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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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nur noch sieben Juden vorfand. »Wo sind Schepsel und Awram?« fragte er. Und dann sah er, daß auch Schmul fehlte. Einer der Alten antwortete: »Sie tragen Steine.« Sofort eilte der kleine Rebbe aus der Synagoge, um seine Gläubigen zu suchen. Er fand sie bei MemMem Bar-El, unter dessen Anleitung sie die Steine eines zerstörten Hauses abtrugen. Zwischen Bretter gesteckt, sollten sie eine Barrikade verstärken. Man brauchte ganze Wagenladungen von Steinen, um die jüdischen Häuser in der Nähe der Treppe zu schützen, und die Wodscher Juden arbeiteten, daß ihnen der Schweiß unter den Pelzmützen herablief. »Schepsel!« schrie der Rebbe. »Warum bist du nicht in der Synagoge?«
    »Ich arbeite, damit wir die Araber abwehren«, antwortete der alte Jude. Und kein Argument des Rebbe Itzik konnte ihn davon abbringen. Drei vom Bataillon des Rebbe waren fahnenflüchtig geworden.
    Etwas später am gleichen Morgen erlebte er einen zweiten Schock: Ilana Hakohen, das Gewehr über der Schulter, hatte aus jungen Mädchen seiner Gemeinde einen Trupp gebildet, der den alten Männern bei den Barrikaden Steine zutragen und außerdem für den Palmach kochen sollte.
    »Komm zurück, Esther!« rief er. Aber die Mädchen hatten jemanden gefunden, der sie mehr zu begeistern wußte als der Rebbe. Der alte Mann zitterte, als Esther ihm zurief: »Ilana sagt, wenn die neuen Gewehre kommen, kriege ich auch eins.« Das Mädchen, Awram Ginsbergs Tochter, war dreizehn.
    Als Ilana die Mädchen in ihre Aufgaben eingewiesen hatte, tat sie etwas Unerwartetes: Sie ging in Rebbe Itziks Haus, um ihm zu erklären, was man durch die Verteidigung von Safad erreichen wollte. Denn der MemMem hatte geknurrt: »Sieh zu, ob du den Alten nicht auf unsere Seite ziehen kannst.« Als sie die Tür der Schusterwerkstatt aufstieß, nahm die alte Frau des Rebbe sie in Empfang, eine russische Bäuerin, die gerade Suppe gekocht hatte. Ilana versuchte, mit ihr zu sprechen, aber die Rebbezin verstand nur Russisch und Jiddisch, und Ilana lehnte es ab, Jiddisch zu sprechen. Nach einem Augenblick erschien der Rebbe, überrascht, die bewaffnete Sabra in seinem Haus vorzufinden. Die Begegnung war grotesk, denn als äußerst strenggläubiger Rebbe hielt Itzik es für unziemlich, eine Frau außer der eigenen zu berühren oder auch nur anzusehen. Als der Rebbe und die Sabra endlich miteinander sprachen, war es, als säße jeder in einem anderen Zimmer.
    »Wir haben gestern abend drei arabische Angriffe zurückgeschlagen«, sagte Ilana auf Hebräisch.
    »Es ist der Wille des Heiligen, gelobt sei Er!, daß Israel für seine Sünden gestraft wird«, erwiderte er auf Jiddisch. »Aber nicht von den Arabern.«
    »In der Vergangenheit hat der HErr Sich der Assyrer und Babylonier bedient. Warum nicht der Araber?«
    »Weil die Assyrer uns besiegen konnten. Aber die Araber können es nicht.«
    »Wie kannst du es wagen, so stolz zu sein?«
    »Wie können Sie es wagen, so blind zu sein?«
    Am Mittwoch, dem dritten Tag ihrer Diskussion, hatte Ilana den deutlichen Eindruck, daß das, was sie tat, dem Rebbe auf merkwürdig widersprüchliche Weise Vergnügen mache, denn ohne ersichtlichen Grund rief er: »Die Töchter Israels sind schön«, und zu ihrer eigenen Überraschung antwortete sie: »Wir wollen ein Israel bauen, auf das Sie stolz sein werden.« Er blickte auf seine gefalteten Hände und sagte: »Wie willst du das erreichen, wenn du so stolz bist. Warum heiratest du nicht den großen Aschkenasi?« Ihre trotzige Antwort auf Hebräisch betrübte den alten Mann: »Wir sind verheiratet.«
    Der dünne Faden, der sich zwischen dem Rebbe und der Sabra gespannt hatte, wurde jedoch stärker, als Ilana Vered mitbrachte. Der Rebbe kam zu den beiden, als sie gerade Kräuter aßen, die von der Rebbezin zubereitet waren, und abgekochtes Wasser tranken. »Auf eines bin ich stolz«, sagte der kleine Mann. »Auf unsere Barrikaden?« fragte Ilana.
    »Nein«, erwiderte Itzik, »auf die Tatsache, daß bei dieser Knappheit an Nahrungsmitteln kein Jude in Safad Schwarzhandel treibt.«
    »Wenn es einer versucht«, sagte Vered, »erschießt ihn der MemMem.«
    »Wie alt bist du?« fragte der Rebbe und sah aus den Augenwinkeln auf die kindliche Erscheinung. »Siebzehn«, antwortete Vered. »Ist dein Vater ein frommer Mann?«
    »Ja. Aber er weiß nicht, wo ich bin.«
    »Sein Herz muß ihm wehtun«, sagte der Rebbe und murmelte ein Gebet für die beiden Mädchen.
    Dann riß die Verbindung ab. Am Abend des 23.

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