Die Quelle
Rabbi und erzählte von einem berühmten Rabbi, der einen Laden unterhielt, und einem anderen, der ein Bartscherer war. »Ich werde für deine Frauen Arbeit finden.«
»Welcher Art?« fragte Zaki, denn in der Manufaktur sah er nur Männer. Jom Tow ging mit ihm zur Stadtmitte zurück. Hier betraten sie mehrere Häuser. In jedem waren die Frauen damit beschäftigt, aus der Türkei eingeführte Wolle zu spinnen oder zu dem kräftigen Tuch zu weben, durch das Safed im ganzen Mittelmeerraum berühmt geworden war. Jom Tow erklärte, daß ihm auch die Spinnerei, eine zweite Färberei am Rande der Stadt und die Warenlager gehörten. »Du mußt sehr reich sein«, bemerkte Zaki neidlos.
»Nein. Das Geld, das wir mit den Stoffen verdienen, nehmen wir für die Hochschulen und die Synagogen.« Zaki sah den schwarzbärtigen Mann in der schlichten Arbeitskleidung verblüfft an, denn was er soeben vernommen hatte, war kaum zu glauben.
Als sie zu Jom Tows Haus zurückkehrten, war Zaki in Schweiß gebadet. »Endlich!« sagte Rachel. »Wenn du hier immer bergauf und bergab laufen mußt, wirst du wenigstens etwas Fett verlieren.« Und mit vielen Einzelheiten erzählte sie, wie verlegen sie gewesen sei, als ihr Mann bei dem Wettlauf in Podi seine Hosen verloren hatte. Bei keinem der Zuhörer stieß sie jedoch auf Mitgefühl, denn die meisten hatten früher unter den Christen ähnliche Erniedrigungen erdulden müssen.
»Ich werde euch vier Spinnräder geben«, sagte Rabbi Jom Tow zu Zakis Frau. »Wozu?« fragte Rachel mißtrauisch.
»Zum Arbeiten für dich und deine Töchter«, antwortete Jom Tow scharf. Und ehe Rachel den Mund auftun und erklären konnte, sie sei nicht nach Safed gekommen, um spinnen zu lernen, setzte er hinzu: »Hier arbeiten alle. Ich werde euch ein Haus suchen, wo ihr im rückwärtigen Zimmer spinnen könnt und der Rabbi vorn seine Schuhmacherei betreiben kann.« Das Haus wurde gefunden. Während die Familie sich in den neuen Verhältnissen einrichtete, wurde Rabbi Zaki immer vergnügter, verriet jedoch niemandem den Hauptgrund seiner Freude. Wie oft dachte er: Es ist wunderbar! So viele unverheiratete junge Männer. Wenn ich den Mädchen hier keine Männer finde, wo in der Welt könnte ich es sonst? Wo er ging und stand und auf Männer stieß, die über Fragen des Glaubens sprachen, zitierte Rabbi Zaki deshalb Stellen aus der Thora oder dem Talmud über die Notwendigkeit der Ehe. »Wie der Talmud sagt: >Der Unverheiratete lebt freudlos, ohne Segen und ohne Güter. Er kann nicht im vollen Sinne des Wortes ein Mann genannt werden.<« Und im Verlauf der Unterhaltung versäumte er nie, seine Kunden an die folgenschweren Worte aus dem Ersten Buch Mose zu erinnern: »Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei.« Einen schlechteren Brautwerber als Rabbi Zaki hätte man allerdings kaum finden können: In kürzester Zeit wußte ganz Safed, daß er ein Pantoffelheld war und seine Frau ein Zankteufel. Was die drei Mädchen anbetraf, die der dicke Rabbi den unverehelichten Männern als Gottes Wohltaten anpries, so waren sie übellaunisch, verdrießlich und unverträglich. Daß Sara, die Älteste, jemals heiraten werde, stand nicht zu erwarten, denn sie hatte eine scharfe Zunge und ein schiefes Gesicht. Und die beiden Jüngeren, Atalja und Tamar, waren zwar erfreulicher anzusehen, hatten aber ein ebenso säuerliches Wesen.
Dann aber kam eines Tags ein Maultiertreiber aus Damaskus, ein grobschlächtiger junger Jude, der nie im Talmud gelesen oder von den Hochschulen Safeds gehört hatte, und setzte sich zu Zaki auf einen Schusterschemel. »Kürzlich, als ich aus Akka kam, habe ich deine Tochter gesehen, Rabbi.«
»Wahrhaftig?« Der dicke Schuhmacher sprang auf. »Welche?«
»Atalja. Sie hat eine nettere Art als die anderen.«
»Sie ist ein wunderbares Mädchen«, rief Zaki begeistert. »Oh, dieses Mädchen. kochen kann sie. weben.« Er wurde so aufgeregt, daß seine Worte sich überschlugen, denn seine Töchter wurden älter, und noch nie hatte jemand auch nur versteckt von Eheabsichten gesprochen. Er hielt plötzlich inne. »Du willst sie doch heiraten, was?« fragte er unverblümt.
»Ja«, murmelte der Maultiertreiber. »Ich habe meiner Mutter schon Bescheid gesagt.«
»Rachel«, jubelte der wohlbeleibte Rabbi. Er rief die Familie herbei, und als die Mädchen in einer Reihe nebeneinander standen, verkündete er: »Dieser vortreffliche junge Mann aus Damaskus. Wie ist dein Name?« Er verschluckte sich, lief rot an,
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