oder Kamele reiten. Nur Esel und Maultiere sind euch gestattet. Ihr dürft kein Gebäude haben, ob Wohnhaus oder Kirche, das größer ist als eines der unseren, auch dürft ihr keine neuen Kirchen bauen.« Er hielt inne. »Ich sehe keine Kinder«, sagte er. »Sie sind versteckt«, erklärte der ägyptische

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