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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Bleistift ergriff und aufmerksam zuhörte. »Vor zwei Tagen war ich dort«, begann Gottesmann.
    »Schwierigkeiten?«
    »Beim Rein- und Rausgehen haben sie auf mich geschossen.«
    »Draußen?«
    »Nein, in der Stadt.«
    »Das war zu erwarten«, stieß Reich hervor. Ilana war sprachlos. Gottesmann hatte ihr nicht gesagt, daß die Araber auf ihn geschossen hatten. Er redete von solchen Dingen nur selten. Reich bemerkte ihr entsetztes Schweigen und blickte zu ihr hinüber. »Wie sieht’s dort aus?« fragte er kurz.
    Gottesmann nahm eine von Ilanas tiefen Schüsseln und drehte sie um. »So«, erklärte er auf Hebräisch. »Der flache Teil oben ist die Burgruine, da sitzen die Araber. Von dort aus beherrschen sie alles. Stell dir jetzt die Seiten in sechs Teile aufgeteilt vor - wie ein Kuchen. Die Araber haben fünf. Wir haben einen. diesen kleinen. Am oberen Ende unseres Stücks steht ein altes Steinhaus, das die Briten den Arabern überlassen haben, und hier ist die Polizeistation, die ihnen die Engländer wohl auch noch geben werden.« Schweigend betrachteten die acht Juden die denkbar ungünstige Situation: Nur ein Teil der Stadt wurde von ihren Leuten gehalten, und der war von der Burgruine, dem Steinhaus und der Polizeistation beherrscht.
    Jetzt stellte Gottesmann ein dickes Buch hinter die Schüssel. »Und hier, weiter hinten, liegt das große neue Fort, das die
    Engländer gebaut haben. Es beherrscht alles. Und die Araber ziehen schon ein.«
    Ungeduldig streckte Teddy Reich seinen einen Arm aus und fegte alles beiseite. Buch und Schüssel rutschten über den Tisch, das uneinnehmbare Fort, das Steinhaus und die Polizeistation aus Beton waren verschwunden. »Wieviel Leute?« bellte er.
    »Wir haben die endgültige Zahl -tausendzweihundertvierzehn Juden gegen etwa dreizehn tausendvierhundert Araber. Elf Komma eins gegen einen von uns.«
    »Wie gehabt«, knurrte Reich. »Werden die Juden kämpfen?«
    »Zweihundertsechzig vielleicht. wenn wir ihnen Waffen geben können.«
    »Wie viele haben jetzt Gewehre?«
    »Hundertvierzig.«
    »Besser als ich dachte. Allon sagt, Safad muß genommen werden. Wir werden die Kampfgruppe hineinbringen, die im Norden der Stadt in Bereitschaft liegt.«
    »Schafft es der eine Zug?« fragte Gottesmann.
    »Einfach«, sagte Reich ohne aufzublicken, während er sich Notizen machte. »Safad muß genommen werden. So sparen wir einen Zug.« Alle schwiegen. Dann fuhr Teddy Reich fort: »Gottesmann, wenn du jetzt losgehst, kannst du vor Anbruch der Helligkeit bei der Gruppe in den Bergen sein?«
    »Es ist kein Mondschein. Wenn wir uns anstrengen, schaffen wir’s.«
    »Dann also los«, befahl Reich, während er weiterschrieb. »Befehl:    Sie    müssen sich morgen Nacht nach Safad
    durchschlagen.«
    »Sehr gut«, erwiderte Gottesmann auf Deutsch. Wenn dieser Befehl ihn bewegte, so ließ er es sich nicht anmerken. »Brauchst du einen von meinen Leuten?« fragte Reich.
    »Ich nehme Ilana mit«, antwortete Gottesmann. Dann sah er auf die vier zähen Aschkenasim, entschloß sich aber für keinen von ihnen. »Und als Führer Bagdadi.«
    Niemand im Zimmer sprach. Ilana stand bewegungslos am Tisch. Teddy Reich sah von seinen Notizen auf, blickte prüfend auf Ilana und Bagdadi, nickte, stand auf, trat eine Tür mit dem Fuß auf, warf sich auf das ungemachte Bett und sagte: »Während ihr fort seid, ist hier die Befehlsstelle.« Ehe Gottesmann und seine Frau das Haus verlassen hatten, war er bereits eingeschlafen. Palmach ist die Abkürzung für »Peluggot Machaz« - »Kampftruppe«; sie war 1941 aufgestellt worden, um einer drohenden deutschen Invasion Widerstand zu leisten. - Für die Angehörigen des Palmach war es üblich, bei militärischen Unternehmen eine Last von mindestens vierzig Kilo zu tragen; wegen der ungewöhnlichen Schwierigkeiten des Marsches nach Safad nahmen Gottesmann und Bagdadi nur dreißig Kilo mit, während Ilana freiwillig zwanzig Kilo trug. Unter normalen Umständen wäre für die gutausgebildeten Palmachniks ein Marsch von Kefar Kerem nach Safad eine leichte Sache gewesen. Die Straßen waren gut, die Steigung nicht anstrengend, und die Entfernung betrug nur fünfunddreißig Kilometer; in dieser Nacht jedoch durften die Palmachniks die Straßen nicht benutzen, denn dort patrouillierten bewaffnete Araber, die schon mehrere Juden bei nächtlichen Aufträgen erschossen hatten. Gottesmanns Plan war es, von Kefar Kerem in westlicher Richtung zu marschieren, dann nach Norden

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