Die Quelle
klug gewesen, Ibn Ahmed«, sagte der Alte, »daß Sie Ihrem Schwager nicht gefolgt sind. Niemals mehr wird der Sultan diese Narreteien von einer Verfassung dulden. Wir dürfen keinerlei Neuerungen zulassen und können nur hoffen, daß sich die Dinge zum Guten wenden.« Das sagte der
Mutasarrif im gleichen Moment, in dem sich auf seinem Schreibtisch Anträge und Denkschriften häuften zu Fragen des Gesundheits- und Schulwesens, Gesuche von katholischen Missionsorden und ein vortrefflicher Plan, den Hafen auszubaggern. Er hatte nicht die Absicht, all diese Dinge während der ihm noch verbleibenden Dienstzeit zu bearbeiten.
Der Fettkoloß verlagerte seinen enormen Bauch ein wenig, damit der Dampf auch in andere Speckfalten eindringen konnte. Dann riß er unversehens dem Kaimakam das Handtuch vom Gesicht, starrte ihn an und sagte: »Wenn ich von Akka fortgehe, werden Sie meinen Posten übernehmen.«
Tabari seufzte. Die Freude über die Beförderung war ihm irgendwie vergällt. »Versprechen Sie mir eines, Ibn Ahmed. Lassen Sie alles laufen, wie es läuft. Die Leute in der Stadt sind glücklich und zufrieden. Sorgen Sie dafür, daß die christlichen Pilger ihre heiligen Stätten ungehindert besuchen können, und halten Sie die Beduinen im Zaum. Vor allem aber, sehen Sie darauf, daß alles in bester Verfassung ist, wenn einmal der Wali von Beirut kommt. Geben Sie dafür einiges Geld aus! Wenn es sein muß, Ihr eigenes Gehalt. Denn an einem Ort wie Akka bekommt man es früher oder später doch auf diese oder jene Weise zurück!« Lautlos glitt der Neger herein und schlug vor, ob sich die beiden Herren nicht in den anderen Raum für die Massage begeben möchten. Aber der Mutasarrif wollte nicht. »Lassen Sie uns hier noch ein wenig bleiben, Ibn Ahmed.« Als sie sich dann endlich ankleideten, suchte Tabari die Goldmünze, um sie dem Mutasarrif zu übergeben. Zu seinem Schreck mußte er entdecken, daß er sie verloren hatte. Vergeblich wühlte er in allen Taschen. Ärgerlich sah ihm der dicke Alte zu - natürlich vermutete er, daß Tabari ihm etwas vormachte. Und der dachte verzweifelt: Wenn der Mutasarrif Hamid glaubt, ich will ihn übers Ohr hauen, wird er sich die Sache meiner Beförderung anders überlegen. Ich weiß, wie rachsüchtig diese alte Kröte sein kann. Darum rief er - ganz Großzügigkeit, ganz Ergebenheit -mit strahlendem Gesicht: »Exzellenz, ich habe die Ihnen zugedachte Münze verloren. Aber hier ist noch etwas, das ich eigentlich zu einem anderen Zweck zusammengetragen habe.« Mit diesen schönen Worten händigte er ihm das Geld aus, das er vorhin den Juden aus der Tasche gezogen hatte. Sofort nachdem Faradsch ibn Ahmed Tabari sich von dem Mutasarrif verabschiedet hatte, schickte er zwei Reiter mit dem Befehl nach Makor, nach der Goldmünze zu fahnden, die er wahrscheinlich dort verloren hatte. Sie blieb unauffindbar.
Schicht I
Rebbe Itzik und die Sabra
A
Infanteriegeschoß, hergestellt in New Haven, Connecticut, im Februar 1943 n. Chr. bestimmt zur Verwendung im Zweiten Weltkrieg. Verschossen aus einem im April 1944 n. Chr. in Manchester, England, hergestellten Gewehr, das ebenfalls zur Verwendung im Zweiten Weltkrieg bestimmt war. Auf dem Tell Makor in der Nacht auf Freitag, den 14. Mai 1948 n. Chr. bald nach Mitternacht abgeschossen.
Eines war den dreien gemeinsam - sie liebten das Land so leidenschaftlich wie ein Mann eine Frau und so freudig wie ein Kind den Morgen, an dem es hinaus ins Freie geht: Die Sabra liebte in Galilaea die Erde, von der ihr Volk seit unzähligen Generationen abstammte; der Soldat liebte in Palaestina die Zuflucht, die es ihm nach Jahren des Kampfes gewährte; und der kleine, blauäugige Rebbe liebte in Erez Israel das Land, das Gott Sich zum Zeugnis auserwählt hatte. Während der bewegten Tage des Frühjahrs 1948 wurden diese drei verschiedenen Arten von Liebe zusammengeführt.
Isidor Gottesmann, dem Soldaten, waren die Lehren des Mose, unseres Lehrers, so selbstverständlich, daß er mit niemandem darüber auch nur ein Wort zu sprechen brauchte: »Wenn du in einen Krieg ziehst, sollen die Amtleute mit dem Volk reden und sagen: Welcher ein neues Haus gebaut hat. der gehe hin und bleibe in seinem Hause, auf daß er nicht sterbe im Krieg. Welcher einen Weinberg gepflanzt hat. der gehe hin und bleibe daheim, daß er nicht im Kriege sterbe.« Gottesmann liebte noch ein anderes Gebot besonders: »Welcher einem Weib sich verlobt hat. der gehe hin und bleibe daheim. Er
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