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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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und ich verstehe es, aber ich schäme mich, wenn ich es spreche.« Das Land war das Ziel, das Land Kanaans und Israels, die alten Felder, die der HErr den Stämmen Naftali, Isaschar und Manasse zugeteilt hatte. Eines Tages - Ilana war mit ihrem Mann auf einem Lastwagen voll Bewaffneter nach Acre gefahren - hatte sie beim Anblick der einst so fruchtbaren Äcker, die nun zu Malariasümpfen geworden waren, mit Tränen in den Augen gesagt: »Ein Verbrechen ist an diesem Land geschehen. Das wird aus Erez Israel, wenn es in die Hand der Fremden fällt. Wir Juden müssen das ganze Land zurückgewinnen, und dann werden wir es in drei Jahren wieder fruchtbar machen. Wir werden darum kämpfen müssen, um jeden Fußbreit, aber wir werden siegen, denn ich glaube nicht, daß es Gottes Absicht ist.«
    »Du bringst mich ganz durcheinander, wenn du von Gott sprichst«, hatte Gottesmann sie unterbrochen. »Warum?«
    »Nun, gestern erst hast du einige starke Worte gegen den Glauben gebraucht. Und heute redest du, als ob Gott dir die Sümpfe gibt.«
    »Glaubst du vielleicht nicht, daß Gott uns dazu auserwählt hat, dieses Land zu bebauen?«
    »Nein«, erwiderte Gottesmann.
    »Aber ich«, fuhr sie ihn an. Ihr Mann beschloß daraufhin, nicht weiter darüber zu sprechen. Doch eines war ihm klargeworden: daß Ilana Gott mit dem Land identifizierte - es gab für sie keinen Unterschied zwischen den beiden. Und während der Lastwagen weitergerumpelt war, hatte er gedacht: So muß es vor fünftausend Jahren gewesen sein, als die Menschen sich in ihrem Glauben langsam dem Monotheismus zugewandt haben. »Gott ist das Land, deshalb werden wir diesen Berg anbeten.« Und wohl bald danach sind sie darauf gekommen, daß es zwischen Gott und Seinem Land einen Mittler geben müsse, weshalb sie Priester einsetzten, und die Priester wurden dann zu Rabbinen, und die Rabbinen haben es schließlich zu all dem gebracht, was Ilana haßt.
    Jetzt, in ihrem neuen Heim, während Gottesmann auf Teddy Reich und seine Entscheidungen hinsichtlich Safad wartete, mußte er zugeben, daß er teilweise wie Ilana dachte. Während er das letzte Stück Fleisch aß - es galt bei einer Sabra als eine Sache des Stolzes, keine Nachspeise auf den Tisch zu bringen -, sagte er zu Ilana: »In den letzten Tagen bin ich zu dem Schluß gekommen, daß du recht hast. Als erstes kommt das Land, und wenn wir es haben, können wir uns um die anderen Dinge kümmern.«
    »Endlich redest du vernünftig!« rief sie erregt und stieß das Geschirr beiseite. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, lehnte sie sich nach vorn; die feinen Linien der Sorge um ihre Augen verschwanden. »Wenn wir das Land besitzen, Gottesmann.«
    -    wie viele Sabras redete sie ihren Mann stets mit dem Nachnamen an, in ihrem Fall jedoch betonte diese Sitte zugleich ihre Abneigung gegen seinen Vornamen.
    »Ich habe das Gefühl«, fuhr er fort, »daß die nächsten sechs Wochen entscheiden, ob wir das Land bekommen oder nicht.«
    »Oh!« rief sie. »Gottesmann, wir müssen das Land bekommen. Oder hast du etwa Angst, wir bekommen es nicht?«
    »Ich bin Soldat. Ich weiß, was es heißt, in einer Stadt wie Safad, vierzig gegen einen von uns.«
    »Aber wir müssen«, erklärte sie mit leiser Stimme. Dann stand sie auf und ging im Zimmer hin und her, sehr erregt, und in der ganzen Spannung ihres Körpers lag all die Stärke der Äcker, die ihr Großvater erobert und verteidigt hatte. »Gott unseres Lehrers Mose«, flüsterte sie. »Laß uns unser Land zurückgewinnen.« In diesem Augenblick stürmte Teddy Reich ins Haus, und mit einem Schlage war alles anders. Teddy Reich - ein Jude aus Deutschland, vierundzwanzig Jahre alt, einarmig, ohne ein Gramm Fett und ohne die geringste Illusion
    -    wirkte, als sei er elektrisch geladen. Sein Kinn war kantig, sein schwarzes Haar kurz geschnitten, seine Augen blickten scharf und kalt. Er war nur ein wenig größer als Ilana und damit viel kleiner als Gottesmann. Aber dieser Teddy Reich war einer der kühnsten Männer von Galilaea. Vier Soldaten begleiteten ihn, zähe deutsche Juden wie er; nur der fünfte schien fehl am Platze, denn sein Körper mit den abfallenden Schultern war ebenso rundlich wie sein sanftes Gesicht, und er lächelte ständig. Nissim Bagdadi hieß er - sein Nachname verriet, woher er stammte und daß er allein war: Von allen acht in dem Zimmer war er der einzige Sefardi.
    »Wie ist die Lage in Safad?« fragte Reich und warf sich in einen Stuhl, indem er einen

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