Die Quelle
von Jerusalem wußten, daß Sabbatai ein Betrüger war, und sie sagten es. Dort, wo er zuerst sein Gift verspritzte, warnten die Rabbinen vor ihm. Und hundert Jahre, nachdem Sabbatai Zwi als guter Mohammedaner aus der Geschichte verschwunden war, folgte ihm ein anderer nach, der war noch schlimmer, Jakob Frank. Auch er gab sich für den Messias aus, auch ihm widersetzten sich die Rabbinen. Aber er wußte die Menschen zu überreden, und so erlangte er große Macht. Er lehrte, daß der Mensch erst das Böse kennen müsse, um zu wissen, was gut ist, und unter dem Zauber seiner Verführung ergaben sich die armen Menschen von Wodsch körperlichen Greueln, und das alles im Namen des Messias. Und als der jüdische Glaube genug verdorben war, was hat Jakob Frank dann getan? sabra : Ich weiß nichts von ihm. Was hat er getan? rebbe : Er hat gesagt, daß der Talmud öffentlich verbrannt werden müsse. Und das geschah. Und dann? sabra : Dann?
rebbe : Dann führte er seine ganze Gemeinde zur
katholischen Kathedrale, wo alle getauft wurden.
SABRA: Das hat er getan?
REBBE: Aber sogar die Katholiken wollten nichts von ihm wissen. Sie merkten, daß seine katholischen Juden, wenn sie zur Dreifaltigkeit beteten, in Wirklichkeit Gott, Sabbatai Zwi und Jakob Frank meinten, und so sperrten sie Frank in ein Kloster ein. Sogar Safad hat seinen falschen Messias hervorgebracht, den von Legenden umwobenen Joseph della Reina, der in den Spuren des Sabbatai Zwi wandelte, insofern auch er zum Islam übertrat. Du siehst also, man kann uns Juden nicht allzu sehr trauen, wenn wir uns zu weit von unseren Rabbinen entfernen.
sabra : Dann sehen Sie also das Volk für immer durch die alten Gesetze des polnischen Ghettos gebunden?
rebbe : Ich sehe einen jüdischen Staat kommen, wenn der Messias kommt. In Frankreich oder Amerika dürfen die Ungläubigen sich jede Art von Staat errichten, ganz wie sie ihn sich wünschen. Aber ein Jude, der an den Einen Gott glaubt, darf das nicht. Sein Staat muß ein jüdischer Staat sein, und für diesen muß die Gesamtheit des jüdischen Gesetzes gelten. Und das Gesetz ist Gesetz, wenn der Rabbi es sagt.
sabra : Unser Staat wird ein jüdischer Staat sein, aber er wird zurückgehen auf die Judenheit von vor viertausend Jahren, vor der osteuropäischen Verderbnis.
rebbe : Es gibt heute nur deshalb Juden, die für euren Staat kämpfen, weil das von euch so verachtete Ghetto sie am Leben erhalten hat. Und sie sind am Leben erhalten worden nur durch die Rabbinen, die jede noch so kleine Gemeinde nach dem Talmud geleitet haben. Du bist heute da, weil mein Großvater in Wodsch dagewesen ist und sich gegen Polen und Russen und vor ihnen gegen die Deutschen behauptet hat. Ohne ihn wärest du nicht. Und was hat ihn aufrechterhalten? Was hat die Juden von Wodsch trotz all der Unterdrückung aufrechterhalten, an die sich des Menschen Geist so ungern erinnert? Der durch nichts zu erschütternde Glaube an das Gesetz.
sabra : Wenn wir das Ghetto-Judentum am Leben erhalten sollen, dann sehe ich lieber die Araber siegen.
rebbe : Es gibt nichts anderes, das man am Leben erhalten kann. Es hat das Erbe angetreten. Und die Juden leben, vor allen anderen Menschen, von ihrem Erbe.
sabra : Wir schaffen ein neues Erbe. In Wodsch hat Ihr Großvater, haben seine guten Juden in der Synagoge mit entblößten Hälsen auf den Pogrom gewartet. Und seine Großväter haben auf Chmielnicki und seine Horden gewartet.
Wir nicht mehr, Rebbe. Wenn die Araber uns in Safad umbringen wollen, werden sie jeden dieser verdammten Juden einzeln umbringen müssen, und bevor sie zu Ihnen kommen, müssen sie mich niederschießen, denn ich werde sie bis zur letzten Minute mit diesem Gewehr umbringen. Wir sind die neuen Juden.
rebbe : Meine Tochter, mit Gotteslästerungen schaffst du keine neue Überlieferung. Ihr Mädchen seid so stolz auf eure Gewehre und euer Schießenkönnen. Ihr steht an der Seite eurer Männer. Aber da gehört ihr nicht hin. Das ist keine gute neue Überlieferung, sondern eine sehr alte. Mose selbst hat dazu gesagt: »Wenn zwei Männer miteinander hadern und des einen Weib läuft zu, daß sie ihren Mann errette von der Hand dessen, der ihn schlägt, und streckt ihre Hand aus und ergreift ihn bei seiner Scham, so sollst du ihr die Hand abhauen.«
SABRA: Ich habe noch nie eine lächerlichere Wortklauberei gehört, um so eine Meinung zu begründen. Wenn ein Araber seine Hand erhebt, um meinen Mann zu schlagen, dann schieße ich
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